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Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Titel: Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo
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brauchtemich. Darum begann ich sie zu lieben. Kinder sind ja so schwach, daß der erstbeste, sogar einer wie ich, ihr Beschützer werden kann. Diese Pflicht habe ich gegen Cosette erfüllt. Ich bilde mir nicht ein, daß man eine solche Kleinigkeit eine edle Tat nennen kann, aber wenn es eine ist, so bedenken Sie, daß ich sie vollbracht habe. Stellen Sie diesen mildernden Umstand in Rechnung. Heute scheidet Cosette aus meinem Leben aus, unsere Wege trennen sich. In Zukunft bin ich niemand für sie. Cosette ist die Baronin Pontmercy. Eine andere Vorsehung wacht über sie. Sie hat gewonnen bei diesem Tausch. Alles ist gut. Was die sechshunderttausend Franken betrifft, so sprechen Sie mir nicht davon, man hat sie mir zur Aufbewahrung gegeben. Wie konnte man es mir anvertrauen? Nun, ich erstatte es ja zurück. Niemand darf mehr von mir verlangen. Ja, ich sage Ihnen sogar meinen wahren Namen. Ich lege Wert darauf, daß Sie wissen, wer ich bin.«
    Jean Valjean sah Marius in die Augen.
    Noch waren die Gedanken des jungen Mannes wirr und unzusammenhängend. Er war so fassungslos, daß er, fast als ob diese Mitteilung ihm ärgerlich sei, fragte:
    »Aber warum sagen Sie mir das nur? Wer zwingt Sie dazu? Sie konnten Ihr Geheimnis doch für sich behalten. Niemand hat Sie denunziert, niemand verfolgt Sie. Sie haben einen Grund, mir freiwillig solche Mitteilung zu machen. Sprechen Sie weiter! Noch haben Sie nicht alles gesagt. Was bezwecken Sie mit Ihrem Geständnis?«
    »Was ich bezwecke? Nun, was kann ein Mensch damit bezwecken, daß er sagt: ich bin ein Galeerensträfling? Ja, meine Veranlassung ist vielleicht seltsam. Ich tue es aus Gewissenhaftigkeit. Begreifen Sie, es gibt unglücklicherweise ein Band, das mein Herz fesselt. Zumal wenn man alt ist, sind solche Fesseln zäh. Alles ringsum löst sich auf – sie bleiben bestehen. Hätte ich dieses Band zerreißen können, fortgehen, weit von hier, ich hätte es gewiß getan. In der Rue du Bouloy warten die Postkutschen! Sie sind glücklich – ich gehe. Ich habe es versucht, dieses Band zu zerreißen, ich habe daran gezerrt, aber es hielt gut, ich habe mir selbst das Herz herausgerissen. So habe ich begriffen, daß ich nicht anderswo als hier leben kann. Ich muß bleiben. Natürlich haben Sie recht, es war dumm von mir, ich konnte ja ganz einfach bleiben. Sie bieten mir ein Zimmer in Ihrem Hause, die Baronin Pontmercy liebt mich,hält einen bequemen Lehnstuhl für mich bereit; Ihr Großvater wünscht nichts anderes, als mich hier zu haben. Ich gefalle ihm. Wir leben alle zusammen, essen an einem Tisch, ich reiche Cosette … Verzeihung, der Baronin Pontmercy den Arm. Es ist die Freude, das Glück, alles. Wir leben als eine Familie!« «
    Bei diesem Wort regte sich in Jean Valjean Zorn. Er verschränkte die Arme, starrte den Fußboden an, als ob er ein Loch in die Erde bohren wollte, und sprach laut:
    »Eine Familie? Nein. Ich gehöre zu keiner Familie, nicht zu der Ihren und nicht zu der der Menschen schlechthin. Ich bin in allen Häusern, wo Menschen untereinander sind, überzählig. Ich bin ein Unglücklicher, der außen steht. Habe ich Vater und Mutter gehabt? Fast bezweifle ich es. An dem Tag, da ich dieses Kind verheiratete, war alles vorbei; ich sah sie glücklich, sie hatte den Mann gewonnen, den sie liebt, alle Freuden einer Familie – da sagte ich mir: dringe nicht ein! Ich konnte lügen, gewiß, Sie alle täuschen, Fauchelevent bleiben. Solange es für das Kind war, konnte ich es. Aber jetzt, da es um meinetwillen geschehen soll, kann ich es nicht mehr tun. Ich brauchte ja nur zu schweigen, gewiß, und alles wäre weitergegangen. Sie fragen, was mich zu sprechen zwingt: ein komisches Ding, mein Gewissen. Es wäre ja leicht gewesen, zu schweigen. Eine Nacht lang habe ich versucht, mich zu diesem Entschluß durchzuringen. Ich habe alle Gründe, sehr gute Gründe, die sich dafür anführen lassen, erwogen, und doch – ich habe getan, was ich konnte. Nur zwei Dinge gelangen mir nicht: ich konnte weder jenes Band zerreißen, das mein Herz umschlungen hält, noch konnte ich jenen Berater zum Schweigen bringen, der da zu mir spricht, wenn ich allein bin. Darum bin ich hierhergekommen, um Ihnen heute morgen alles zu sagen – alles oder fast alles. Dinge, die nur mich betreffen, behalte ich für mich. Das Wichtigste wissen Sie jetzt. Ich habe mein Geheimnis hierhergetragen und vor Ihnen entblößt. Oh, es wäre wohl äußerlich alles gut gewesen, wenn ich Fauchelevent

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