Lesereise Abu Dhabi
sind rund drei Bedienstete pro Zimmer. Das Berliner Hotel Adlon bringt es gerade mal auf einen.
Ihre Petrodollars gab die Herrscherfamilie lange Zeit eher im Ausland aus. Seit klar ist, dass das Öl, das den Wohlstand vor fast fünf Jahrzehnten begründete, in Abu Dhabi in spätestens zwanzig Jahren versiegt, kurbeln die Scheichs damit auch den Tourismus im eigenen Land an. Überall entstehen neue Hotels, die meisten nicht weniger exzentrisch als im benachbarten Dubai. »Der Palast hat den Stein für Abu Dhabi ins Rollen gebracht. Er hat enorm dazu beigetragen, das Emirat in der ganzen Welt bekannt zu machen«, sagt Bugra Berberoglu, General Manager des von der Kempinski-Gruppe geführten Luxushotels. In den ersten Monaten nach der Eröffnung 2005 zählten vor allem zahlungskräftige Geschäftsreisende aus den Golfstaaten zu den Gästen. Heute wollen auch immer mehr Touristen aus Deutschland, England, den Benelux-Ländern, Frankreich, Spanien und Russland in dem Super-Luxus-Hotel, das Elemente traditioneller und moderner arabischer Baukunst vereint, zu Gast sein. Doch das Emirates Palace ist nicht nur ein Hotel. Die Architekten des Londoner Architekturbüros Wimberly Allison haben die Pläne der Scheichs genau umgesetzt und eine perfekte Symbiose aus Hotel, Konferenzzentrum und Palast für Staatsgäste aus aller Welt geschaffen. Nicht nur die Oberhäupter des Golf-Kooperationsrats steigen regelmäßig in den für sie reservierten Ruler Suites ab. Auch George W. Bush, Gerhard Schröder und Bundeskanzlerin Angela Merkel übernachteten im Emirates Palace, als sie die Vereinigten Arabischen Emirate besuchten.
Scheich Zayed bin Sultan al-Nahyan: So heißt der Mann, der sich mit dem Palasthotel einen Traum verwirklichte. Doch es ging um mehr als einen Traum, es ging um eine Vision. Zayed war der Mann, der die Geschicke Abu Dhabis so entscheidend prägte, dass das Emirat vom unbedeutenden Beduinennest zum modernen Ölstaat aufstieg. 1918 in der Wüstenstadt Al-Ain geboren, machte er sich früh mit dem Beduinenleben vertraut, lernte Jagen, Schießen, Kamelreiten und die Fähigkeit, Wasser in der Wüste zu finden. Anfang der dreißiger Jahre führte er mithilfe seiner Kenntnisse die ersten Ingenieure der Erdölindustrie auf der Suche nach dem braunen Gold durch die Wüste. Dennoch dauerte es noch fast dreißig Jahre, bis das Emirat sein erstes Rohöl exportierte, nämlich bis 1962. Als der Scheich vier Jahre später zum Herrscher von Abu Dhabi ernannt wurde, setzte er mithilfe der Petrodollars sofort ein umfangreiches Entwicklungsprogramm in Gang: Schulen, Krankenhäuser, Straßen und Häuser wurden gebaut – der Grundstein für den heutigen Wohlstand, an dem nicht nur seine Familie, sondern die gesamte Bevölkerung teilhat. In weiser Voraussicht, dass das Öl irgendwann versiegen würde, setzte der Scheich in seinen letzten Lebensjahren auf den Ausbau anderer Geldquellen, besonders auf den Tourismus. Aushängeschild sollte sein Mammutprojekt sein: das Emirates Palace – größer, prächtiger und luxuriöser als jedes andere Hotel. Zayed starb am 2. November 2004. Den Palast erlebte er also nie in voller Blüte. Doch noch heute sieht man ihn und seinen Sohn, Khalifa bin Zayed al-Nahyan, der seitdem die Staatsgeschäfte so verantwortungsbewusst weiterführt wie sein Vater, auf Plakaten und Wandgemälden im ganzen Land. Von der Bevölkerung werden beide aufs Höchste verehrt.
Einmal Brilleputzen gefällig, Sir? Ich liege am Westpool, einem der beiden riesigen Schwimmbadbereiche. Im Hintergrund tost der drei Meter hohe Wasserfall, ein paar Kinder tollen auf den Wasserrutschen herum. »Nur Ihre Sonnenbrille oder auch die normale?«, fragt der Butler. »Gerne beide«, erwidere ich, um die Gunst der Stunde zu nutzen. Kaum sind die Gläser gereinigt, reicht der junge Mann auch schon ein kaltes Erfrischungstuch. »Und darf ich Ihnen auch noch ein paar Früchte bringen?« Aber bitte doch, denn es ist ja alles im Preis inklusive: das Brilleputzen, das Obst, die Sonnenmilch und das Internet. Egal ob auf dem Zimmer, am Pool oder am mehr als einen Kilometer langen Sandstrand – auf dem gesamten Hotelareal können die Gäste per Wireless- LAN kostenlos im World Wide Web surfen. Wer ein Zimmer mietet, der zahlt dafür in der Nebensaison ab dreihundertsechzig Euro pro Nacht. Der Zimmerpreis in der Hochsaison liegt bei neunhundertzwanzig Euro. In den Palastsuiten, die zu bewohnen in der Hochsaison bis zu elftausendsiebenhundert Euro pro
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