Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Letale Dosis

Letale Dosis

Titel: Letale Dosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
ihn Rosenzweig und Schönau nicht mehr gekannt haben, diese verfluchten Heuchler und bigotten Hurensöhne. Sie haben ihre Strafe schon bekommen.«
    Aufnahme.
»Ich will leben!« flehte er. »Einfach nur leben.«
    Pause.
»Jeder will leben, Liebling. Aber du hast dein Leben verwirkt. Traurig, aber wahr. Du wirst aber ein schönes Begräbnis bekommen. Ich bin sicher, es werden Hunderte von Menschen zu deiner Beerdigung kommen, sie werden weinen und trauern, man wird Lobgesänge auf dich anstimmen, man wird sagen, durch deinen Tod wurde eine Lücke gerissen, die nicht mehr zu füllen ist«, sagte sie zynisch. »Aber so ist das Leben, man weiß nie, wann der Tod vor der Tür steht. Hättest du je gedacht, ich würde dein Todesengel sein?«
    Aufnahme.
Er keuchte, stöhnte, riß an den Handschellen, trat um sich.
    Pause.
»Hast du noch einen letzten Wunsch?« fragte sie und erhobsich vom Bett. »Möchtest du noch etwas trinken oder essen? Ich biete dir in meiner Großzügigkeit sogar eine Henkersmahlzeit an. Wie sieht es aus, möchtest du etwas haben? Oder hast du einen anderen Wunsch? Noch einmal dein Lieblingslied hören? Oder soll ich dir eine Passage aus deinem Lieblingsbuch vorlesen? Sag es, ich erfülle dir jeden Wunsch.«
    Aufnahme. »
Fahr zur Hölle!« schrie er.
    Pause.
»Du zuerst«, sagte sie und holte aus ihrer Tasche eine Spritze. Sie zog die Schutzkappe ab.
    Aufnahme
. »Wie willst du es machen? Mit Gift? Natürlich!« sagte er mit verzweifeltem Lachen, »womit sonst?! Aber bevor du mich umbringst, will ich dir sagen, daß ich gestern in meinem Büro war und noch ein paar Akten durchgesehen habe. Ich hatte dich tatsächlich für einen Moment in Verdacht, doch ich wollte es einfach nicht glauben. Hätte ich nur auf meine innere Stimme gehört.«
    Pause.
»Tja, man soll die innere Stimme nicht unterschätzen. Und vor allem sollte man die Akten nicht mit nach Hause nehmen, Liebling. Und jetzt sag adieu, liebe Welt. Soll ich dir die Augenbinde abnehmen, damit du siehst, wie ich es mache?« fragte sie. »Oder kannst du Spritzen genauso wenig ausstehen wie ich?« Sie schüttelte den Kopf, fuhr fort: »Nein, ich werde dir das nicht antun, du Schweinehund …«
    Aufnahme.
»Was wirst du mir spritzen?«
    Pause
. »Ein Neurotoxin. Sehr hochdosiert, es wird nur eine Frage von wenigen Minuten, vielleicht sogar nur Sekunden sein, bis die Atemlähmung eintritt. Du siehst, ich mache es dir leicht.«
    Sie beugte sich über ihn, sagte: »Mach’s gut, wo immer du gleich sein wirst. Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder. Und es stimmt übrigens, was ich gesagt habe – ich habe dich geliebt, und wahrscheinlich liebe ich dich immer noch. Aber ich hasse dich auch für das, was du getan hast.«
    Aufnahme
. Er schrie, so laut er konnte, spürte den Einstich in seinemHals, wie sich bereits nach wenigen Sekunden ein unbeschreibliches Taubheitsgefühl ausbreitete, wie seine Atmung immer flacher wurde, sich alles zusammenzog, das Leben allmählich seinen Körper verließ. Er versuchte, sich noch einmal aufzubäumen, doch seine Glieder gehorchten ihm nicht mehr. Er lag ruhig auf dem Bett, ein paar letzte, schwere Atemzüge, dann war er tot.
    Sie schaltete das Diktiergerät aus, spulte die Kassette zum Anfang zurück, legte die Spritze in die Tasche, kleidete sich an. Sie zog sich Handschuhe an, nahm ihm die Augenbinde ab, ging ins Bad, holte einen großen Waschlappen, wusch den Toten ab, vor allem seine Genitalien, seine Hände und seinen Mund. Sie wusch die Handschellen, die Gläser, alles, was sie berührt hatte. Sie leerte den Aschenbecher in einen kleinen Plastikbeutel, saugte den Teppich und das Bett ab, öffnete sämtliche Schubladen und Schränke, begab sich ins Arbeitszimmer, nahm seinen Terminkalender an sich, löschte alle Dateien auf dem Computer, indem sie die Festplatte neu formatierte und selbst versteckte Dateien auf der Festplatte und im Arbeitsspeicher aufspürte und entfernte. Sie nahm die wenigen Disketten an sich, durchwühlte den Schreibtisch, fand schließlich die gesuchte Akte, die auf ihre Identität hinwies, steckte sie ein.
    Sie warf einen letzten, fast wehmütigen Blick auf den Toten mit dem starren Blick, legte den Schlüssel für die Handschellen auf den Nachtschrank, ging zum Telefon, nahm den Hörer ab, wählte eine Nummer. Als sich nach dem sechsten Läuten eine Stimme meldete, spielte sie das Diktiergerät ab. Sie legte auf, verließ die Wohnung, die Tür lehnte sie nur an. Auf dem Weg nach Hause

Weitere Kostenlose Bücher