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Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler

Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler

Titel: Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.A. Foster
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der Sonne. Das Dach des Waldes fing an, sich abzutun, und helle Farbbäder flossen über das Antlitz des Morgens. Sie verbrachten immer weniger Nächte im Freien. Und nach und nach begannen sie doch wieder, die Zeit zwischen sich zu lassen; sie sprachen über das hinter und vor ihnen liegende Leben, von Veränderungen; Morlenden über die auf ihn zukommende Rolle als Elternteil, als Gutsverwalter. Sanjirmil sprach über die Spieler und ihr abgesondertes und doch leidenschaftliches Inseldasein. Sie sprach nicht mehr über das Spiel selbst. Er fragte auch nicht. Sie lauschten nicht wirklich den Worten, obwohl sie genau genug hinhörten, denn es war nicht so sehr das, was sie in Worten ausdrückten, in der Single-Sprache oder in der Multi-Sprache, sondern vielmehr das, was die unausgesprochenen Worte unter den ausgesprochenen von ihrer inneren Unruhe und ihrem Wissen um das Ende aller Dinge erzählten. Denn Morlenden begann nun allmählich, eine Veränderung in sich zu spüren, eine merkwürdige Ansammlung ungewohnter, neuer Empfindungen, als ob die fortgesetzte Liaison mit Sanjirmil das Einsetzen seiner Fruchtbarkeit stimuliert hätte. Er wußte, daß es noch nicht soweit war. Aber es würde bald soweit sein. Sehr bald. Die uralte kultivierte Paarbeziehung der Webe zwischen ihm selbst und Fellirian begann sich wieder geltend zu machen, indem sie ihn, den auf den sonderbaren, drahtigen Wildfang Sanjirmil Ausgerichteten, vom Fleisch weg und mehr auf das Herz hin lenkte.
    Und sie fing ihrerseits an, sich wegen ihrer Rückkehr Gedanken zu machen, die nun schon lange überfällig war. Die Spieler, so schien es, hatten es nicht so gern, wenn man lange Besuche außerhalb der eigenen Umgebung abstattete. Gewisse Älteste, die sie nicht beim Namen nennen wollte, würden ungehalten über sie sein, weil sie so lange weggeblieben war. Es gab Strafen, von denen sie nicht sprechen wollte.
    Sie ließen sich auf ihrer Wanderung umhertreiben, wieder nach Nordwesten, mehr in die Richtung auf Sanjirmils Heimatgebiet zu, durch eine stille Übereinkunft. Und ihre letzte gemeinsame Nacht verbrachten sie in der Ruine einer uralten, aus der Zeit vor den Ler stammenden, mit Wasser betriebenen Kornmühle irgendwo weit am Oberlauf des Hvar-Flusses, an einem Ort, wo die alten Stein- und Ziegelgebäude von wildem Wein, Klettertrompeten und Kudzu überwuchert waren und wo sich gewaltige bejahrte Buchen über die spiegelnde Oberfläche des Mühlteichs hinter dem aus Steinen angehäuften Damm beugten und ihre gelben Blätter ins trübe Wasser fallen ließen. Es war regnerisch und traurig an dem Abend, an dem sie die Mühle fanden, aber am Morgen war es hell und klar, kalt und windig.
    Eine aus wechselnder Richtung kommende, eigensinnige Brise spielte in den Blättern und überzog den flachen Teich mit kleinen gekräuselten Wellen. Sie sprachen von nichts, weder vom Ende noch vom Abschiednehmen, sondern standen lange Zeit an dem Damm, standen eng nebeneinander mit ineinandergeschlungenen Händen. Sanjirmil sah Morlenden einmal an mit dem beunruhigenden blinden, starren Blick, den sie an sich hatte und bei dem aus solcher Nähe die prüfende Bewegung der Augen leicht zu erkennen war. Und danach drehte sie sich jäh um und ging rasch fort über den Damm, wobei sie geschickt das Treibholz übersprang, das sich über Jahre hinweg entlang der stromaufwärts gelegenen Seite angesammelt hatte. Erst als sie schon ganz auf der anderen Seite war, von dem steinernen Damm herunter und auf der entgegengesetzten Seite unter den Bäumen, da sah sie zurück. Morlenden beobachtete sie für einen Moment, sah, wie der Wind an ihrem kurzen, kräftigen schwarzen Haar zupfte, an ihrem Oberhemd riß, dem gleichen, oft geflickten, in dem sie ihn kennengelernt hatte, und er winkte ihr so ungezwungen wie möglich nach. Sanjirmil winkte zurück. Morlenden sah weg; und als er wieder hinsehen konnte, war Sanjirmil verschwunden. Die Wälder am anderen Ufer waren leer.
     
    Er kehrte direkt nach Hause zurück, suchte keine Abenteuer mehr und trödelte auch nicht mehr herum; er nahm Abkürzungen und verschwendete auch keine Zeit. Es dauerte den ganzen Tag bis weit nach Einbruch der Dunkelheit, aber er schaffte es tatsächlich in einem einzigen Tag. Und als er schließlich an seinem eigenen yos angekommen war, dem alten, gemütlichen, verwitterten Ellipsoid der Derens, da sah er, nachdem er sich lange und nachdenklich in das eisige Wasser des draußen stehenden Waschtrogs getaucht

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