Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Letale Dosis

Letale Dosis

Titel: Letale Dosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
Rücklichter um die Ecke verschwanden.
    Er bemerkte nicht die junge Frau, die in einem dunklen Hauseingang auf der andern Straßenseite stand und die Abschiedsszene beobachtet hatte. Die Frau warf die ausgerauchte Zigarette zu Boden, wartete, bis Petrol die Haustür hinter sich zugemacht hatte, ging ein paar Meter bis zu ihrem Cabrio. Auf der Heimfahrt dachte sie nach.

Samstag, 9.20 Uhr
    Julia Durant wurde vom Telefon geweckt. Mit noch geschlossenen Augen drehte sie sich auf die Seite, griff nach unten zum Hörer.
    »Ja?« murmelte sie schläfrig.
    »Berger hier. Habe ich Sie etwa aus dem Bett geholt?«
    »Können Sie hellsehen?« sagte sie mit schwerer Stimme. »Was gibt es denn so Wichtiges?«
    »Tut mir leid, ich wußte nicht, daß Sie noch schlafen … Ich bin gerade im Büro und …«
    »Ich schlafe ja nicht mehr. Aber Sie rufen doch nicht mitten in der Nacht an, wenn es nicht dringend ist, oder? Und außerdem, was machen Sie heute eigentlich im Präsidium?«
    »Ich habe nichts Besseres zu tun. Ich wollte Ihnen nur sagen, daß Morbs eben angerufen hat. Volltreffer, Hauser ist keines natürlichen Todes gestorben. Obgleich er schon ein halbes Jahr unter der Erde liegt, konnte das ihm verabreichte Gift identifiziert werden. Es handelt sich eindeutig um Schlangengift. Hausers Frau und seine beiden Töchter wurden bereits gestern abend von unseren Kollegen in Hannover vernommen. Seine Frau wurde auch auf ein eventuelles Verhältnis ihres Mannes angesprochen, doch sie beharrt darauf, nie etwas derartiges bemerkt zu haben. Außerdem hätte seine Arbeit das gar nicht zugelassen. Ich wollte es Ihnen nur sagen.«
    »Danke. Weiß Hellmer schon Bescheid?«
    »Nein, ich dachte, Sie könnten es ihm ja sagen.«
    »Mach ich. Aber erst will ich mal richtig wach werden.«
    »Schon gut, ich will auch nicht länger stören. Und ich verspreche Ihnen, Sie heute nicht mehr um Ihre wohlverdiente Ruhe zu bringen.«
    »Versprechen Sie lieber nicht zu viel, ich habe immer noch Bereitschaft.«
    »Ja, okay. Ich meinte nur, na ja, ich hoffe, Sie werden nicht wieder irgendwohin gerufen. Schönen Tag noch.« Er legte auf, ohne eine Erwiderung von Durant abzuwarten.
    Sie hielt den Hörer in der Hand, legte sich auf den Rücken, die Augen geschlossen. Sie war müde und hätte am liebsten noch ein paar Stunden geschlafen. Doch wenn sie einmal wach war, konnte sie nicht mehr einschlafen. Sie hatte es oft genug probiert, es hatte nie geklappt. Sie hatte leichte Kopfschmerzen, ihr war übel, der Rücken tat ihr weh.
Scheiße
, dachte sie, denn die Kopfschmerzen, die Übelkeit und die Rückenschmerzen waren ein eindeutiges Indiz dafür, daß ihre Periode unmittelbar bevorstand. Sie sah kurz zur Uhr, halb zehn. Sie legte den Hörer auf die Einheit, setzte sich auf. Sie dachte kurz an den vergangenen Abend, der einerseits ganz schön gewesen war, andererseits wußte sie jetzt endgültig – es war nicht mehr nur ein Gefühl oder eine Ahnung –, daß die Sache mit Petrol bald ein Ende haben würde. Und sie war nicht gewillt, eine Beziehung nur wegen Sex aufrechtzuerhalten. Es gab Tausende von Männern, die mindestens genauso gut im Bett waren, aber auch andere Qualitäten aufwiesen, wie zum Beispiel Treue. Vermutlich bedeutete ihm seine Frau doch mehr, als er zuzugeben bereit war, und wahrscheinlich gehörte er zu jenen Männern, die sich nicht entscheiden konnten, die alles, was mit Beziehungen zusammenhing, auf die lange Bank schoben, die Ausflüchte und Ausreden erfanden und meinten, mit ein paar netten Worten und ein paar hübschen Geschenken eine Frau hinhalten zu können.
    Aber mich nicht
, dachte Julia Durant,
mich hältst du nicht hin. Du hast, verdammt noch mal, deine Chance gehabt, und du hast sie verspielt. Vielleicht gebe ich dir noch drei Monate, vielleicht auch nicht. Du bist ein Scheißkerl, Werner Petrol! Aber die Kette behalte ich trotzdem.
    Sie erhob sich aus dem Bett, streckte sich, ging zum Fenster, zog die Vorhänge auf, stützte sich mit beiden Händen auf die Fensterbank.Die Temperatur war gegenüber gestern um mindestens zehn Grad gesunken, die Sonne ließ sich nur vereinzelt zwischen den Wolken blicken. Sie atmete ein paarmal kräftig die frische Luft ein, sah hinunter auf die Straße. Nach einigen Minuten ging sie zur Toilette, wusch sich danach mit kaltem Wasser die Hände und das Gesicht, trocknete sich ab. In der Küche aß sie eine Banane, steckte sich danach eine Zigarette zwischen die Lippen. Sie setzte sich auf einen

Weitere Kostenlose Bücher