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Letale Dosis

Letale Dosis

Titel: Letale Dosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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ziehen. Sie trat ein, Hellmer folgte ihr.
    »Mach bitte die Tür zu«, sagte sie. »Und nichts anfassen.« Sie warf einen Blick in den großzügigen Wohnbereich, in dem sich niemand aufhielt. Sie schaute nach oben, die Schlafzimmertür stand offen, das Licht brannte. Mit weichen Knien stieg sie die Treppe hoch, machte am obersten Absatz halt, atmete tief ein. Hellmer stand neben ihr, preßte die Lippen aufeinander. Ohne etwas zu sagen, bewegte er sich auf die offenstehende Tür zu, blieb im Türrahmen stehen. Er schaute in den Raum, verharrte einen Moment, wandte den Kopf, sah Durant an.
    »Was geht hier vor?« fragte er leise.
    Sie stellte sich zu Hellmer, der seinen Blick wieder auf den Toten gerichtet hatte. Petrol war nackt und mit Handschellen ans Bett gefesselt, seine weitaufgerissenen Augen waren starr zur Decke gerichtet, seine Beine gespreizt. Sie brauchte einen Moment, um diesen Anblick auf sich wirken zu lassen, es war, als drehte sich alles um sie. Es war, als befände sie sich in einem schlechtenFilm oder in einem Alptraum. Es war, als liefe sie durch eine Nebelwand.
    »Wer ist Werner Petrol?« riß Hellmer sie aus ihren Gedanken.
    »Er ist Chefarzt im St. Valentius Krankenhaus.«
    »Ist mir ein Begriff. Und woher kennst du ihn? Und vor allem, woher wußtest du, daß er tot ist?«
    Sie antwortete nicht gleich, sondern stellte sich direkt vor das Bett. Sie zog die Gummihandschuhe an, befühlte den Leichnam. Er war noch warm.
    »Ich kenne ihn. Ich kenne ihn sogar sehr gut, wenn du das wissen willst.«
    »Gehört er dieser Kirche an?«
    »Nein«, antwortete sie mit einem Mal ruhig und gefaßt, und ohne aufzublicken. »Werner war alles andere als religiös. Wir hatten seit gut einem halben Jahr eine Beziehung. Er wollte sich sogar für mich scheiden lassen. Hat er zumindest behauptet.«
    »Augenblick«, sagte Hellmer mit zusammengekniffenen Augen, »du und er, ihr hattet was miteinander? Ich glaub’s nicht, ich kann’s einfach nicht glauben!«
    »Dann laß es doch!« fauchte sie ihn an. »Es ist aber die reine Wahrheit. Ist es vielleicht seit neuestem für eine Polizistin verboten, einen Freund oder einen Liebhaber zu haben? Ist dieses Privileg nur Männern vorbehalten?« Mit einem Mal konnte sie nicht mehr an sich halten und begann zu schluchzen. »Dieser verfluchte Scheißjob! Ich halt das bald nicht mehr aus.«
    »Entschuldige, war nicht so gemeint«, sagte Hellmer und nahm sie in den Arm. Sie ließ es sich gefallen. »Trotzdem solltest du mir einige Fragen beantworten. Zum Beispiel, woher du wußtest, daß er tot ist.«
    Sie löste sich aus seiner Umarmung, holte ein Taschentuch aus der Jeans, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und schneuzte sich. Mit gefaßter Stimme sagte sie: »Ich habe um kurz nach halb elf einen Anruf bekommen. Ich hab nur seine Stimme gehört,sie klang aber eher blechern oder synthetisch, als ob der Mörder seine Stimme auf Band aufgenommen hat.« Sie hielt inne, sah Hellmer direkt in die Augen. Sie bat ihn: »Tu mir einen Gefallen und erwähne den andern gegenüber nichts von Petrol und mir.«
    »Und wie soll ich, bitte schön, erklären, wie wir hierhergekommen sind?«
    »Ich werde sagen, ich hätte einen anonymen Anruf erhalten und dann hab ich dich informiert. Das reicht doch schon. Bitte, ich hab keine Lust, mir endlose und vor allem sinnlose Fragen anzuhören.«
    »Wie du meinst«, sagte Hellmer. »Wir müssen jetzt aber trotzdem die Kollegen holen. Was glaubst du, wie er getötet wurde?«
    Durant beugte sich über den Toten, tastete mit ihren Augen seinen Körper ab. Wie oft hatten sie miteinander geschlafen, fünfzigmal, hundertmal? Wie oft hatten seine zärtlichen Hände sie berührt, wie oft war sie schwach geworden, wenn er sie mit seinem ganz besonderen Blick ansah und dabei dieses unvergleichliche Lächeln auf den Lippen hatte? Lippen, die jetzt blaß und farblos waren, seine solariumgebräunte Haut wirkte seltsam matt.
    »Hier«, sagte sie nach einer Weile und deutete auf eine leicht verfärbte Stelle an Petrols Hals.
    »Hmh, sieht aus wie eine Einstichstelle«, sagte Hellmer. »Glaubst du, er ist auf die gleiche Weise umgebracht worden wie Rosenzweig und Schönau?«
    »Schaut ganz so aus. Wahrscheinlich wurde ihm ein Nervengift injiziert, denn ich kann keine wesentlichen Gewebsveränderungen feststellen, nur dieses kleine Ödem. Aber warum ausgerechnet er?«
    »Diese Frage, meine Liebe, wird uns wohl noch eine Weile beschäftigen. Und so leid es mir tut, das

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