Letale Dosis
Rosenzweig sprechen?«
»Moment, ich hole meine Mutter.«
Es dauerte einen Moment.
»Rosenzweig.«
»Hier Durant. Es tut mir leid, wenn ich jetzt noch störe, ich habe nur eine Frage an Sie. Es betrifft Ihre Therapie bei Frau Reich. Wird oder wurde bei Ihnen auch Hypnose angewandt?«
»Warum wollen Sie das wissen?« fragte Marianne Rosenzweig vorsichtig nach.
»Sagen Sie bitte nur ja oder nein.«
»Ja, wir führen auch Hypnosesitzungen durch.«
»Danke für Ihre Auskunft. Ich werde mich vielleicht schon bald noch einmal bei Ihnen melden. Gute Nacht. Und bitte, sprechen Sie vorläufig nicht mit Frau Reich darüber. Es ist sehr wichtig.«
»Moment, Sie denken doch nicht etwa …«
»Frau Rosenzweig, im Augenblick denke ich gar nichts. Und ich bitte Sie auch, keine falschen Schlüsse zu ziehen. Wir führen lediglich unsere Ermittlungen durch, nicht mehr und nicht weniger.«
»Gut, ich verspreche Ihnen, mit niemand darüber zu reden. Aber Frau Reich ist über jeden Zweifel erhaben.«
»Das stelle ich auch gar nicht in Frage. Nochmals vielen Dank. Auf Wiederhören.«
Julia Durant hielt den Hörer in der Hand, sie war wie elektrisiert. Es war eine Möglichkeit, und sie würde gleich morgen eine genaueÜberprüfung von Sabine Reich veranlassen. Sie legte den Hörer auf, wollte gerade auf die Toilette gehen, als das Telefon klingelte. Sie nahm ab, meldete sich.
»Hier Fink«, sagte eine weibliche Stimme. »Frau Durant, es geht um meinen Mann. Er hat mir gesagt, er würde spätestens um acht zu Hause sein. Jetzt haben wir schon halb zehn, und er ist immer noch nicht da. Ich dachte, ich müßte Sie einfach anrufen.«
»Wissen Sie, wohin er gefahren ist?«
»Nein, er sagte nur, er hätte noch einen Termin mit einem Bruder aus der Gemeinde.«
»Aber Sie können mir den Namen nicht nennen?«
»Nein, leider nicht. Ich habe es auch schon in seiner Kanzlei versucht, aber dort ist nur der Anrufbeantworter an. Und auch auf seinem Handy und in seinem Gemeindebüro meldet sich niemand. Ich wußte nicht, an wen ich mich wenden sollte.«
»Sie haben das schon richtig gemacht. Ich werde mit meinem Kollegen erst in die Gemeinde fahren, und wenn er dort nicht ist, schauen wir mal in der Kanzlei nach. Aber Sie sollten sich nicht allzu viele Sorgen machen. Wir rufen Sie auf jeden Fall nachher noch an.«
»Ich mache mir keine Sorgen, es ist nur etwas merkwürdig. Vor allem, nachdem Sie mir sagten, daß mein Mann Morddrohungen erhalten hätte. Ich werde auf jeden Fall wach bleiben.«
»Gut. Sollte Ihr Mann inzwischen zu Hause eintreffen, dann rufen Sie mich bitte unter meiner Handynummer an. Bis später.«
Sofort, nachdem das Gespräch beendet war, rief sie bei Hellmer an.
»Hallo, Frank, ich bin’s, Julia. Zieh dich an, wir müssen Fink suchen. Er ist verschwunden.«
»Wo treffen wir uns?«
»Am besten am Präsidium. Und beeil dich. Ich habe ein ziemlich mulmiges Gefühl.«
»Okay, ich bin in zwanzig Minuten am Präsidium.«
Julia Durant zog sich an, bürstete sich noch einmal durchs Haar, nahm ihre Tasche und verließ das Haus. Eine düstere Ahnung sagte ihr, daß Fink seiner Mörderin bereits in die Arme gelaufen war.
Montag, 22.10 Uhr
Durant und Hellmer kamen fast gleichzeitig am Präsidium an. Sie stiegen aus, besprachen sich kurz.
»Also bis jetzt hat sich Frau Fink nicht bei mir gemeldet. Das heißt, ihr Mann ist immer noch verschwunden«, sagte Durant und schnippte die ausgerauchte Zigarette auf die Straße.
»Und wo fahren wir jetzt hin?« fragte Hellmer.
»Ich weiß nicht, aber mein Gefühl sagt mir, wir sollten als erstes im Gemeindehaus nachsehen …«
»Wieso ausgerechnet dort?« fragte Hellmer mit hochgezogener Stirn.
Julia Durant fuhr sich mit dem Finger über die Lippen, neigte den Kopf eine Idee zur Seite, hob die Schultern. »Weil die Morde an sich schon von einer gewissen Perfidie zeugen. Und ich könnte mir vorstellen, daß die Dame sich für zuletzt einen ganz ungewöhnlichen Ort ausgesucht hat. Einen, auf den niemand kommen würde. Erinnerst du dich, wie Marianne Rosenzweig uns gesagt hat, daß der Montag ausschließlich der Familie gehört? Das Gemeindehaus steht leer, Fink trifft sich dort mit seiner Geliebten, nichtsahnend, daß er dieses Haus nicht mehr lebend verlassen wird. Ich wette, wir finden ihn dort.«
»Du hast heute schon eine Wette verloren«, bemerkte Hellmer grinsend.
»Aber diese nicht. Los, fahren wir. Du kannst mich ja nachher wieder hier absetzen.«
Auf der Fahrt
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