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Letale Dosis

Letale Dosis

Titel: Letale Dosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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hörte sie laute Musik. Sie weinte.

Sonntag, 22.35 Uhr
    Julia Durant hatte sich um kurz nach zehn hingelegt, das Fenster war gekippt, zum ersten Mal seit fast drei Wochen war es nicht mehr stickig im Schlafzimmer. Sie zog die Decke bis unters Kinn, drehte sich auf die Seite, schloß die Augen. Es dauerte nur wenige Minuten, bis sie in tiefen Schlaf fiel. Zuerst hörte sie es nicht, schließlich vernahm sie das Klingeln des Telefons wie aus weiter Ferne. Sie öffnete mühsam die Augen, warf einen Blick zur Uhr, kurz nach halb elf, gähnte, stieß einen derben Fluch aus, griff neben das Bett, nahm den Hörer ab, meldete sich mit schläfriger Stimme. Sie hörte nur eine etwas blechern klingende, männliche Stimme, schließlich schoß sie hoch, erkannte, wer da sprach, schrie, bettelte. Sie begann zu zittern, schrie ins Telefon »Hallo, hallo!«, doch am andern Ende wurde einfach aufgelegt. Sie war mit einem Mal hellwach, ihre Kehle war trocken.
    Mein Gott,
dachte sie,
laß das nicht wahr sein. Laß es um Himmels willen nicht wahr sein!
Sie wußte, was sie gehört hatte, wollte es aber im ersten Moment nicht wahrhaben. Mit zittrigen Fingern zog sie eine Zigarette aus der Schachtel, zündete sie an. Sie inhalierte tief, überlegte, versuchte ihre Gedanken zu ordnen, es gelang ihr nicht. Sie stand auf, holte eine Dose Bier aus dem Kühlschrank, trank in schnellen Schlucken.
Ich muß Frank anrufen,
dachte sie.
Ich will und kann da nicht allein hinfahren
. Sie ging zum Telefon, wählte seine Nummer. Nadine war am Apparat.
    »Nadine, gib mir bitte Frank. Es ist dringend.«
    »Ist irgendwas passiert? Du klingst so komisch.«
    »Bitte keine Fragen, hol Frank ans Telefon.«
    »Moment, er kommt schon.«
    »Frank, setz dich ins Auto und komm her …«
    »Was ist los?« fragte er.
    »Ich erklär’s dir später. Beeil dich, bitte.«
    »Okay, bin schon unterwegs.«
    Julia Durant lief im Zimmer unruhig auf und ab, drückte die Zigarette aus, steckte sich gleich eine neue an. Sie sah an sich herunter, dachte,
ich muß mich anziehen
. Sie zog Jeans und ein Sweatshirt über, schlüpfte barfuß in die Tennisschuhe. Sie ging zur Toilette, wusch sich das Gesicht, bürstete sich das Haar. Sie hatte Angst, Angst vor dem, was sie in wenigen Minuten sehen würde. Sie hätte allein hinfahren können, doch sie brauchte jetzt jemanden, dem sie vertrauen konnte, der ihr beistand. Ein weiterer Blick zur Uhr, zehn nach elf. Es klingelte, sie sagte in die Sprechanlage: »Ich komm runter.«
    Sie nahm ihre Tasche, zog die Tür hinter sich zu, rannte die Treppe hinunter. Hellmer stand draußen, rauchte.
    »Was ist los, Julia?« fragte er besorgt. »Du bist ja kreidebleich! Doch nicht schon wieder ein Mord, oder?«
    »Laß uns fahren«, sagte sie nur, »ich bin etwas durcheinander. Können wir deinen Wagen nehmen?«
    »Klar. Und wohin soll’s gehen?«
    »Nicht weit, nur zehn Minuten von hier. Ich zeig dir den Weg.« Hellmer hielt vor dem großen, hellen Haus, auf das Julia Durant deutete, hinter den meisten Fenstern war es bereits dunkel. Sie stiegen aus, liefen auf den Eingang zu.
    »Und jetzt?« fragte Hellmer. »Wie kommen wir rein?«
    »Wir müssen klingeln. Drück einfach auf irgendeinen Knopf.«
    »Und was soll ich sagen?«
    »Mein Gott, sag, daß wir von der Polizei sind. Der Eingang wird videoüberwacht, jeder kann sehen, daß wir keine Gangster sind.«
    »Du kennst dich aber gut hier aus«, sagte er und legte den rechten Zeigefinger auf einen der Klingelknöpfe. Es dauerte eine Weile, bis eine weibliche Stimme sich meldete.
    »Tut mir leid, wenn wir stören, aber wir sind von der Kripo Frankfurt, Hauptkommissar Hellmer und meine Kollegin Durant«,sagte Hellmer und hielt seinen Ausweis direkt vor die Kamera, die rechts über dem Eingang angebracht war.
    »Und was wollen Sie von mir?«
    »Von Ihnen gar nichts. Wir müssen nur dringend ins Haus. Wenn Sie bitte so freundlich wären und aufmachen würden.«
    Die Frau befolgte die Aufforderung, Hellmer drückte die Tür auf. Sie betraten die Eingangshalle, der Aufzug stand offen im Erdgeschoß.
    »Und wohin jetzt?« fragte Hellmer.
    »Fünfter Stock«, sagte Durant mit belegter Stimme.
    »Und wer wohnt da?«
    »Werner Petrol.«
    »Aha. Und ich soll jetzt raten, wer das ist und was passiert ist?«
    Der Aufzug hielt, sie stiegen aus. Mit gezielten Schritten ging Julia Durant auf die nur angelehnte Wohnungstür zu. Sie schluckte schwer, meinte, ein Eisenring würde sich immer fester um ihre Brust

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