Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
hinzu.
„Ich weiß, und denk nur – sind wir nicht beide vom Feueraspekt? Waren wir nicht beide aus dem gleichen Grunde hier? Und müssen wir uns beide nicht bald verändern?“
„Mein Leben durchläuft seine Stadien mehr oder weniger auf die übliche Weise, die durch den mechanischen Ablauf der orthodoxen Bräuche vorgeschrieben ist. Meine persönlichen Abweichungen sind meine Sache, aber ich glaube nicht, daß irgend jemand anders so handeln würde … das weißt du ganz gut, gut genug, um mich zu kennen. Aber ich weiß nichts von dem, was du tun wirst.“
„Es ist ganz einfach, nicht mehr, als ich dir hier sagen kann: Wir gehen zum Zauberberg und lernen die Feinheiten des Spiels, entwickeln es weiter, vertiefen uns mehr darin. Es hat kein Ende, keine Grenzen, weißt du.“
„Nein. Ich weiß nichts darüber.“
„Es ist etwas, das ich auch noch gerne mit dir teilen würde, aber selbst das wenige, was ich weiß, kann ich dir nicht geben, wenn ich dich auch Olede nenne und immer unter diesem Namen an dich denken werde. Ich weiß, daß ich bei der Initiationsfeier sonst der Vormutter meiner Vormutter nicht ins Auge sehen kann, wenn sie mich fragen wird, ob ich anderen gegenüber, die nicht zum Schatten gehören, über das Spiel gesprochen habe.“
Morlenden mußte über ihren plötzlichen Ernst lachen. „Du könntest doch lügen.“
Jäh legte sie ihm ihre Finger auf die Lippen. „Nein, nein, über so etwas dürfen wir nicht einmal sprechen! Sie wird es in meinem Gesicht lesen, jeden Schritt, den ich je getan habe. Sie ist die Große Altmeisterin: Sie liest die Wahrheit in den Spuren und Wellen, die eine Tat hinterläßt. Du und ich, selbst Leute wie wir, wir können im schuldigen Gesicht direkt nach der Sünde lesen, in der Qual nach dem Verbrechen, nicht wahr? Aber sie kann in Gesichtern lesen und in ihnen Dinge sehen – buchstäblich sehen, mit dem Auge der Projektion –, die vor langer Zeit geschehen sind. Und so werde ich dir heute nacht aus Liebe sagen, was ich weiß, um dich zu behalten, und sechzehn Jahre später werde ich in der rauchigen Hütte der Ältesten des Spiels vor ihr stehen und hören, wie sie mich brandmarkt und beschreibt, wie wir miteinander geschlafen haben.“
„Was wäre daran so schändlich, Ajimi? Dies hier ist süßer als es meine wildesten Träume waren.“
„Du verstehst nicht. Es gibt auch noch andere, die Macht über den Teil unseres Lebens haben, der nicht zum Spiel gehört. Ich verliere nicht nur das Spiel; ich verliere Rang, Webe. Wie Fremde durch einen Schiedsspruch zu innenverwandten Ehrenmitgliedern, zu shartoorh werden, so entstehen auch die sharhifzeron, jene, die als aus der Webe ausgeschlossene Bastarde gekennzeichnet sein sollen’. Ich könnte, wenn so über mich entschieden würde, mein Leben verlieren. Wir Spieler kennen sehr gut den Ausspruch, und Tarneysmith sprach auf dem Marktplatz laut über das Spiel, und wer erinnert sich heute noch an Tarneysmith? Es {22} hat das getan, weshalb sein 1 Name aus den Stammbäumen und den Urkunden und den Totems gestrichen wurde. Wo einst ein Lächeln von enthülltem Wissen war, da sind jetzt zwei.“
„Ajimi, da komme ich nicht mehr mit. Ich verstehe nicht.“
Sanjirmil holte tief Luft und schauderte. „Auf gut gerdeskris {23} heißt das, jedenfalls denke ich mir das, daß einer mit Namen Tarneysmith, von dem heute niemand mehr weiß, ob er Tlanh oder Srith war, offen oder vielleicht leichtsinnig über das Spiel sprach oder sein Wissen hervorkehrte, um andere zu beeindrucken – wer weiß es? Sie schnitten ihm die Kehle durch. Dann tilgten sie seinen Namen aus allen Urkunden und machten ihn alle vergessen. Nur der Name ist zur Mahnung übriggeblieben. Es ist hart zu sterben, aber schrecklich ist es, ausradiert zu werden.“
„Und deine Angst ist echt.“
„Meine Angst ist echt.“
„Dann bin auch ich in Gefahr. Ich habe mit einer …“
Sie unterbrach ihn. „Nein, sage das nicht! Es ist nicht wahr! Denn ich habe dir keine Geheimnisse verraten. Die Gefahr betrifft mich und die anderen Spieler alle. Bei uns gibt es etwas, das mehr als alles andere begehrt wird, sogar mehr als die Liebe. Aber wir sehen auch andere wie dich und beneiden euch um euer Leben, euch, die ihr eure ganzen didhosi- Jahre für eure Liebhaber und Träume habt, um Beziehungen einzugehen, die gewöhnlichen Dinge des Lebens in euch aufzunehmen. Aber für uns hört der Spaß mit vierzehn auf. Und ich möchte etwas Angenehmes zur
Weitere Kostenlose Bücher