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Letale Dosis

Letale Dosis

Titel: Letale Dosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Korsakow-Syndrom, das nicht selten nach langem Alkoholmißbrauch auftritt. Allerdings wird in der Regel nur das Kurzzeitgedächtnis in Mitleidenschaft gezogen, kann aber in besonders schweren Fällen, wie hier, fast das gesamte Erinnerungsvermögen betreffen.Wir haben versucht, ihr medikamentös wenigstens ein bißchen zu helfen, aber leider hat sie während der Behandlung am 30.7.95 auch noch einen Schlaganfall erlitten. Nach einer Computertomographie ihres Kopfes war uns klar, daß diese Frau nie wieder ein normales Leben würde führen können. Frau Ehrentraut führt kein Leben im eigentlichen Sinn mehr, es ist, um es salopp zu formulieren, eher ein Dahinsiechen. Wir wissen nicht, ob sie denkt, fühlt, riecht, schmeckt … Die Medizin weiß einfach zu wenig über diese Erkrankung des Gehirns. Fest steht jedenfalls, daß die Ursache in jahre-, wenn nicht gar jahrzehntelangem Alkohol- und Medikamentenmißbrauch liegt.«
    »Wie alt ist Frau Ehrentraut?«
    »Augenblick – geboren am 23.7.46. Also ist sie zweiundfünfzig Jahre alt, nächsten Monat wird sie dreiundfünfzig. Eigentlich noch kein Alter zum Sterben.«
    »Wie lange geben Sie ihr noch?«
    »Das ist schwer zu sagen. Es kann durchaus noch zehn oder sogar zwanzig Jahre dauern, bis sie … Es hängt davon ab, wie die Zirrhose verläuft. Sie hat Ösophagusvarizen, sogenannte Krampfadern in der Speiseröhre. Wenn solche Krampfadern platzen, besteht kaum eine Überlebenschance. Dann erstickt man quasi an seinem eigenen Blut. Ein qualvoller Tod, ich habe einmal einen Mann daran sterben sehen.« Er schüttelte den Kopf, fuhr fort: »Aber ich glaube nicht, daß Frau Ehrentraut es noch lange macht. Sie ist einfach zu krank, wenn Sie verstehen. Der Tod kann im Prinzip jederzeit eintreten.«
    »Und diese Frau hier«, sagte Durant und deutete auf das Foto von Sabine Reich, »kümmert sich um Frau Ehrentraut?«
    »Nun, sie ist meines Wissens die einzige Bezugsperson. Einen Moment, hier hab ich’s, Sabine Reich. Sie war auch diejenige, die Frau Ehrentraut zu uns gebracht hat.«
    »Wissen Sie, in welchem Verhältnis Frau Reich zu Frau Ehrentraut steht?«
    »Hier steht nur, daß sie eine Nichte ist. Mehr kann ich nicht sagen.«
    »Eine letzte Frage noch – ist Ihnen vielleicht bekannt, ob sie etwas mit Professor Petrol hatte? Eine Beziehung, ein Verhältnis?«
    »Tut mir leid, aber über das Privatleben von Professor Petrol kann ich Ihnen nun wirklich nichts sagen. Wir Ärzte gehen privat sehr getrennte Wege.«
    »Vielen Dank für Ihre Auskunft«, sagte Durant und erhob sich.
    »Wäre es vielleicht möglich, wenn ich Frau Ehrentraut kurz sehen könnte?«
    »Selbstverständlich«, sagte Schermer. »Warten Sie, ich begleite Sie. Sie sollten aber keinen Schreck bekommen …«
    Frau Ehrentraut saß am Fenster, die Hände auf dem Schoß, den Blick nach draußen gerichtet. Ihre Haut wirkte grau und krank, ihr Gesicht war faltig und eingefallen, die grauen Haare streng zurückgekämmt, sie trug einen Bademantel und Pantoffeln. Auf dem Beistelltisch neben ihrem Bett stand eine Vase mit einem Strauß aus gelben, weißen und rosa Rosen, verziert mit Schleierkraut. Es war ein Einzelzimmer, und der einzige Mensch, der sie je besuchte, war Sabine Reich.
    »Diese Blumen …«, sagte die Kommissarin, wurde von Schermer aber sofort unterbrochen, » …sind von Frau Reich.«
    Sie verabschiedete sich von Dr. Schermer, lief die Treppe hinunter, setzte sich in der Parkanlage auf eine Bank. Sie zündete sich eine Gauloise an, inhalierte, dachte nach. Sie drückte die Zigarette aus, steckte sich hektisch gleich eine neue an, ein Zeichen übermäßiger Nervosität. Sie blickte zur Uhr. Die Stunde war noch nicht vorüber, als Hellmer und Kullmer aus dem Haus kamen.
    »Fehlanzeige«, sagten sie übereinstimmend. »Hier kennt sie keiner.«
    Durant blickte auf, sie wirkte bedrückt. »Doch, man kennt sie.Sie besucht regelmäßig eine Frau Ehrentraut auf Station 12. Diese Frau ist sehr krank, nicht ansprechbar. Zweiundfünfzig, das Hirn kaputtgesoffen, dazu ein Schlaganfall und Leberzirrhose. Ihr Tod ist nur eine Frage der Zeit.«
    »Scheiße«, quetschte Hellmer durch die Lippen, »ausgerechnet die Reich.«
    »Was ist an der so besonderes?« fragte Kullmer.
    »Alles, du Idiot!« fuhr Hellmer ihn an. »Das ist ein absolutes Spitzenweib! … Aber leider auch eine Schwarze Witwe.«
    »Noch haben wir keinen endgültigen Beweis«, sagte Durant. »Wir wissen bis jetzt lediglich, daß sie regelmäßig

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