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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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wurde, das die Schwestern das »Glücksbett« nannten, weil darin mehr Männer zu überleben schienen als in den anderen. Tabitha kam herübergelaufen, begrüßte Peter und entfernte schnell die blutige Bandage, mit der ein Arzt im Feldlazarett seine Wunde verbunden hatte.
    »Die Kugel steckt noch im Bein«, erklärte sie, während sie sich die Verletzung genauer ansah. »Aber im Verhältnis zu denen der anderen Männer sieht sie recht sauber aus. Hast du lange draußen gelegen?«
    »Nein, der Brigadier hat mich gerettet«, antwortete er und stöhnte vor Schmerz.
    Beide Frauen wollten mehr erfahren und fragen, wo James war, aber Peter durchlitt furchtbare Schmerzen. Er hatte viel Blut verloren, die Wunde musste gesäubert werden, und es gab noch viele andere Männer, die ihre Hilfe sogar dringender benötigten.
    Peter fiel in Ohnmacht, als Matilda die Wunde reinigte. Nachdem sie den Einschuss und die umliegende Haut seines Oberschenkels gesäubert hatte, legte sie ihm einen neuen Verband an und begann, Peter auszuziehen und zu waschen. Sie hatte dies schon bei hunderten von Männern getan, aber dieses Mal schnürten ihre Gefühle ihr die Kehle zu. Sie erinnerte sich an ihn als Baby und daran, wie erbärmlich er in diesem Keller geweint hatte, als seine Mutter der kleinen Pearl die Brust gegeben hatte. Wie sehr hatte sie sich immer gefreut, ihn im ›Trinity-Haus für heimatlose Kinder‹ wiederzusehen! Er war ein so kugelrundes, glückliches Baby gewesen, aber das war über zwanzig Jahre her. Keine Grübchen oder prallen Oberschenkelchen luden sie mehr zum Küssen ein. An ihre Stelle waren harte, straffe Muskeln getreten.
    Doch während sie sein Gesicht wusch, kam wieder der Junge zum Vorschein, den sie nach dem Tod seiner Mutter nach San Francisco gebracht hatte. Sie sah die Narbe zwischen den Sommersprossen auf seiner rechten Wange, die er sich bei einem Sturz vom Baum bei der Hütte zugezogen hatte.
    Peter erwachte wieder, und mit seinen hellbraunen Augen blickte er sie erstaunt an.
    »Ich bin es wirklich, Peter«, flüsterte sie. »Und ich werde dafür sorgen, dass es dir bald wieder besser geht. Schlaf noch ein wenig, du bist in Sicherheit.«
    Sie würde ihn nicht sterben lassen, denn sie hatte Cissy versprochen, auf ihn Acht zu geben. Und wenn sie den Doktor bestechen müsste, damit er die Kugel herausoperierte – Peter musste leben.
    Die Kugel wurde um acht Uhr abends entfernt, und Matilda hielt während der Operation seine Hand. Sie selbst nähte die Wunde zu. Er schrie nicht; seine Tapferkeit erinnerte sie an sein Verhalten, als seine Mutter, seine Schwester und Amelia im Sterben gelegen hatten.
    »Du bist ein tapferer Mann«, sagte sie, als Tabitha und sie die Trage anhoben, um ihn zu seinem Bett zurückzubringen. »Ich bin niemals stolzer auf dich gewesen.«
    Matilda schickte Tabitha nach Hause, aber sie selbst blieb auf der Station. Es waren noch viele andere Männer schwer verletzt, und nur wenige würden die Nacht überstehen. Sie brauchten Trost, aber Peter war der eigentliche Grund, warum sie blieb.
    Er schlief immer wieder für kurze Zeit ein, doch jedes Mal, wenn er aufwachte und sie immer noch an seinem Bett sitzen sah, lächelte er und schloss die Augen wieder. Im Morgengrauen sah seine Gesichtsfarbe wieder ein wenig gesünder aus, und als sie seinen Verband wechselte, fand sie kein Anzeichen einer Entzündung vor.
    »Kannst du mir jetzt erzählen, was passiert ist?«, fragte sie ihn gegen sechs Uhr. Sie wusste, dass bald eine ranghöhere Schwester kommen würde, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen und ihn vielleicht auf eine Station zu verlegen, auf der die Patienten weniger Aufmerksamkeit benötigten als die Männer hier.
    »Die Rebellen kamen über den Cemetery Hill zu uns«, flüsterte er. »Sie schwenkten ihre Fahnen, und die Sonne spiegelte sich auf ihren Bajonetten. Sie sahen aus wie ein sich bewegender Wald aus Stahl. Sie kamen wie ein Mann, stumm und kühn. Es war ein Ehrfurcht gebietender Anblick. Sie sahen unbezwingbar aus, obwohl ihre Uniformen zerrissen waren und manche nicht einmal Schuhe trugen. General Gibbon gab uns das Signal zum Feuern erst, als sie so nah waren, dass man ihren Atem beinahe spüren konnte. Alle Kanonen wurden auf einmal abgefeuert. Du kannst dir das Gemetzel nicht vorstellen, Matty!« Er hielt inne und schauderte bei der Erinnerung. »Aber es kamen immer noch mehr Rebellen. Die Männer fochten mit den Säbeln, stießen mit ihren Bajonetten zu und

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