Letale Dosis
herunterbeten, du kannst mit deinen Patienten reden, dir ihre Sorgen und Nöte anhören, kannst ihre Krankheiten lindern oder gar beseitigen, aber wenn es um dich oder uns geht, dann benimmst du dich wie ein verstocktes, kleines Kind. Rede doch mit mir! Sag mir, wenn dir etwas an mir nicht gefällt, wenn ich etwas falsch mache, ich kann es verkraften. Ich kann aber nicht verkraften, wenn du nicht mit mir sprichst. Du sagst, du liebst mich, aber was ist das für eine Liebe, die daraus besteht, daß wir ab und zu telefonieren, uns ein-, vielleicht auch zweimal in der Woche sehen, du mir beteuerst, wie sehr du dich nach mir sehnst, ich aber zu keiner Zeit das Gefühl habe, daß du wirklich Interesse an mir hast – außer zum Bumsen. Ich will aber keinen Mann, der mich nur zum Bumsen braucht, ich will einen, mit dem ich abends zusammen einschlafe und morgens mit ihm aufwache. Ich will einen, der mir das Gefühl gibt, mich nicht nur körperlich zu begehren, sondern der mich liebt, mit all meinen Fehlern und Schwächen. Einen, der es ertragen kann, wenn ich morgens mit dem linken Fuß aufstehe, der es erträgt, wenn ich Überstunden schieben muß, weil ein Fall das eben erfordert, einen Mann, der mich einfach so nimmt, wie ich bin. Und so schwierig bin ich nun auch wieder nicht, das weißt du.«
»Liebst du mich denn?« fragte er.
»Ich bin dabei, es herauszufinden. Im Augenblick schlafe ich gern mit dir. Aber das allein ist keine Liebe. Ich gehöre nicht zu den Frauen, die meinen, im Bett ließen sich alle Probleme lösen.
Weißt du, ich habe eine verdammt beschissene Ehe hinter mir, und ich habe keine Lust, mich noch einmal in eine zu stürzen, wenn ich nicht ganz sicher bin, daß der Mann mich auch wirklich liebt.«
»Ich liebe dich, Julia.«
»Das hast du schon zu oft gesagt, Werner. Wenn es wirklich so wäre, hättest du schon längst einen Schlußstrich unter deine ach so tragische Ehe gezogen. Sag es mir lieber nicht mehr, zumindest so lange nicht, bis ich nicht einen handfesten Beweis dafür in Händen halte.«
»Willst du Schluß machen?« fragte er.
»Das habe ich nicht gesagt. Wir können uns weiter sehen, telefonieren, essen gehen, miteinander schlafen. Mehr aber auch nicht. Ich lebe mein Leben und du deines. Und vielleicht ist das nicht einmal die schlechteste Lösung.«
»Wirst du heute nacht hierbleiben?«
Julia Durant schüttelte den Kopf, sah Werner Petrol an. »Nein, ich ziehe mich jetzt an und fahre nach Hause. Ich habe mir für das Wochenende viel vorgenommen.«
»Schade«, sagte Petrol, »aber wohl nicht zu ändern.«
»Du sagst es.« Sie stand auf, zog sich an, während Petrol liegenblieb und ihr dabei zusah.
»Kommst du noch mit nach unten?« fragte sie und nahm ihre Tasche.
»Klar. Einen Augenblick.« Er schlüpfte nackt in eine Jeans, zog ein T-Shirt über und begleitete Julia Durant nach unten. Er machte die Haustür auf, legte seine Arme um Durant, drückte sie an sich. Er küßte sie auf den Mund, fuhr ihr zum Abschluß mit einem Finger über die Nasenspitze. Er lächelte, als er sagte: »Ich weiß, du willst es nicht hören, aber ich liebe dich wirklich. Und wie gesagt, ich werde es dir beweisen.«
»Schön. Du kannst mich ja heute nachmittag anrufen. Ciao.«
»Einen Moment noch, bitte. Hier«, sagte er mit seinem jungenhaftenLächeln und zog etwas aus seiner Hosentasche. »Mach die Augen zu, mir zuliebe.«
Julia Durant schloß die Augen, sie spürte, wie seine warmen Hände sich um ihren Hals legten.
»Jetzt kannst du sie wieder aufmachen«, sagte er.
»Was ist das?« fragte sie. »Ich kann es nicht sehen.«
»Du bist doch eine Frau. Und Frauen haben bekanntlich immer einen Spiegel dabei.«
Sie holte den kleinen Spiegel aus der Handtasche, sah hinein. »Du bist wahnsinnig«, stieß sie überwältigt hervor. »Das muß ein Vermögen gekostet haben. Ist das ein echter Stein?«
»Es ist eine echt goldene Kette und der Anhänger hat einen Einkaräter in der Fassung. Gefällt es dir?«
»Ich sage doch, du bist wahnsinnig … Danke«, sagte sie verlegen.
»Für dich ist mir nichts zu teuer, glaub mir. Und ich will dich nicht kaufen oder bestechen, ich will dich nur lieben dürfen.«
»Du darfst mich lieben, ich habe es dir nie verboten. Aber Geschenke allein sind kein Liebesbeweis. Du weißt, was ich mir wünsche. Und jetzt gute Nacht.«
Er wartete, bis sie an ihrem Wagen und eingestiegen war. Sie startete den Motor, er winkte noch einmal und blickte ihr hinterher, bis die
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