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Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Titel: Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo
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auf. Aber noch immer stand er still. Jetzt wandte er sich nach Marius um. Er war totenblaß. Jetzt hatte er keine Tränen mehr in den Augen, aber ein seltsam unseliges Feuer leuchtete aus ihnen. Seine Stimme war eigentümlich ruhig.
    »Wissen Sie, mein Herr«, sagte er, »wenn es Ihnen recht ist, werde ich doch kommen, Cosette besuchen. Ich sehne mich sehr danach, das können Sie mir glauben. Wenn ich nicht an ihr hinge, wäre ich abgereist, ohne mit Ihnen zu sprechen, wie ich es getan habe. Aber da ich bleiben wollte, wo Cosette ist, und sie auch wiedersehen, mußte ich Ihnen alles sagen. Sie verstehen mich doch, nicht wahr? Das ist ja leicht zu verstehen. Wissen Sie, ich habe das Kind neun Jahre lang bei mir gehabt. Erst wohnten wir in diesem Haus auf dem Boulevard, dann im Kloster, zuletzt in der Nähe des Luxembourg. Dort haben Sie uns das erstemal gesehen. Sie erinnern sich wohl noch an den blauen Plüschhut. Dann sind wir in das Quartier des Invalides gezogen, dort hatten wir das Haus mit dem Garten. Rue Plumet. Ich wohnte in dem kleinen Hinterhof, konnte sie immer singen und Klavier spielen hören. Das war mein Leben. Niemals trennten wir uns, neun Jahre und einige Monate. Ich war wie ihr Vater – sie war mein Kind. Ich weiß nicht, ob Sie mich ganz verstehen, Herr Pontmercy, aber jetzt wegzugehen, sie nicht mehr zu sehen, nie mehr mit ihr zu sprechen, gar nichts von allem zu behalten, das ist schwer. Wenn Sie es erträglich finden, komme ich von Zeit zu Zeit zu Cosette. Ich muß ja nicht oft kommen, und ich werde nicht lange bleiben. Sagen Sie ihr, sie soll mich in dem kleinen Zimmer unten empfangen, im Erdgeschoß. Ich würde ja auch durch die andere Tür hereingehen, die für die Dienstboten ist, aber es würde auffallen. Ich glaube, es ist besser, wenn ich durch das Haupttor gehe. Wirklich, ich möchte Cosette zuweilen sehen. Selten, nur sooft es Ihnen beliebt. Versetzen Sie sich in meine Lage. Ich habe ja sonst nichts. Wir müssen auch aufpassen. Wenn ich gar nicht mehr komme, wird es einen schlechten Eindruck machen, und man wird das seltsam finden. Doch kann ich, wenn Sie es wünschen, nur abends kommen, bei Einbruch der Dunkelheit.«
    »Kommen Sie jeden Abend«, sagte Marius, »Cosette wird Sie erwarten.«
    Marius verneigte sich, das Glück geleitete die Verzweiflung zur Tür, und die beiden Männer trennten sich.

Fünftes Buch
Dämmerung
Das Zimmer im Erdgeschoß
    Am nächsten Tage, gegen Einbruch der Dämmerung, klopfte Jean Valjean an die Tür des Hauses Gillenormand. Baske öffnete. Ohne zu warten, daß Jean Valjean ihn anredete, sagte er:
    »Der Herr Baron hat mich beauftragt, Sie zu fragen, ob Sie in den ersten Stock hinaufkommen oder unten bleiben wollen?«
    »Ich bleibe unten«, antwortete Jean Valjean.
    Baske, der es übrigens nicht an Respekt ermangeln ließ, öffnete die Tür des Zimmers im Erdgeschoß und sagte:
    »Ich werde die gnädige Frau verständigen.«
    Dieses Zimmer war ein feuchter Raum mit gewölbter Decke; er diente gelegentlich als Speicher, ging nach der Straße hinaus, war mit roten Fliesen bepflastert und empfing sein spärliches Licht durch ein vergittertes Fenster.
    Hier blieb der Staub ungestört liegen. Noch war die Verfolgung der Spinnen nicht organisiert. Ein schönes, breites, mit toten Fliegen geschmücktes Gewebe spannte sich über die Fensterscheibe. In einer Ecke waren leere Flaschen aufgestapelt. Die Wände waren einst ockergelb getüncht gewesen, doch hatten sich große Stücke der Bemalung abgelöst. Im Kamin brannte ein Feuer. Offenbar hatte man also erwartet, daß Jean Valjean sagen würde:
    »Ich bleibe unten.«
    Zu beiden Seiten des Kamins standen Lehnstühle. An Stelle eines Teppichs hatte man einen alten Bettvorleger ausgebreitet, dessen Wolle schon ganz abgeschabt war.
    Jean Valjean war sehr müde. Seit Tagen hatte er nicht mehr gegessen, nicht geschlafen. Er sank in einen der Stühle.
    Baske kam wieder, stellte eine brennende Kerze auf den Kamin und zog sich zurück. Jean Valjean saß, das Kinn auf die Brust gestützt, in seinem Stuhl und bemerkte nichts.
    Plötzlich fuhr er auf. Cosette stand hinter ihm. Er hatte sie nicht eintreten gesehen, fühlte aber, daß sie da war.
    »Ach«, rief Cosette, »ich wußte, Vater, daß Sie eigentümliche Launen haben, aber das hätte ich nicht von Ihnen erwartet. Welch eine Idee! Marius sagte, Sie verlangen, daß ich Sie hier empfange.«
    »Ja, ich möchte es.«
    »Auf diese Antwort war ich gefaßt. Gut, dann

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