Letale Dosis
eindrang und seinen Höhepunkt immer wieder geschickt hinauszögerte. Es war nach Mitternacht, als sie das Licht löschte und neben Petrol einschlief. Sie mußten beide um sieben Uhr aufstehen, doch während sie nur eine Viertelstunde zum Präsidium brauchte, mußte er eine dreiviertel Stunde fahren, bis er in der Klinik war. Sie schlief tief und traumlos.
Mittwoch, 7.45 Uhr
Petrol hatte die Wohnung bereits um kurz nach sieben verlassen. Julia Durant frühstückte, nachdem er gegangen war, Cornflakes und trank eine Tasse Kaffee, kleidete sich danach an, zog die Vorhänge zu, ließ aber die Fenster offen und ging die Treppen hinunter, holte die Zeitung aus dem Briefkasten und stieg in ihren Opel Corsa. Auf der Fahrt ins Präsidium rauchte sie eine Zigarette,sie hatte die Fenster heruntergekurbelt und genoß den jetzt noch angenehm milden Wind, der ihr Gesicht umwehte. Sie fühlte sich frisch und trotz der nur sechs Stunden Schlaf ausgeruht. Sie stellte den Wagen im Präsidiumshof ab und lief hinauf in ihr Büro.
Berger und Kullmer saßen bereits hinter ihren Schreibtischen, kurz nach ihr traf Hellmer ein. Sie stellte sich ans Fenster und sah hinunter auf die Mainzer Landstraße und den Platz der Republik und fragte sich, wann die seit Jahren andauernden Bauarbeiten endlich beendet sein würden. Den ganzen Tag über war der Platz der Republik ein schier undurchdringliches Nadelöhr, besonders schlimm aber war es während des morgendlichen Berufsverkehrs, wenn die Pendler in die Innenstadt drängten.
»Ich hatte gestern abend einen interessanten Anruf«, sagte sie nach einer Weile und drehte sich um. »Ich werde mich um neun im Café Krämer mit einer Dame treffen, die mir bestimmt einige interessante Details über Rosenzweig berichten wird.«
»Und um was geht’s, wenn man fragen darf?« sagte Berger, der Durant von der Seite anschaute und dessen Atem wieder, wie fast jeden Morgen seit zwei Jahren, streng nach Alkohol roch.
»Nun, ich habe gestern einige Leute gefragt, ob Rosenzweig eventuell ein Verhältnis hatte. Aber keiner wollte mit der Sprache rausrücken, lediglich zwei seiner Mitarbeiterinnen sagten, es gäbe Gerüchte. Gestern abend hat mich allerdings eine der Frauen angerufen und behauptet, es wäre nicht nur ein Gerücht, sondern sie hätte auch Fakten. Und wie es aussieht, hat sie noch mehr anzubieten, als nur Fakten über eine außereheliche Beziehung von Rosenzweig. Ich lasse mich überraschen. Eins ist auf jeden Fall klar, Rosenzweig mag zwar in seiner Kirche ein Moralapostel gewesen sein, ansonsten haben ihn moralische Grundsätze einen feuchten Dreck geschert. Aber solche Sachen sind wir ja inzwischen gewohnt, ich erinnere nur an den werten Stadtdekan Domberger. Aber das ist Schnee von gestern.«
»Und wie ist der Name der Person, mit der Sie sich gleich treffen werden?« fragte Berger weiter. »Oder ist das ein Geheimnis?«
»Nein, es ist kein Geheimnis. Sie heißt Claudia Neumann und war Rosenzweigs Sekretärin.«
»Die mit den …«, Kullmer grinste und machte eine eindeutige Geste mit den Händen.
»Genau die«, erwiderte Durant ebenfalls grinsend und fügte spöttisch hinzu: »Aber haben Sie mir nicht erst gestern gesagt, daß Sie seit längerem in einer festen Beziehung leben? Ich meine, so etwas gehört zu haben.«
»Hab ich vielleicht gesagt, daß ich irgendwas mit der Kleinen anfangen will? Hinsehen wird doch wohl noch erlaubt sein, schließlich stellt sie ihre Dinger ja praktisch öffentlich zur Schau.«
»Sie werden sich allein mit ihr treffen?« fragte Berger, ohne auf das Geplänkel zwischen Durant und Kullmer einzugehen.
»Natürlich. Ich glaube kaum, daß sie mit einem Mann über diese Sachen reden würde.«
»Hat sie denn schon angedeutet, wer mit Rosenzweig eine Affäre hatte?« fragte Hellmer und kratzte sich am Kopf. Er holte eine Zigarette aus der Brusttasche seines Hemdes, ließ das Sturmfeuerzeug aufflammen.
»Nein«, log die Kommissarin und steckte sich ebenfalls eine Zigarette zwischen die Lippen, Hellmer gab ihr Feuer. »Ich denke, ich werde es gleich erfahren.« Sie warf einen Blick zur Uhr, zog an ihrer Gauloise, schnippte die Asche in den Aschenbecher. »Ich schlage vor, Hellmer und Kullmer kümmern sich derweil um Rosenzweigs Büro, und es wäre gut, wenn ihr später noch mal bei Frau Rosenzweig vorbeischauen und fragen könntet, wann und wie oft die Haushälterin ins Haus kommt. Sollte sie gerade da sein, ihr wißt ja, was zu tun ist. Und wenn es heute
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