Letale Dosis
sehr streng voneinander, war er, wenn es um private Dinge ging, zugeknöpft und verschlossen. Sie sagte nichts, weil sie wußte, daß er ihre Gefühle nicht verstand oder nicht verstehen wollte.
»Wie war dein Tag?« fragte er.
»Viel Arbeit, wenig Erfolg. Das ist nun mal die Regel in diesem Job.«
»Und, hat sich in diesen mysteriösen Mordfällen schon etwas ergeben?« fragte er.
»Bis jetzt leider nicht. Aber wir bleiben am Ball.«
»Habt ihr wenigstens schon einen Verdächtigen?«
»Du weißt, ich darf über meine Fälle nicht reden, solange sie nicht abgeschlossen sind.«
»Und du weißt, ich bin genauso an meine Schweigepflicht gebunden wie du. Komm schon, ich bin einfach neugierig. Und ich verspreche dir, kein Sterbenswörtchen von dem zu verraten, was du mir erzählst. Wie es heißt, sind die beiden durch Gift ums Leben gekommen. Ist da was dran?«
»Du weißt es doch eh schon, woher auch immer. Aber wenn du’s genau wissen willst, ja, es war Gift im Spiel.«
»Und was für welches? Arsen, Zyankali?«
»Weder noch. Es handelt sich um Tiergifte …«
»Hmh, da hat sich jemand etwas ganz Besonderes einfallen lassen«, sagte er fast anerkennend. »Eine sehr ausgefallene Idee, wie ich zugeben muß.«
»Ausgefallen ja, nur wir haben bis jetzt nicht den geringsten Hinweis auf den Täter. Weder im privaten noch im beruflichen Umfeld der Opfer gibt es Unstimmigkeiten.«
»Es heißt doch aber auch, die beiden gehörten dieser
Kirche des Elohim
an …«
»Das ist richtig.«
»Ich kannte auch mal jemanden, der diesem Verein angehört oder angehörte, ich weiß nicht, was sie jetzt macht. Allerdings ist diejenige nicht gerade das, was man ein Mustermitglied nennt, sie raucht und trinkt ganz gerne mal einen, und auch sonst ist sie nicht ohne. Ich bin ganz ehrlich, ich habe mit Gott und Religion nicht viel am Hut. Für mich sind das alles nur Phantasien. Wenn ich mir vorstelle, wie viele Patienten ich hatte und habe, die durch Religion krank geworden sind! Krank durch Fanatismus und falsch verstandene Loyalität irgendwelchen Leuten gegenüber, die sich als Messias verstehen«, sagte er verächtlich. »Nein, Religion ist nicht mein Ding. Sollte es aber tatsächlich einen Gott geben, dann werde ich ihn spätestens dann kennenlernen, wenn ich abtrete. Aber ich hoffe, das wird noch eine Weile dauern.«
»Man kann nie wissen«, erwiderte Julia Durant mit vielsagendem Lächeln. »Aber«, fuhr sie fort und nippte an ihrem Wein, »du bist doch Psychologe, fast schon eine Koryphäe auf deinem Gebiet. Was glaubst du, um was für einen Menschen es sich bei dem Täter handeln könnte? Könntest du aufgrund von Fakten ein Persönlichkeitsprofil des Mörders erstellen?«
»Unter Umständen«, sagte er mit leichtem Zweifel in der Stimme und neigte den Kopf ein wenig zur Seite. »Dazu müßte ich aber alle Fakten kennen. Ich weiß bis jetzt nur das, was ich in derZeitung gelesen habe. Wißt ihr denn schon, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt?«
»Zu neunundneunzig Prozent eine Frau. Zumindest deutet alles darauf hin.«
»Und diese Frau bringt ihre Opfer mit tierischem Gift um?«
»Wenn du’s genau wissen willst, einmal mit hochkonzentriertem Schlangengift, einmal mit Kegelschneckengift.«
»Oh, Kegelschnecken! Alle Achtung, die Frau versteht etwas von ihrem Handwerk. Ich habe mal einen Fernsehbericht darüber gesehen, und da haben sie auch gesagt, daß einige dieser Viecher dem Menschen sehr gefährlich werden können. Hat sie denn mit den Männern etwas gehabt? Ich meine, gibt es Hinweise, daß sie eine Affäre mit ihnen hatte?«
»Beim zweiten Opfer scheint es ziemlich sicher zu sein, beim ersten tappen wir völlig im dunkeln. Obgleich dieser Typ auch kein Kostverächter war. Seine Affären, von denen wir zwei kennen, waren jung und ausgesprochen attraktiv. Ob er allerdings auch etwas mit seiner Mörderin hatte, können wir noch nicht sagen.«
»Na ja«, sagte Petrol mit ungewohnt ernstem Tonfall und lehnte sich zurück, drehte das Glas zwischen seinen Fingern. »Ich kenne jemanden, der sich sehr gut mit Giften aller Art auskennt. Übrigens auch eine Frau. Es ist ein Hobby von ihr, wobei sie jedoch keinen praktischen Umgang mit Giften pflegt, sondern sie dieses Hobby rein theoretisch betreibt. Von ihr habe ich einiges darüber gelernt. Und euch ist ja wohl auch bekannt, daß Frauen beim Morden bevorzugt Gift einsetzen. Was hast du noch an Informationen, damit ich mir ein Bild machen kann?«
Julia
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