Letale Dosis
Telefon, wählte die Nummer von Hellmer. Seine Frau Nadine meldete sich.
»Hellmer.«
»Nadine?« fragte Durant vorsichtshalber nach.
»Ja.«
»Hier ist Julia. Könnte ich bitte mit Frank sprechen?«
»Moment, er ist im Garten, ich bring ihm das Telefon.«
»Hallo, Julia«, sagte er. »Was gibt’s?«
»Ich wollte nur noch mal wegen morgen früh nachfragen. Es bleibt doch bei unserem Kirchenbesuch?«
»Natürlich. Nadine ist schon ganz neugierig. Wann sollen wir denn dort sein?«
»Ich würde sagen, so kurz vor neun. Ich möchte mir den Verein mal in aller Ruhe ansehen und vor allem hören, was die so sagen, nachdem zwei ihrer führenden Köpfe innerhalb weniger Tage umgebracht wurden.«
»Okay, Nadine und ich werden da sein. Bis morgen dann. Und einen schönen Abend noch.«
»Den werde ich haben. Tschüs.«
Sie legte auf, ging in die Küche, machte sich etwas zu essen und setzte sich vor den Fernsehapparat. Sie wollte sich den Film mit Al Pacino ansehen, der so groß in der Fernsehzeitung angekündigt wurde. Und danach zu Bett gehen und hoffentlich eine ruhige Nacht haben.
Sonntag, 8.50 Uhr
Julia Durant und Frank und Nadine Hellmer trafen fast gleichzeitig am Gemeindehaus der
Kirche des Elohim
ein. Von den fast hundert Parkplätzen waren nur noch wenige frei. Julia Durant hatte sich einen dunkelblauen Rock und eine weiße Bluse angezogen, Hellmer kam in einer hellen Sommerhose und Lederjacke, während Nadine ein gepunktetes Sommerkleid trug. Auf dem Parkplatz unterhielten sich einige Leute angeregt, von denen Julia Durant jedoch keiner bekannt vorkam, die meisten aber strömten in das Gemeindehaus.
»Dann wollen wir uns mal unters Volk mischen«, sagte Durantund ging los. »Und noch mal – keine Fragen, wir sehen uns das heute nur an. Wenn einer kommt und wissen will, was wir hier machen, dann geben wir uns allerdings zu erkennen.«
Noch standen viele Gemeindemitglieder auf dem großen, hellen Flur, aus den Wortfetzen, die Durant vernahm, klang deutlich die Besorgnis über die Vorfälle der vergangenen Woche heraus. Kaum einer nahm Notiz von ihr oder ihren Begleitern. Einen Augenblick stand sie unschlüssig da, als ihr von hinten jemand auf die Schulter tippte. Sie drehte sich um, blickte in das freundliche Gesicht von Sabine Reich. Sie trug ein helles Kleid, das knapp über dem Knie endete und ihre nahezu perfekte Figur noch unterstrich. Sie war dezent geschminkt, wobei sie es ohnehin nicht nötig hatte, viel Make-up aufzulegen, da sie ihre Schönheit nicht künstlich betonen mußte.
»Guten Morgen«, sagte sie. »Ich hatte fast damit gerechnet, Sie heute hier zu sehen. Sind Sie neugierig auf die Kirche oder interessieren Sie sich mehr für die Menschen?«
»Eher für letzteres, Frau Reich. Es ist nun mal nicht an der Tagesordnung, wenn zwei Ihrer besten Männer so kurz nacheinander abtreten mußten. Nun, eigentlich sind es inzwischen drei.«
Sabine Reich runzelte die Stirn, sah Durant fragend an. »Wieso drei?«
»Sagt Ihnen der Name Thorsten Hauser etwas?« fragte sie mit gedämpfter Stimme, um zu verhindern, daß andere von dem Gespräch etwas mitbekamen.
»Schon. Aber er ist seit einem halben oder dreiviertel Jahr tot. Was hat Hauser mit diesen schrecklichen Morden zu tun?«
»Er ist seit ziemlich genau einem halben Jahr tot. Was wissen Sie über ihn?«
»Ich kannte ihn nicht persönlich, ich wußte nur, daß er ein sehr angesehener und renommierter Biologe und Chemiker war. Warum wollen Sie das wissen?«
»Ganz einfach, weil nicht Rosenzweig das erste Opfer war, sondern Hauser. Wir haben seine Leiche exhumieren lassen, und der Befund ist eindeutig. Nur schade, daß wir nicht schon vorher davon gewußt haben.«
»Aber Hauser hat irgendwo in Norddeutschland gelebt. Was hat das mit den Morden hier in Frankfurt zu tun?«
»Weil auch er durch Gift starb. Er war Diabetiker wie Rosenzweig, und er hat sich genau wie er statt Insulin Schlangengift gespritzt.«
»Das ist ja schrecklich! Und wie sind Sie jetzt, ein halbes Jahr nach seinem Tod, darauf gekommen? Ich meine …«
»Das ist unwichtig. Wichtig ist nur die Tatsache, daß Hauser auf die gleiche Weise ums Leben gekommen ist wie Rosenzweig und Schönau. Ich möchte aber im Augenblick nicht, daß Sie mit irgend jemand darüber sprechen. Ich vertraue Ihnen. Außer Ihnen weiß nur Laura Fink von Hausers unnatürlichem Tod.«
»Scheiße«, quetschte Sabine Reich durch die Zähne und machte kurz darauf ein verlegenes Gesicht. »Wer macht
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