Lesereise Abu Dhabi
Gäste eingeladen, ließen Catering-Firmen Köstlichkeiten auffahren und feierten auf ihren zu Formel-Eins-Logen mit bestem Blick umgewidmeten Freidecks. Nur verstanden sie anders als in der Edelsuite des nur einen Steinwurf entfernten Hotels ihr eigenes Wort kaum: weil die Motoren der Renngeschosse von Vettel, Alonso und Co. derart unbändigen Krach machten. Gleichwohl hielt das weder Spaniens König Juan Carlos noch Fürst Albert von Monaco von ihrem Besuch ab, auch nicht Entrepreneur Richard Branson, Mode-Mann Massimo Ferragamo und den Sänger Prince. Im Gegenteil.
Viele Millionen Dollar hat sich das Scheichtum den Bau der Rennstrecke mit Tribünen, Kontrollturm, Fahrerlager, mehreren Hotels in der Nachbarschaft und angrenzendem Jachthafen kosten lassen, obwohl die Piste nur an wenigen Tagen im Jahr wirklich für Wettkämpfe von Rang gebraucht wird und nur dann Nachfrage nach den Tribünenplätzen besteht.
Allein schon aus Prestigegründen musste der Rundkurs dennoch her – weil Abu Dhabi Schlagzeilen und Sehenswürdigkeiten brauchte, um touristisch bekannter zu werden. Und, wichtiger noch: weil in der Region bislang nur das kleinere und deutlich weniger reiche Bahrain mit einer solchen Bahn und einem Platz im Tournee-Kalender der hoch angesehenen Formel Eins aufwarten konnte und der ewige Rivale Dubai sich anschickte, ebenfalls eine solche Rennstrecke in den eigenen Wüstensand planieren zu wollen.
Abu Dhabi verhandelte gut und zahlte offenbar adäquat, denn im Rennkalender war der hiesige Grand Prix im Auftaktjahr als letzte, in den beiden Folgejahren als vorletzte, 2012 als drittletzte Wettfahrt der jeweiligen Saison weit bedeutsamer platziert als das Fahrertreffen in Bahrain, das vergleichsweise früh in der Saison angesetzt ist, wenn es noch nicht so spannend ist. In Abu Dhabi dagegen werden womöglich bereits Weltmeister gekürt. Das hat etwas. Und es hat vor allem mehr als Bahrain. Die Fluggesellschaft Etihad hat, wahrscheinlich auch deshalb, ihren Vertrag als namensgebender Sponsor gerade bis ins Jahr 2015 verlängert. Was sich das Unternehmen dieses Engagement genau kosten lässt, bleibt ein Geheimnis. Etihad-Boss James Hogan und Formel-Eins-Macher Bernie Ecclestone verlautbarten bei der Gelegenheit lediglich, dass es sich um einen »mehrere Millionen Euro schweren Vertrag« handele.
Ein Hingucker mit Wahrzeichenpotenzial ist das in die Rennstrecke integrierte Hotel nach Entwürfen der New Yorker Architekten Hani Rashid und Lise Anne Couture. Mit seiner futuristischen Wabenstruktur und mit den ausgeklügelten Beleuchtungseffekten für die aus mehr als fünftausend spezialbeschichteten Glasscheiben zusammengesetzte Fassade gehört es zu den baulichen Ausrufezeichen im Sand, mit denen Abu Dhabi auffallen will – bei Dunkelheit mehr noch als am Tag.
Einer der beiden Flügel der Vierhundertneunundneunzig-Zimmer-Herberge gut fünfzehn Fahrtminuten außerhalb des Stadtzentrums steht innerhalb des Rennkurses, der andere knapp außerhalb. Beide sind über eine mehrschossige, komplett geschlossene Gebäudebrücke miteinander verbunden. Darunter rasen die Formel-Eins-Boliden hindurch. Das Wabennetz aus Stahl verbindet diese drei baulichen Elemente miteinander und wirkt dabei ebenso futuristisch wie filigran, nicht wie schweres Metall, sondern wie ein mit lockerer Hand über das Gesamtkonstrukt geworfenes Tuch.
Nur: So sehr das Fünf-Sterne-Hotel designt ist, so schick, so elegant, so leicht und modern es erscheint, so geschmackvoll und stimmig die großen Zimmer mit ihren hohen Decken gestaltet sind – so wenig ist es doch ein richtiges Luxusquartier nach den hohen Vergleichsmaßstäben der Region. Denn dazu gehört es, diesen Schatz angemessen zu polieren und entsprechend zu führen. Daran krankt es im Yas Hotel offenbar. Und spürbar ist das in der Anfangszeit allenthalben.
Woran es liegt? Wahrscheinlich daran, dass das Haus nicht – wie sonst oft üblich – unter Managementvertrag von einer international erfahrenen Hotelgruppe geführt, sondern vom ortsansässigen Bau- und Immobilienkonzern Aldar als Flaggschiff selbst betrieben wird. Seine anderen Hotelimmobilien hingegen lässt das Unternehmen von erfahrenen Partnern mit international bekannten Markennamen managen.
Dabei kann man sich am Golf alles kaufen. Auch Know-how. Nur muss man zunächst erkennen, dass man es braucht. Hinter den Kulissen heißt es inzwischen, man habe das Problem des Yas-Hotels erkannt – und suche nun nach einem Partner
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