Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
Vom Netzwerk:
immer die Wahrheit sagst. Mama hat sich einmal in Missouri so über dich geäußert. Sie meinte: ›Wenn Matty dir etwas sagt, solltest du es immer glauben.‹ Erinnerst du dich, was du mir an dem Tag erklärtest, an dem wir Cissy und die Mädchen begraben haben?«
    »Ich wollte, dass du in Oregon bleibst. Ist es das, was du meinst?«
    »Nicht so sehr das, es war vielmehr die Bemerkung, dass du mich als deine Tochter betrachtest. Ich habe mich in dem Moment an Mamas Worte erinnert und glaubte dir. Ich war zwar traurig, in Oregon bleiben zu müssen, doch ich wusste, du verstößt mich nicht. Das hat mir damals sehr viel Trost gegeben.«
    »Es war eine schreckliche Zeit«, seufzte Matilda. »Wenn ich nicht an dich und Peter hätte denken müssen – ich weiß nicht, was aus mir geworden wäre.«
    Tabitha legte den Arm um Matilda und kuschelte sich an sie. »Ich wünschte, ich könnte dir diesen Schmerz nehmen«, flüsterte sie. »Ich war damals noch so jung, dass ich nicht wirklich verstehen konnte, was es bedeutete. Aber heute weiß ich es.«
    »Ich frage mich, ob wir heute irgendwelche Briefe bekommen«, meinte Tabitha am Morgen des ersten Juli nachdenklich. Es war halb sechs, und sie stand vor dem Spiegel, um sich die Haare zu flechten. Ein weiterer Tag auf der Station stand ihnen bevor. »Mir scheint es eine Ewigkeit her zu sein, dass wir etwas von den Jungs gehört haben.«
    Briefe erhielten sie meistens in Stößen. Manchmal waren sie wundersamerweise nur ein paar Wochen vorher geschrieben worden, aber meistens waren sie Monate alt. Als sie das letzte Mal etwas von Sidney gehört hatten, war er am Fort Henry in Tennessee gewesen. Er hatte sich eine Fußverletzung zugezogen und war daraufhin für einen Job im Lager eingeteilt worden. Immer noch vollkommen unpatriotisch, hoffte er, dort bleiben zu können. In seinem Brief hatte er keine Meinung über den Krieg geäußert, ob Sieg oder Niederlage. Er wünschte sich nur, dass diejenigen, die er liebte, es durchstehen und bald nach Hause gehen konnten.
    James und Peter schienen immer von einem Ort zum anderen zu ziehen. Jetzt waren sie gerade auf dem Weg nach Virginia, und sie äußerten sich in ihren Briefen nur selten über die Kämpfe, die sie auf dem langen Weg dorthin durchstanden. Peters Briefe waren nie in einem ernsten Tonfall gehalten und konzentrierten sich meist auf die Männer, die er kennen lernte, den Bau von Verteidigungsgräben und das Essen. Der Zwieback war angeblich so hart, dass man ihn als Schutzschild benutzen konnte.
    James’ Briefe nach der Schlacht von Shiloh waren freudig, manchmal sogar amüsant gewesen, aber seit der Niederlage der Union bei der Schlacht von Fredericksburg in Virginia, seiner eigenen Heimatstadt, hatte eine gewisse Bitterkeit Einzug in seine Zeilen gehalten. Glücklicherweise hatten er und Peter an dieser Schlacht mit dem Verlust von etwa zwölfeinhalbtausend Unionssoldaten nicht teilnehmen müssen, da sie sich noch auf ihrem Weg nach Virginia befunden hatten. Aber James war nicht nur wütend, dass der »Irrsinn der Generäle« die Männer in eine Situation geleitet hatte, in der sie nur massakriert werden konnten, sondern es widerte ihn an zu hören, dass die Unionssoldaten die Stadt geplündert hatten, nachdem die Konföderierten die Bewohner überzeugt hatten, die Stadt aus Sicherheitsgründen zu verlassen.
    Der Brief, den er am Neujahrstag geschrieben hatte, kurz nach Präsident Lincolns großer Rede zur Befreiung der Sklaven, hatte sogar noch besorgter geklungen. Obwohl er grundsätzlich hocherfreut war, dass dies das Ende des Menschenhandels mit den Schwarzen sein würde, wies er auf die Lücken im neuen Gesetz hin. Lincoln hatte nicht alle Sklaven befreit, sondern nur die in den Konföderierten Staaten. Die Sklaven in den loyalen Staaten Maryland, Delaware, Missouri und Kentucky blieben unerwähnt, denn Lincoln wollte den guten Willen der Sklavenbesitzer dort nicht auf die Probe stellen. James meinte auch, dass es immer noch keine Pläne gebe, was mit all den Schwarzen später passieren sollte, die jetzt bei den Unionsarmeen Zuflucht suchten.
    Matilda hatte natürlich Verständnis für James’ schwierige Situation der geteilten Loyalität, aber ihre größte Sorge war, dass er und Peter unverletzt blieben. Es brachte sie fast um den Verstand, dass sie nie sagten, wo genau sie sich aufhielten und in welche Kämpfe sie verwickelt wurden. Sobald neue Verletzte ins Krankenhaus gebracht wurden, fragten sie und Tabitha

Weitere Kostenlose Bücher