Lesereise Zypern
britische Grundstück stecken. Der High Commissioner , der die Queen vor Ort vertritt, und seine vielen Mitarbeiter in Nikosia mischen da kräftig mit.
Walter erinnert sich, wie er sein Haus fand. »Wir hatten von Matthew einen Makler empfohlen bekommen, der für uns alles geregelt hat«, freut er sich, »sonst kann das hier kompliziert werden mit den einheimischen Rechten.« Besonders gern wurden früher Grundstücke im türkisch besetzten Norden verkauft, selbst wenn sie dem Verkäufer gar nicht gehörten. Lange Rechtsstreitigkeiten waren an der Tagesordnung. Seit 1960 ist bereits der siebzehnte britische Hochkommissar im Dienst auf Zypern. Matthew Kidd war zuvor bei der NATO beschäftigt, versah seine Pflicht in Bonn, später in Berlin und fungierte als außenpolitischer Berater bei der Europäischen Kommission. Matthew weiß eigentlich immer Rat, wenn es um die Belange seiner Landsleute auf Zypern geht. Täglich ist er zudem damit beschäftigt, ein enger werdendes Netz zu den Regierenden der Insel zu weben.
»Haben Sie die Schneekugel auf dem Olymp gesehen?«, fragt Walter jetzt seine Sitznachbarn in der Bar. Als die verneinen, fängt er an zu erzählen, was die große weiße Hülle oben auf dem höchsten Berg der Insel im Troodos-Gebirge in sich birgt – ein Radar. Am Ufer bei Limassol ragen riesige Antennen in den Himmel, angeblich zum Kontakt mit Satelliten und U-Booten. Und die Namen Akrotiri und Dekelia sind keine Codeworte, sondern so heißen die beiden britischen Militärbasen auf Zypern. Es sind die drei Prozent netto des ewigen britischen Territoriums.
Walter, das wird klar, war früher in der Armee. Infanterie und Luftwaffe mit Hubschraubern und Kampfflugzeugen seien auf der hundertdreiundzwanzig Quadratkilometer großen Akrotiri-Fläche südwestlich von Limassol untergebracht. Dreizehnhundert Soldaten und fünftausend Zivilisten lebten dort. Jedenfalls sind diese Angaben so veröffentlicht worden, wie es Walter erzählt. Doch ein Teil der britischen Besitzungen mit dem großen Salzsee, in dem manchmal die Flamingos stehen, dem orthodoxen Kloster und einem Badestrand ist frei zugänglich. Dekelia liegt bei Larnaka und umfasst sogar hundertdreißig Quadratkilometer Land. Die jungen Zyprioten durch fünfundzwanzig Monate Wehrdienst an Militär gewöhnt, stört das nicht. Oft liegen genau dort im britischen Hoheitsgebiet lukrative Arbeitsplätze mit gutem Salär und Rentenversicherung.
Eve geht jetzt die Popmusik in der Bar auf die Nerven. »Dinner time, darling«, stößt sie in Richtung ihres erneut flirtenden Mannes aus. »Yes, sugar honey«, flötet der zurück, und dann sitzen sie sehr rasch in ihrem roten Auto. Samantha winkt. Morgen sind die beiden ja wieder hier.
Umsteigen in Istanbul
Der Norden ist türkisch, naturschön und voller Hoffnung – Gas und Öl befeuern eine neue Gier
Der Norden ist schön. Er gilt im Sommer als verträumt, im Winter als totenstill. Immer mehr Reisende wollen ihn sehen. Einsame Sandstrände mit wild lebenden Eseln versetzen einen ins Schwärmen. Die Karpaz-Halbinsel, die wie ein Sporn im Nordosten ins Meer zeigt, gehört zum Lieblingsrevier von Wanderreise-Veranstaltern. Sie haben den Norden der Insel längst in ihre Reiseperlenschnur aufgereiht. Die verborgenen Reize von farbenfrohen Fresken in der byzantinischen Kreuzkuppelkirche Agia Triada oder dem Andreaskloster locken. Und es gibt einen Ort an der Nordküste, der Kyrénia heißt und den die Türken Girne nennen. Er trägt das Etikett »St. Tropez der Levante«. So hübsch glitzern die Farben der Boote im Wasser des malerischen Hafens vor den Altstadt-Cafés.
Die Festung nebenan, an deren Stelle schon die Byzantiner eine Burg aufgeschichtet hatten, ist der besterhaltene Wehrbau Zyperns aus dem Mittelalter. Über eine Brücke geht der Gast hinein und taucht ein in prächtige Fundstücke aus allen Epochen des Inseldaseins. Das Schiffswrack-Museum präsentiert stolz ein zweitausenddreihundert Jahre altes Boot, das bis 1969 im Schlamm vor der Küste ruhte. Es gehört zu den ältesten jemals geborgenen Wracks der Welt. Die vierhundert Weinamphoren an Bord des fünfzehn Meter langen Schiffes, so stellten die Forscher verblüfft fest, hatten die vier Mann Besatzung von den griechischen Inseln zwischen Rhodos und Samos eingesammelt. Die Getreidemühlen schleppten sie auf der Insel Kos an Bord. Woher die vielen Mandeln kamen, ist nicht klar.
Doch klar ist: Wanderer kraxeln von hier auf schmalen Pfaden durch die
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