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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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diese wissbegierig über die Vorgänge an der Front aus und, schlimmer noch, musterten die Gesichter der Männer in Angst und Schrecken, weil auch James oder Peter eines Tages hergebracht werden könnten.
    Gerade als Matilda und Tabitha an diesem Tag die Station verlassen wollten, um nach Hause zu gehen, verbreitete sich die Nachricht von einem Kampf in Gettysburg, einer kleinen Stadt nördlich von Washington. Ursprünglich waren Gerüchte um ein Stiefeldepot in der Stadt der Grund des Zusammenstoßes gewesen. Beide Armeen, die dringend neue Ausrüstung für ihre Soldaten benötigten, waren nach Gettysburg marschiert, und als sie dort aufeinander getroffen waren, war offenbar ein Kampf ausgebrochen.
    Für Matilda klang es lediglich nach einem leichten Gefecht, und Tabitha und sie amüsierten sich auf ihrem Nachhauseweg über die Vorstellung, dass sich Männer wegen eines Paares Stiefel bekämpften.
    Am kommenden Tag hörten sie nichts mehr von Gettysburg, aber als sie am übernächsten Tag zum Dienst erschienen, wurde über nichts anderes mehr geredet. Offenbar war eine große Anzahl von Soldaten in die Kämpfe verwickelt. Einige der Krankenschwestern schlugen vor, nach Gettysburg zu fahren, um in den Feldlazaretten zu helfen, aber dieser Vorschlag wurde abgelehnt, weil nicht sicher war, wie viele Tote es gegeben hatte, und außerdem hier im Lodge Hospital jeder gebraucht wurde.
    Da am kommenden Tag der vierte Juli sein würde, hatten einige Männer auf der Genesungsstation Fahnen als Schmuck für die Räume gefertigt. Sie kamen auch auf Matildas Station A1, um dort einige aufzuhängen und mit den schwer Verwundeten zu reden. Als sie am Abend dieses Tages nach Hause gingen, dachte Matilda, es wäre der beste Tag seit langem im Krankenhaus gewesen. Keine Verwundeten und keine Neuzugänge. Dennoch wurde sie das üble Gefühl nicht los, dass dies nur die Ruhe vor dem Sturm war.
    Der vierte Juli wurde allerdings nicht feierlich begangen, denn gegen Mittag brach der Sturm los, den Matilda erwartet hatte. Die ersten Verletzten wurden schubweise in Planwagen ins Hospital gebracht, und weder Matilda noch Tabitha verließen die Station vor Mitternacht.
    Von den Soldaten, die Glück gehabt hatten, auf einen Wagen gelegt und sofort in die Stadt gefahren worden zu sein, hörten sie vom Grauen dieser schweren Schlacht. Es ging das Gerücht um, dass am folgenden Tag tausende von Verletzten nach Washington gebracht werden würden, jedenfalls wenn genügend Planwagen zur Verfügung stehen würden.
    Was Matilda in den kommenden Tagen sah, konnte sie nur als Hölle bezeichnen. Ein nicht enden wollender Strom von Planwagen fuhr die Verletzten nach Washington. Viele von ihnen hatten seit zwei Tagen auf dem offenen Feld im heißen Sonnenschein gelegen, neben sich die Körper ihrer gefallenen Kameraden und Feinde.
    Es standen nicht genügend Betten für die vielen Verwundeten zur Verfügung, sodass sie auch auf den Boden der Gänge und Säle gelegt werden mussten. Die weniger schwer Verletzten wurden sogar draußen liegen gelassen, bis man sich um sie kümmern konnte. Die Schwestern arbeiteten sechzehn Stunden am Tag. Jede helfende Hand wurde gebraucht. Sie hatten jetzt keine Zeit mehr, um Briefe an Mütter zu schreiben oder einen Soldaten zum Trinken zu bewegen, wenn er nicht freiwillig Flüssigkeit zu sich nahm. Manchmal konnten sie nicht einmal die blutigen Laken zwischen den Patienten wechseln. Sie hörten, dass an die einundfünfzigtausend Männer getötet worden waren, davon dreiundzwanzigtausend Unionssoldaten. Die Konföderierten humpelten jetzt nach Virginia zurück und transportierten ihre Verwundeten in Wagentrecks, die siebzehn Meilen lang waren.
    Dann wurde Peter hereingebracht.
    Es war seine Stimme, die Matilda wiedererkannte, nicht sein Gesicht, denn wie das der meisten Männer waren seine Gesichtszüge vom Schießpulver geschwärzt und unkenntlich gemacht.
    »Tante Matty!«, hörte sie ihn rufen, als er an ihr vorbeigetragen wurde. »Bist du es wirklich, oder träume ich?«
    Sie war zunächst so überrascht, dass sie den Krug Wasser in ihren Händen beinahe verschüttete. Sein rechtes Hosenbein war bis zum Oberschenkel aufgeschnitten worden, und der Verband um seine Wunde war von Blut durchtränkt.
    »Peter«, rief sie aus und lief zu seiner Bahre. Ihre Hände strichen instinktiv über seine Stirn. »Mein armer Liebling, dich wollte ich hier niemals sehen.«
    Sie arrangierte sofort, dass er in das Bett in der Ecke gelegt

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