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Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Titel: Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo
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Bürgermeister am Kragen faßte; sah, wie der Herr Bürgermeister den Kopf beugte. Ihr war, als ginge die Welt unter.
    Tatsächlich hatte Javert Jean Valjean am Kragen gepackt.
    »Herr Bürgermeister!« schrie Fantine.
    Javert lachte laut auf – sein widerwärtiges Lachen entblößte alle Zähne.
    »Hier ist kein Bürgermeister mehr!«
    Jean Valjean suchte die Hand nicht abzuwehren, die den Kragen seines Ridingcoats festhielt. Er sagte:
    »Javert …«
    »Du hast Herr Inspektor zu mir zu sagen!«
    »Mein Herr, ich möchte mit Ihnen ein Wort unter vier Augen sprechen.«
    »Laut! Sprich laut! Mit mir spricht man laut.«
    Jean Valjean fuhr leise fort:
    »Ich muß Sie etwas bitten.«
    »Ich sage dir, du sollst laut sprechen.«
    »Aber das sollen nur Sie allein hören …«
    »Was liegt mir daran? Ich höre nicht auf dich.«
    Jean Valjean wandte sich nach ihm um und sagte rasch und ganz leise:
    »Geben Sie mir drei Tage! Ich will nur das Kind dieser armen Frau hier holen. Ich werde alles bezahlen. Sie können mich begleiten, wenn Sie wollen.«
    »Du willst dich wohl über mich lustig machen!« schrie Javert. »Na, für so blöd hätte ich dich nicht gehalten. Drei Tage willst du, damit du auskneifen kannst? Und um das Kind dieser Person da zu holen! Ausgezeichnet! Ein guter Witz!«
    Fantine zitterte.
    »Mein Kind!« rief sie, »mein Kind holen? Also ist es noch nicht hier? Schwester, sagen Sie mir, wo ist Cosette? Ich will mein Kind. Herr Madeleine! Herr Bürgermeister!«
    Javert stampfte mit dem Fuß.
    »Jetzt reißt die auch noch das Maul auf, die! Schweig du, Weibsstück! Ein Schweineland das, in dem die Galeerensträflinge Beamte sind und die Dirnen gepflegt werden wie Gräfinnen! Aber das wird ja jetzt anders. Es war auch schon die höchste Zeit.«
    Er sah Fantine scharf an und rief:
    »Daß du es nur weißt, von einem Herrn Madeleine ist hier nicht die Rede, und von einem Herrn Bürgermeister schon gar nicht. Der da steht, ist nur ein Dieb, ein Bandit und Bagnosträfling namens Jean Valjean. Und den habe ich am Kragen. Das ist alles.«
    Fantine richtete sich im Bett auf, sah Jean Valjean an, dann Javert, dann die Nonne; sie tat den Mund auf, als ob sie sprechen wollte, ein Röcheln löste sich aus ihrer Kehle, ihre Zähne schlugen aufeinander, sie griff mit krampfhaft geöffneten Händen um sich wie ein Ertrinkender und fiel dann auf das Kissen zurück. Ihr Kopf stieß gegen die Bettkante und sank auf die Brust herab; der Mund stand offen, die Augen waren leer und erloschen. Sie war tot.
    Jean Valjean legte seine Hand auf Javerts Hand, preßte sie auf wie die eines Kindes und sagte zu Javert:
    »Sie haben diese Frau getötet.«
    »Schluß!« schrie Javert wütend. »Wir sind nicht hier, um uns zu unterhalten. Das können wir uns sparen. Die Wache wartet unten. Los, oder ich lasse dir Daumenschrauben anlegen!«
    In einer Ecke des Zimmers stand ein altes Eisenbett, das in ziemlich elendem Zustand war und den Schwestern des Nachts als Ruhestätte diente. Jean Valjean trat an dieses Bett, brach im nächsten Augenblick die Kante, die bereits locker war, ab – was seinen Muskeln nicht schwerfiel –, erhob diese Waffe und blickte Javert an. Der Inspektor zog sich zur Türe zurück.
    Mit seiner Eisenstange in der Faust, trat Jean Valjean langsam anFantines Bett. Dort angekommen, wandte er sich um und sagte mit kaum hörbarer Stimme:
    »Ich empfehle Ihnen nicht, mich jetzt zu stören.«
    Sicher ist nur, daß Javert zitterte.
    Ihm fiel ein, er könnte die Wache rufen, aber da mußte er befürchten, Jean Valjean könne die Gelegenheit nützen und entspringen. Er blieb also stehen, hielt seinen Stock fest in der Hand und lehnte sich an den Türpfosten, ohne Jean Valjean aus den Augen zu lassen.
    Der stützte seinen Ellbogen auf den Bettrand, seine Stirn in seine Hand; so betrachtete er Fantine. Stumm, seinen Gedanken hingegeben, verweilte er so. In seinen Mienen war nur ein unaussprechliches Mitleid zu lesen. Endlich beugte er sich über Fantine und sprach leise zu ihr.
    Was er sagte? Was konnte der unglückliche Mann der toten Frau sagen? Niemand hat seine Worte vernommen. Oder die Tote? Es gibt rührende Illusionen, die vielleicht höchste Wirklichkeiten sind. Außer Zweifel ist nur, daß Schwester Simplice, die einzige Zeugin dieses Vorgangs, oft erzählte, in diesem Augenblick, als Jean Valjean sich zu dem Ohr der toten Fantine neigte, sei ein Lächeln über ihre blassen Lippen gehuscht.
    Jean Valjean nahm Fantines Kopf

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