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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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schossen mit ihren Gewehren direkt in die Gesichter der Gegner. So furchtbar.«
    Er schwieg, und ein Seufzer drang aus seinem tiefsten Innern. »Ich wurde getroffen, doch ich habe weiter mein Gewehr nachgeladen und geschossen, denn ich wusste, ich würde von einem Bajonett aufgespießt werden, wenn ich fiele. Dann kam plötzlich James auf seinem Pferd aus dem Nirgendwo. Er sah aus wie ein Racheengel, Matty, als er mit seinem Säbel um sich schlug. Ich dachte, er hätte mich nicht gesehen, aber er war gekommen, um mich zu retten, Matty. Er hielt mich am Arm fest und zog mich auf sein Pferd.«
    Matilda bedeckte ihren Mund mit den Händen, und ihre Augen waren vor Schreck geweitet.
    »Ich glaube, danach bin ich in Ohnmacht gefallen, denn das Nächste, an das ich mich erinnere, ist, dass er mich auf dem Gras abgelegt und mir befohlen hat, zum Feldlazarett zu gehen«, berichtete er mit einem Krächzen in der Stimme, das seine Dankbarkeit verriet. »Er hat mir das Leben gerettet.«
    Matilda schwirrte der Kopf angesichts des lebendigen Bildes, das Peter ihr gezeichnet hatte. »Ist er danach zum Kampf zurückgekehrt?«
    »Natürlich ist er das, Matty«, gab Peter zurück. »Ich sah, wie er davonritt und seinen Säbel in der einen Hand schwenkte, während er mit der anderen Hand seine Pistole feuerte, sodass er sich nur mit den Knien am Pferd festhalten konnte. Er sagte einmal, ein Indianer hätte ihm dies beigebracht.«
    Plötzlich verstummte er, und sein Gesicht verdüsterte sich. »Aber später wurde er schwer verletzt, Matty.«
    Matilda fühlte sich, als setzte ihr Herzschlag aus. Für einen Moment starrte sie Peter nur voller Schrecken an. »Bist du sicher?«
    »Ich fürchte, ja«, meinte er mit Schmerz in den Augen. »Captain Franklin hat es mir erzählt. Deshalb bin ich so schnell hierher gekommen. Es scheint, als hätte James befohlen, dass ich sofort zu dir in dieses Krankenhaus gebracht werden sollte.«
    Matilda hatte schon in der vergangenen Nacht erfahren, dass die meisten Verwundeten noch in Gettysburg waren, wo man sie in private Häuser getragen hatte. Sie hatte angenommen, es wäre purer Zufall gewesen, dass Peter so bald schon hier angekommen war. Aber es war kein Zufall – James hatte sich um ihren Jungen gekümmert, wie er es ihr versprochen hatte.
    »Wo ist James jetzt?«, flüsterte sie angsterfüllt.
    »Ich vermute, dass man ihn dorthin gebracht hat, wo Offiziere verarztet werden«, antwortete Peter.
    »Macht es dir etwas aus, wenn ich ihn suchen gehe?«, wollte sie eilig wissen. »Tabby wird sehr bald ihren Dienst antreten und sich um dich kümmern.«
    »Geh und finde ihn«, antwortete Peter. »Sag ihm …« Er unterbrach sich, und Tränen füllten seine Augen.
    »Dass du ihn liebst?«, flüsterte Matilda.
    Er nickte und wischte sich ärgerlich die Tränen fort. »Und dass er der mutigste Mann ist, den ich jemals getroffen habe.«
    Matilda brauchte nur einige Minuten, um herauszufinden, dass die Offiziere im Federal Hospital lagen, und schon rannte sie wie ein gejagtes Tier davon. Es würde heute wieder ein heißer Tag werden, die Sonne stieg schnell, und das Geräusch der Räder der Wagen, die immer mehr Verletzte brachten, umgab sie.
    Eine Frau am Eingang erklärte ihr förmlich, Brigadier James Russell sei wirklich in der vergangenen Nacht hergebracht worden, aber sie könne ihn unmöglich jetzt sehen.
    »Ich bestehe darauf«, beharrte sie und blickte die Frau zornig an. »Ich bin seine Frau!«
    Er lag in einem Raum am Ende eines langen Korridors mit fünf anderen Männern, und als Matilda ins Zimmer eilte, versuchte eine stämmige Krankenschwester, ihr den Weg zu versperren.
    »Lassen Sie mich los«, rief sie und stieß die Frau einfach zur Seite.
    James lag in einem Bett nahe dem Fenster, und sobald er ihre Stimme erkannte, wandte er ihr den Kopf zu. »Matty!«, murmelte er.
    Für einen Moment glaubte sie, dass er lediglich oberflächliche Verletzungen haben konnte, denn sein blondes Haar glänzte in der Morgensonne, seine Haut war gebräunt, der Bart gestutzt und sein nackter Oberkörper und seine Arme muskulös. Er sah genauso aus wie in der Nacht, als sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Aber als sie auf ihn zulief, sah sie, dass es keine Bettdecke war, die man um seinen Bauch gewickelt hatte, sondern Bandagen, und seine Augen hatten diesen stumpfen, abwesenden Blick, den sie schon so oft zuvor gesehen hatte. Er verriet, dass der Tod nicht mehr fern war.
    Sie fühlte sich, als wäre sie von

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