Letale Dosis
sagen zu müssen, du warst offensichtlich nicht die einzige Frau in seinem Leben. Ich meine,außer seiner Ehefrau. Oder wie sonst erklärst du dir die Handschellen?«
»Er hat beteuert, er würde nur mich lieben, mich ganz allein. Er hat mich belogen. Er hat mich verdammt noch mal belogen! Gibt es eigentlich irgendwo einen Mann, der mich nicht belügt und betrügt? Scheiße, große gottverdammte Scheiße!« Sie kämpfte erneut mit den Tränen. Hellmer wollte einen Arm um ihre Schultern legen, diesmal ließ sie es nicht zu.
»Das Leben kann manchmal wirklich ganz schön beschissen sein. Ich rufe jetzt aber besser einen Arzt und die Kollegen an. Sie sollen die Wohnung auf den Kopf stellen, mal sehen, ob wir nicht einen Hinweis auf den Mörder finden.«
»Die Mörderin«, verbesserte ihn Durant und wischte sich mit einem Taschentuch die Tränen aus den Augen. »Warum er? Scheiße, ich finde einfach keine Antwort darauf. Ich geh mal kurz vor die Tür, eine rauchen und meine Nerven beruhigen.«
Als sie nach fünf Minuten zurückkam, sagte sie mit jetzt fester Stimme: »Er hat mich gestern und auch heute abend angerufen. Er wollte, daß ich zu ihm komme, er könnte mir unter Umständen bei der Klärung unserer Fälle helfen, oder besser gesagt, er meinte, er könnte eventuell ein Täterprofil erstellen. Ich hatte heute aber keine Lust und sagte ihm, wir würden uns morgen treffen. Ich bin jetzt sicher, daß er die Mörderin kannte. Aber er machte es so geheimnisvoll und wollte auch nicht am Telefon mit mir darüber reden … Ich habe einfach nicht geglaubt, daß es ihm ernst war. Und jetzt ist es zu spät. Ich hätte aber auch im Traum nicht daran gedacht, daß er mir wirklich helfen könnte. Ich bin so eine blöde Kuh, so eine saublöde Kuh! Ich verlasse mich sonst immer auf meine innere Stimme, nur diesmal hab ich es nicht getan. Vielleicht hätte ich ihm sogar das Leben retten können.«
»Es ist nicht deine Schuld, Julia. Du konntest doch nicht ahnen, daß er …«
»Doch, ich hätte auf ihn hören sollen. Wäre ich zu ihm gefahren, wäre das nicht passiert.«
»Und was, wenn er nur deine Gesellschaft wollte und einen Vorwand dafür gebraucht hat?«
»Glaub ich nicht. Angenommen, er kannte die Mörderin, wußte aber nicht, daß sie wußte, was er wußte, dann … Aber dieser Mistkerl hat mit ihr gebumst!«
»Und er liebte es ausgefallen«, bemerkte Hellmer lakonisch, auf die Handschellen deutend.
»
Das
haben wir nie gemacht«, erwiderte sie mit rotem Kopf.
»Wir …«
»Schon gut, ich will keine Details wissen …«
»Du sollst aber wissen, daß ich mich von ihm trennen wollte. Ich war es leid, mir ständig seine Liebesbeteuerungen anzuhören, denen aber keine Taten folgten.«
»Ich denke, er wollte sich scheiden lassen?«
»Er hat es mir immer und immer wieder versprochen, aber mir haben die Beweise gefehlt. Ich habe ihm vorgestern gesagt, Werner, du hast drei Monate Zeit, mir einen handfesten Beweis für deine ernsten Absichten zu geben. Sonst ist Schluß.«
Es klingelte, Hellmer ließ die Beamten ins Haus. Kurz darauf kam der Arzt. Die Spurensicherung nahm ihre Arbeit auf, der Fotograf schoß Fotos aus allen Blickwinkeln, anschließend videografierte er die Wohnung. Der Arzt untersuchte den Toten, sagte: »Allem Anschein nach ein Herzinfarkt«, und wollte gerade den Totenschein ausstellen, als Hellmer ihn zurückhielt.
»Nein«, sagte er und deutete auf Petrols Hals. »Hier, sehen Sie selbst.«
»Tatsächlich. Hab ich doch glatt übersehen. Sieht nach einem kleinen Ödem aus. Scheint, als hätte man ihm eine Injektion verpaßt. Aber das müssen schon Ihre Rechtsmediziner klären.«
»Vermutlich war es Gift«, sagte Durant kühl. »Sie haben doch sicher von den beiden Mordfällen gehört.«
»Oh, das erklärt natürlich einiges«, sagte der Arzt nachdenklich und räusperte sich verlegen. »Ich hätte gleich drauf kommen müssen, die offenen Augen und …«
»Können Sie Spermaspuren feststellen?«
»Nein, dazu fehlen mir die Mittel. Ich bin nur ein einfacher Hausarzt.«
»Ist schon in Ordnung«, sagte Hellmer. »Sie können ja nicht alles wissen. Vermerken Sie einfach auf dem Totenschein ›Todesursache ungeklärt‹, damit er in die Rechtsmedizin gebracht werden kann. An Ihre Schweigepflicht brauche ich Sie ja wohl nicht extra zu erinnern.«
Der Arzt erwiderte nichts auf diese Bemerkung, füllte den Totenschein aus, reichte ihn Hellmer. Die Gnadenlosen vom Bestattungsinstitut waren
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