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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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stark regnete, aber London Lil’s war überraschend gut besucht. Abgesehen von den Stammgästen, den Händlern und Geschäftsleuten, die in der Nähe wohnten, waren eine Menge Seeleute gekommen.
    Als zwei Mädchen ohne Begleitung, eine Mexikanerin und eine Schwarze, später am Abend hereinkamen, lächelte Matilda, denn die Köpfe der Männer wandten sich ausnahmslos den neuen Gästen zu. Die weibliche Bevölkerung mochte in den vergangenen Jahren vielleicht angestiegen sein, aber es waren noch nicht annähernd genug junge, hübsche und allein stehende Frauen für alle Männer da. Matilda schien es, als wären diese beiden Mädchen sehr nervös, und vermutete, dass sie wahrscheinlich zum ersten Mal ein Lokal wie London Lil’s besuchten.
    Sidney kam die Treppe heraufgeeilt. »Soll ich sie warnen?«, fragte er und wies mit dem Kopf zu den Mädchen hinüber.
    »Warum, um alles in der Welt?«, rief sie aus. Sie trugen schlichte, abgetragene Kleidung und schwere Stiefel. »Ich vermute, sie sind Dienstmädchen und haben heute gemeinsam ihren freien Tag bekommen. Sie möchten sicher zur Abwechslung etwas Spaß haben. Gib ihnen ein Freigetränk. Ich werde sie beobachten, und wenn sie sich falsch verhalten, werde ich sie des Hauses verweisen.«
    Sie beobachtete, wie Sidney den beiden einen Drink gab und sie anschließend in der Menge untertauchten. Ein paar Minuten später begann die Show, und Matilda vergaß die Mädchen wieder, weil sie zu sehr damit beschäftigt war, die Tänzerinnen zu beobachten. Sie fand, dass ihre Kostüme eindeutig schäbig aussahen und ihrer Routine der überspringende Funke fehlte. Sie standen hier seit zwei Jahren zwei Mal wöchentlich auf der Bühne, und ihre Selbstzufriedenheit zeigte sich nun. Sie wollte ihnen anschließend ein paar Takte dazu sagen.
    Nach der Nummer stand sie auf, um zu den Tänzerinnen hinunterzugehen und mit ihnen zu sprechen, bevor sie nach Hause gingen. Während sie die Treppen hinunterschritt, bemerkte sie eine plötzliche Bewegung in der Nähe der Eingangstür. Sie hielt inne, um über die Brüstung zu schauen, und entdeckte, dass das schwarze Mädchen ohnmächtig zusammengebrochen war, woraufhin seine mexikanische Freundin die Flucht ergriffen hatte und zur Tür hinaus verschwunden war.
    Den Rest des Weges lief sie. »Lassen Sie mich durch«, sagte sie und schob die Männer beiseite, die einen Kreis um das Mädchen gebildet hatten. Sie kniete sich auf den Boden und legte ihre Hand auf seine Stirn, die sehr heiß war. »Bring mir etwas Riechsalz«, rief sie Sidney durch die Menge zu. »Und Wasser.«
    Das Riechsalz ließ das Mädchen wieder zu Bewusstsein kommen. Es schreckte vor dem Geruch zurück und öffnete die Augen. Sein Strohhut war verrutscht und entblößte kurz geschnittenes, lockiges Haar wie das eines Jungen. Außerdem war es sehr jung, vermutlich erst vierzehn Jahre alt, und erschreckend mager.
    Die pechschwarzen Augen der jungen Frau schienen zu groß für ihr Gesicht zu sein, und sie blickten Matilda ängstlich an.
    »Es ist alles in Ordnung, ich glaube, du bist nur in Ohnmacht gefallen«, bemerkte Matilda und beugte sich hinab, damit ihre Worte über den Lärm der Musik hinweg zu hören waren. »Versuche einmal, dich aufzusetzen und einen Schluck Wasser zu trinken.«
    Sie schob einen Arm unter den Rücken des Mädchens und half ihm beim Aufrichten. Sein Kleid war ein wenig klamm, aber ob dies vom Regen oder von einem Fieber herrührte, konnte Matilda nicht feststellen. »Kannst du mir deinen Namen sagen?«
    »Fern«, antwortete das Mädchen, aber plötzlich verzerrte sich sein Gesicht vor Schmerz, und es griff unwillkürlich nach Matildas Arm.
    »Wo hast du Schmerzen?«, fragte Matilda.
    Das Mädchen legte eine Hand auf seinen Bauch.
    »Ich werde dich an einen ruhigen Ort bringen, wo du dich hinlegen kannst«, entschied sie.
    Als Sidney und sie Fern aufhalfen, entdeckte Matilda einen bedrohlich großen Blutfleck hinten auf ihrem Kleid. Weil sie glaubte, dies rührte von einer starken Monatsblutung her, und sie Fern nicht in Verlegenheit bringen wollte, schwieg sie. Stattdessen legte sie einen Arm um das Mädchen, führte es zu einem der freien Zimmer und legte es auf das Bett.
    Matilda zündete eine Öllampe an. Als sie das Glas wieder auf das Gestell gesetzt hatte und es heller wurde, sah sie das Mädchen still weinen. Sie wusste intuitiv, dass seine Tränen durch etwas anderes als nur den Schmerz und die Verlegenheit ausgelöst worden waren.
    Ferns

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