Lesereise Abu Dhabi
hatte der Secret Service zuvor das Gebäude inspiziert – und war dankbar über die Möglichkeit der Rampenzufahrt gewesen, übers Aussteigen im Gebäude, die ohnehin vorhandene Abriegelung des Stockwerks und darüber, dass der gewaltige Hotelpalast rund um die Uhr über mehr als tausend fest installierte Überwachungskameras kontrolliert wird.
Kommt ein Gast für die Ruler Suites angefahren, stehen Pagen an den Flügeltüren zur Luxus-Einfahrt im fünften Stock Spalier. Und auf dem gut zwanzig Meter langen roten Teppich in der eher schmal und lang geschnittenen voll klimatisierten »Garage« mit viel Goldschmuck rollt der Wagen aus. Blumenbouquets warten auf Marmortischchen, und Tabletts voller süßer arabischer Pralinen stehen bereit – immer und für alle Fälle. Erst im letzten Moment, unmittelbar bevor die Limousine einbiegt, nimmt einer der Butler die Frischhaltefolie ab, unter der die Häppchen zu Pyramiden arrangiert sind.
Die meisten Ankömmlinge haben keinen Blick dafür, springen aus den Autos direkt in den mit offener Tür wartenden Fahrstuhl und rauschen in die Suite drei Stockwerke höher. Dort ist das Bild ähnlich: In jedem Raum ein Tablett voller Pralinen, dazu Säfte, Mineralwasser, Berge von frischem Obst, außerdem Blumendeko.
Durch den Flur geht es in einen Sitzungssaal mit thronartigem Sessel an der Stirnseite und Sofas entlang der Wände – ein Raum für Empfänge und Beratungen. Daran schließt sich ein ebenso großzügig dimensionierter Wohnraum an, dann das Hauptschlafzimmer in fast den Abmessungen eines Tennisplatzes mit wenig Mobiliar auf den schweren, weichen Teppichen. Dort an der Stirnseite steht das große Bett des Herrschers – immer frisch gemacht, mit faltenfrei straff gezogener Tagesdecke.
Einen Speisesaal gibt es, ein zweites Schlafzimmer, ein Ankleidezimmer, ein großes Wohnzimmer, mehrere Toiletten, mehrere Bäder mit großem Whirlpool und vielen Spiegeln. Fast alles einschließlich der Tapeten, der Teppiche, der schweren Vorhänge ist in Goldtönen gehalten, manches in seidigem Blau oder in Silber, alles sehr nach arabischem Geschmack, nichts minimalistisch oder gar nach westlichen Vorstellungen modern. Lediglich der persönliche Speisesaal ist heller gestaltet: Die Herrschaften sollen sich wie zu Hause fühlen – und sie sollen wissen, dass sie sich in einem Palast bewegen.
Auf Unterschiede in Ausstattung und Gestaltung der einzelnen Ruler Suites wurde unterdessen bewusst verzichtet. Die Herrscher sollen einander ebenbürtig sein, keiner der arabischen Brüder hier in Abu Dhabi gegenüber dem anderen vorgezogen oder hervorgehoben werden. Alle haben sie dieselben goldlackierten oder blattgoldbelegten Prunkmöbel, sogar dieselben Pralinen-Pyramiden, dieselben Einundsechzig-Zoll-Plasmabildschirme, dieselbe Elektronik auf dem Nachttisch, mit der sich Gardinen auf und zu bewegen und Lichter dimmen lassen.
Und alle müssen sie hinnehmen, dass im Sitzungssaal ihrer jeweiligen Suite, dem sogenannten Majlis , zwei Porträts über dem Thron hängen, auf dem sie Platz nehmen werden: das von Scheich Khalifa bin Zayed al-Nahyan, dem Herrscher von Abu Dhabi. Und das seines noch immer hoch verehrten verstorbenen Vaters Scheich Zayed. Schließlich ist Khalifa der Gastgeber, schließlich zahlt er die Rechnung – für das Gebäude ebenso wie für den Aufenthalt. Offiziell gibt es dazu ebenso wie zur Auslastung »keinen Kommentar«. Hinter vorgehaltener Hand aber heißt es, die Herrscherfamilie komme dem Hotel gegenüber für den Unterhalt der Ruler Suites auf.
Denn wo es ums Image und um die traditionelle arabische Gastfreundschaft geht, sind Kosten-Nutzen-Rechnungen ohnehin Makulatur – nicht mehr als ein Schulterzucken für die Herrscher, die sich die Welt kaufen könnten. Das Emirates Palace sollte von Vornherein ein baulicher Paukenschlag, ein Fanfarenstoß sein. Mehr nicht. Weniger auch nicht. Es ist die Botschaft an die Außenwelt – und dazu zählen auch die Herrscherfamilien der Umgebung.
Helge Sobik
Nur pflegen ist schöner
In Abu Dhabi steht das größte und modernste Falkenhospital der Welt. Geleitet wird es von einer Deutschen
Sie hat ein außerordentliches Gespür für die Tiere. Sie spricht mit ihnen beinahe ohne Worte zu verlieren. Und wenn sie Worte verliert, dann sind es leise Worte. Alles, was sie tut, tut sie mit den Handgriffen einer Expertin. Sie greift in das Holzkästchen mit den Federn. Weiße, hellbraune, braune und dunkelbraune liegen darin. Nahezu
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