Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
hatte, daß Fellirian im Kaminraum auf ihn wartete.
Sie sah ihn eine Weile fragend an, sagte aber nichts, was über eine kurze Begrüßung hinausgegangen wäre, so als habe er sich nur kurz nach draußen begeben, um vom Bach einen Eimer Wasser zu holen. Und obwohl er tatsächlich sehr froh darüber war, seine innenverwandte Schwester wiederzusehen, sagte er nicht mehr, als wenn er wirklich nur das getan hätte: eben Wasser geholt. Er stellte fest, daß sein früherer Wunsch, eine geschickte Anspielung auf sein großes Abenteuer zu machen, vollkommen verschwunden war; was ihm widerfahren war, ließ sich nicht erzählen. Und er wußte um ein tieferes Geheimnis des vayyon: daß unter der Ebene der ersten Offenbarung kein großes Abenteuer war, daß dort eine zweite, verborgene Ebene des Herzens war – daß es vielleicht besser war, wenn man das, wonach man suchte, nicht fand. Er fragte sich, ob sie das wohl auch so empfunden hatte.
Sie sprachen nicht von solchen Dingen. Aber als sie an jenem Abend zusammensaßen und sich einen Teller Eintopf teilten, plauderten sie auf die übliche unverbindliche Art von Familienmitgliedern und klatschten über die Nachbarn. Wer was und mit wem. Geburten. Sterbefälle. Erst als sie das Kaminfeuer für die Nacht drosselten und die Lampen löschten, sagte ihm Fellirian, daß sie in den letzten Tagen fruchtbar geworden war.
„Das überrascht mich nicht, Eliya“, antwortete Morlenden quer durch den Kaminraum, ohne sie anzusehen. „Ich habe auch schon so etwas gespürt. Ich glaube nicht, daß ich es jetzt schon bin, aber es wird wohl bald soweit sein, wenn es bei dir schon anfängt.“
„Kadh’Elagi und Madh’Abedra haben einen Termin für die Verwebung festgesetzt.“
„Wann?“
„Zur Wintersonnenwende. Und sie haben sich auch schon mit einer Hütte in Verbindung gesetzt.“
„So früh?“
„Ja. Wir waren gespannt, ob du rechtzeitig zurück sein würdest …“
„Ich war leider verhindert durch, äh, die Ernte.“
„Freilich. Es heißt, es sei dieses Jahr eine gute Ernte gewesen. Hast du hart gearbeitet?“
„Ja. Das war auch gut für mich.“
„Es sieht so aus … du siehst etwas besser aus. Und von deinem Aussehen her zu urteilen hat es obendrein den Anschein, als ob du auch zur Wintersonnenwende fruchtbar sein würdest.“
„Das vermute ich auch.“ Morlenden und Fellirian blieben an dem mit Vorhängen abgeschlossenen Einlaß zum Schlafraum der Kinder stehen und warfen sich gegenseitig einen merkwürdigen, verschwörerischen Blick zu. „Nun denn, Eliya, nach dir.“
„Also gut, ich gehe als erster. Aber lange werden wir nicht mehr da drin schlafen, nicht wahr.“
Fellirian kletterte in den Schlafraum. Als sie hinter dem Vorhang verschwand, langte Morlenden nach oben und gab ihr einen liebevollen Klaps aufs Hinterteil. Als er selbst den Vorhang zur Seite geschoben hatte, flüsterte ihm eine grimmige Fellirian zu: „Du geiler hifzer -Bock! Du weißt doch, daß du mich jetzt nicht anfassen sollst. Du weißt nicht, wie das ist.“ Sie beruhigte sich wieder ein wenig. „Im Ernst, das ist kein Spaß. Da vergeht einem die Lust aufs dhainaz. Ich habe regelrecht Angst davor. Und ich habe noch mehr Angst davor, noch lange weiterzuleben, ohne das zu tun, was wir tun müssen.“
„Ich halte mich fern, wenn du willst.“
„Nein, das will ich auch nicht … Hast du dich amüsiert, Olede?“
„Ich habe eine Menge gelernt in den letzten Wochen, Monaten … waren es wirklich Monate? Eines Tages werde ich dir davon erzählen.“
Fellirian war dabei, eine große doppelte Decke auf dem weichen Boden des Schlafraums auszubreiten. Morlenden faltete sein Kif zusammen und tastete nach dem richtigen Brett. „Und wo ist meine?“ fragte er.
Fellirian ließ ihr Kif von den Schultern und zu Boden gleiten. Sie wies auf die Decke, die sie ausgebreitet hatte. Morlenden nickte. Sie war fruchtbar, und nichts anderes war jetzt von Bedeutung. Er konnte sie nicht abweisen, selbst wenn er es gewollt hätte.
Weich sagte sie: „Jetzt sind wir ganz auf uns angewiesen … ich habe alles Vergangene abgelegt. Du mußt das gleiche tun und mich beruhigen.“ Das Licht in dem Schlafraum war gedämpft, aber es war hell genug, daß er die liebliche Gestalt auf der anderen Seite der Decke erkennen konnte. Vertraut, so gewohnt wie ein Arm oder Bein, Fellirian … sie war von lieblicher und feiner Gestalt, verlockend. Er beugte sich über sie und berührte leicht ihr Gesicht. Ihr Duft hatte
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