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Lesereise Malediven

Lesereise Malediven

Titel: Lesereise Malediven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Bisping
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zucke ich zusammen: ein Hai. Aber nur ein ganz kleiner, ungefähr armlang. Außerdem stehe ich unter meiner Dusche recht sicher. Zwar bietet sie Meerblick, aber sie liegt für Meeresgetier definitiv unerreichbar über der Wasseroberfläche. Was also macht den Hai zu einem so zuverlässigen Herzschlagbeschleuniger? Einen Teil seiner Wirkung bezieht er noch immer aus einem PR -Desaster: dem Hollywood-Klassiker um das weiße Riesenungeheuer, dessen von bedrohlichen Tubaklängen und dramatischen Blutwolken begleiteten Auftritte unter Luftmatratzen und an den Füßen ahnungslos Planschender das Publikum ewiges Gruseln lehrten. Womöglich aber teilen Menschen auch die instinktive Angst, die Fische dazu bringt, sich mit hektischen Flossenschlägen in Sicherheit zu bringen, wenn ein Hai naht. Diese aufgeregte Aktivität im Wasser ist oft der erste Hinweis auf das Auftauchen des Raubfischs. Und sie ist nachvollziehbar. Während andere Fische scheinbar ziel- und offensichtlich harmlos durchs Wasser gleiten, ist der starr blickende Hai ganz offensichtlich in jedem Augenblick Herr seiner Wege. So zügig und zweckgebunden bewegen sich ansonsten nur Raubkatzen auf der Jagd. Das macht andere Lebewesen ziemlich wach.
    Ein wenig später sehe ich vom Steg aus ein deutlich größeres Exemplar der Spezies. Dieser Riffhai ist fast zwei Meter lang, scheint lustlos zu blicken und trödelt unter den Wasserbungalows herum, bis ihm anscheinend etwas einfällt. Er schießt davon. So viel zur These, dass vor allem Babyhaie ins flache Wasser kommen, wo sie sich vor größeren Angreifern sicher fühlen. Und natürlich erhöht sich das Haiaufkommen in meinem Leben ausgerechnet an dem Tag drastisch, an dem ich nachmittags zur Hai-Safari angemeldet bin. Aus dem ewigen Zwiespalt zwischen Neugier und mild hysterischen Ängsten ist einmal mehr die Grusellust siegreich hervorgegangen. Dabei verbirgt sich hinter dem aufregenden Titel einer »Shark Safari« eigentlich ein normaler Schnorchelausflug. Mit dem Unterschied, dass am Hausriff von Bandos, einer der ältesten Resort-Inseln im Nord-Mal é -Atoll, besonders viele Haie heimisch sind. Somit stehen die Chancen auf Begegnungen besonders gut. Auch sonst ist dieses Riff außergewöhnlich schön. Obwohl es hier durch die 1998 von El Niño verursachte Wassererwärmung zu extremer Korallenbleiche kam, wachsen die Korallen, die sich seither neu entwickelt haben, gesund und üppig. Dabei schätzt man, dass es noch weitere zehn bis fünfzehn Jahre dauern wird, bis sich das Riff vollständig erholt haben wird.
    Riffhaie gelten als völlig ungefährlich. Zumindest, solange man sie nicht in grotesker Weise provoziert. Dennoch werden jedes Jahr weltweit hundert Millionen Exemplare getötet – um ihrer Flossen willen. Denn Haifischflossensuppe gehört zu den Eckpfeilern der chinesischen Küche. Sie gilt als besonders gesund und ist als kostspielige Delikatesse zugleich Statussymbol. Somit sind die Tiere, die als Inhaber einer Spitzenposition innerhalb der Nahrungskette zentrale Bedeutung für das Gleichgewicht der Unterwasserwelt haben, vom Aussterben bedroht. Als erstes Land in der Region hat die Republik der Malediven daher 2009 die Hai-Jagd in ihren Gewässern unter Strafe gestellt. Allerdings ist der Handel mit Haien und aus ihnen hergestellten Produkten einschlägigen Bemühungen zum Trotz nicht verboten.
    Die Population von Riffhaien im Nord-Mal é -Atoll ist recht groß. In dieser für hiesige Verhältnisse dicht besiedelten Gegend mit entsprechend lebhaftem Schiffsverkehr profitieren die Haie sichtlich vom Jagdverbot: Es würde einfach sehr auffallen, zöge man in diesem Gebiet einen Hai an Land.
    Auch Walhaie stehen wie alle ihre Verwandten bereits seit 1982 unter Schutz. Dieser größte bekannte Fisch der Erde ist im Indischen Ozean nur auf den Malediven ganzjährig anzutreffen. Der in jeder Hinsicht eindrucksvolle Meeresbewohner kann über hundert Jahre alt werden, tausendfünfhundert Meter tief tauchen und mehr als sechzehn Meter lang werden. Sein Fleckenmuster ist so individuell wie ein menschlicher Fingerabdruck – was seine Beobachtung erleichtert. Als Inhaber der größten Haifischflosse überhaupt bringt er in Orten wie Hongkong leider auch Spitzenpreise. Dreißigtausend amerikanische Dollar ist sie auf dem dortigen Markt wert. Der Walhai selbst ist indessen von besonderer Harmlosigkeit: Er lebt von Plankton und winzigen Lebewesen, die er mit seinem Riesenmaul aus dem Wasser filtert.
    Walhaien

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