Lesereise Abu Dhabi
Während Hazza im Warteraum auf und ab schreitet, steht Dr. Müller im Untersuchungsraum und tastet den Flügel des Tieres ab. »Gebrochen«, sagt sie. Es sei nicht leicht, so etwas einem Falkenhalter mitzuteilen. »Denn die Leute lieben ihre Tiere. Doch diesen hier kriegen wir wieder hin.« In der Zeit zwischen September und April, wenn die Halter ihre Tiere trainieren, kommen häufig Falken mit Verletzungen ins Hospital, weiß Müller. Um in solchen Fällen zu helfen, bietet das Hospital mittlerweile einen Vierundzwanzig-Stunden-Notfallservice an. Passiert etwas, dann steht die Doktorin auch zu den unmöglichsten Zeiten parat. Erst vor Kurzem habe ein Falke aus Saudi-Arabien einen Unfall gehabt, sagt die Vierundvierzigjährige. Sein Besitzer sei die ganze Nacht lang Auto gefahren, bis er morgens um fünf vor dem Hospital stand. »Da waren wir natürlich da.«
Die Falkendoktorei ist ein anstrengender Job. Bis zu zehn Stunden dauern die Arbeitstage der Deutschen, manchmal auch bis tief in die Nacht, doch die Arbeit macht ihr Spaß. Müller hat in ihrem Hospital Gerfalken, Wanderfalken und Wüstenfalken untersucht. Beinahe jede erdenkliche Art hatte sie schon in ihrer Obhut. Lange Zeit war die Arbeit voller Widrigkeiten, denn die Doktorin bewegt sich in einer Welt, die meilenweit von der europäischen entfernt ist. »Die Falknerei ist in den Emiraten eine Männersache«, sagt Müller. Da sei es nicht immer ganz einfach gewesen, sich Respekt zu verschaffen, besonders nicht, als sie angefangen habe. Doch mittlerweile wird sie von allen, die ihr Hospital besuchen, respektiert. Ja mehr noch: Von einigen wird sie regelrecht verehrt. Selbst die reichsten Scheichs finden irgendwann mit ihren Tieren den Weg ins Hospital. »Dann liegen manchmal bis zu hunderttausend Euro auf dem Behandlungstisch«, sagt die Vierundvierzigjährige. Viele Fehler kann man sich da nicht erlauben. Doch das, sagt Dr. Margit Müller, die deutsche Falkendoktorin im Wüstenemirat Abu Dhabi, das beunruhige sie nicht.
Fabian von Poser
Auf der Überholspur
Mit dem Yas Marina Circuit holten die Scheichs die Formel Eins ins Land
Als sie das letzte Mal hier in irrwitzigem Tempo durch die Haarnadelkurven in der Wüste rasten, auf der Zielgeraden Überholmanöver fuhren, mit achthundert PS unter der Verbindungsbrücke der beiden Hälften des schneeweißen Yas-Hotels hindurchdonnerten – da war wenig los im Spa dieser designten Luxusherberge direkt über der Formel-Eins-Rennstrecke von Abu Dhabi. Nur eine Dame mittleren Alters ließ sich in einem abgedunklten Raum mit Kerzen bei Sphärenklängen massieren und wollte möglichst gar nichts von dem Geschehen da draußen mitkriegen, keine Fahrt- und noch besser keine Bremsgeräusche hören. »Es war die Mutter eines der Rennfahrer. Sie hatte Angst um ihn«, weiß Aoibheanna Bonner, die das Hotel-Spa leitet. Ob sie sich an den Namen erinnere? »Natürlich«, sagt sie – und lächelt ihn augenblicklich weg.
Diskretion ist alles in den Luxushotels am Golf, die allenthalben aus dem Wüstensand wachsen. Auch in Abu Dhabi sind sie Teil des Masterplans für die Zukunft – weg vom Öl, hin zur Dienstleistungsgesellschaft, zu Tourismus. Ein Baustein ist dabei auch der Rennsport – weil er die Massen bewegt, für Tempo, Dynamik, Siegeswillen und Markenbewusstsein steht.
Der Rennkurs Abu Dhabi Marina Circuit feierte im November 2009 Einweihung mit einem Formel-Eins-Wettkampf – dem damals letzten Rennen der Saison. Gleichzeitig wurde das Yas-Hotel offiziell eingeweiht, und der motorsportbegeisterte Kronprinz Mohammed bin Zayed al-Nahyan nutzte die Gelegenheit, um die wichtigsten Ehrengäste während des Etihad Airways Abu Dhabi Grand Prix in seine Suite einzuladen – mit allerbestem Blick auf die Rennstrecke. Und zwar durch Panoramafenster vom Wohnzimmer wie von der freistehenden Wanne des angrenzenden Badezimmers aus. Die Aussicht über den Rand der Sanitärkeramik freilich blieb den Gästen bei dieser Gelegenheit verwehrt.
Es war der exklusivste Ort, um das Rennen zu erleben – gefolgt von den Oberdecks der Luxusyachten in der Yas Marina direkt an der Rennstrecke. Denn zeitgleich findet dort jährlich ein Treffen der größten Privatschiffe statt – angeführt von der hundertzehn Meter langen »Dilba«. Zum Auftakt waren sieben der hundert weltweit größten Jachten zugegangen, dazu sehr viele nicht ganz so große und gleichwohl viele Millionen Dollar teure schwimmende Paläste. Die meisten Eigner hatten sich
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