Letale Dosis
gegenüber stets fair und korrekt verhalten. Und zu einer Affäre gehören immer zwei. Ich hätte damals in Berlin genauso gut nein sagen können.«
»Und Sie hatten kein schlechtes Gewissen, wo Sie doch wußten, daß er verheiratet war und Kinder hatte?«
»Mein Gott, am Anfang schon, doch irgendwie habe ich ihm die Geschichte von seiner kaputten Ehe geglaubt. Und solange seine Frau nichts davon mitbekam … Bestimmt denken Sie jetzt von mir, daß ich eine – Hure – bin …« Sie zuckte die Schultern, wieder dieser verlegene Gesichtsausdruck. »Vielleicht bin ich auch eine, ich weiß es nicht.«
»Nein, das denke ich nicht, Frau Neumann. Ich habe einige Jahre bei der Sitte gearbeitet und sehr viel mit Huren zu tun gehabt … Sie sind keine.« Julia Durant zündete sich eine Zigarette an, ließ einen Moment verstreichen, dachte
wie sich doch die Geschichtenähneln
– Neumann und Rosenzweig, ich und Petrol! Sie fragte: »Und seine illegalen Transaktionen?«
»Ich schwöre Ihnen, darüber weiß ich nichts, außer dem, was ich Ihnen gestern gesagt habe. Das hat er allein gemacht, oder zusammen mit Schönau, und vielleicht sogar auch mit Köhler. Ich habe darüber keine weiteren Informationen.«
»Und die junge Dame aus dem Schreibbüro – weiß sie von Ihrem früheren Verhältnis mit Rosenzweig?«
»Nein. Das hätte er nie getan, ich meine, er hätte nie mit ihr darüber gesprochen. Auf seine Verschwiegenheit konnte man sich jederzeit verlassen. Ich denke, er hatte auch vor mir schon einige andere Affären, doch hat er sich mir gegenüber nie darüber geäußert. Was das betraf, war er ein Gentleman. Wollen Sie etwa mit ihr sprechen?«
»Ich bin am Überlegen. Ich müßte es so deichseln, daß sie mir freiwillig alles erzählt. Ich halte Sie da natürlich völlig raus. Gibt es noch etwas, was Sie mir über ihn sagen können?«
»Nein«, sagte Claudia Neumann kopfschüttelnd, »das war’s eigentlich.«
Julia Durant lehnte sich zurück, rauchte und überlegte. Schließlich sagte sie: »Da fällt mir noch etwas ein. Sie haben gestern von diesem Kastner gesprochen. Diese Sache mit seiner fristlosen Kündigung, die am nächsten Tag schon wieder zurückgenommen wurde. Was glauben Sie, könnte der Grund dafür gewesen sein? Wußte er vielleicht von Ihnen und Rosenzweig und hat ihn damit erpreßt?«
Claudia Neumann nickte, während sie sich eine Zigarette anzündete. »Wie es aussieht, ja. Nur, ich kann es nicht beweisen. Doch ich erinnere mich, wie er mich danach ein paarmal recht seltsam angeschaut und dabei so komisch gegrinst hat. Und einmal, bei der letzten Weihnachtsfeier, da war er betrunken, kam zu mir, legte einen Arm um mich und sagte mit einem widerlich schleimigen Grinsen, was Rosenzweig kann, das könnte er schon lange.Ob ich nicht Lust hätte, es auch mal mit ihm zu probieren. Ich habe ihn einfach stehengelassen. Später ist er besoffen in der Ecke eingeschlafen. Ich konnte diesen Kastner von Anfang nicht ausstehen, er ist einfach ein Widerling. Wissen Sie, in Gedanken ist der bestimmt schon oft mit mir ins Bett gestiegen, aber in Wahrheit ist er nur ein kleiner Wichser. Er muß von uns gewußt haben und hat allem Anschein nach dieses Wissen als Druckmittel gegen Hans eingesetzt. Ich habe einfach keine andere Erklärung.«
»Ich werde mit Ihrer Kollegin aus dem Schreibbüro sprechen und vor allem auch noch einmal mit Kastner reden. Und vielleicht können Sie mir noch etwas über Schönau sagen?«
Sie lachte kurz und trocken auf, sagte: »Schönau ist ein Schwein. Gibt nach außen das Bild eines ehrenwerten, über jeden Zweifel erhabenen Mannes ab, in Wirklichkeit ist er einfach nur ein mieser Typ. Ich kann mich an einen Empfang in den Privaträumen seiner Bank erinnern, wo er plötzlich mit einem sehr jungen Mädchen, das höchstens fünfzehn Jahre alt war, für eine halbe Stunde verschwunden ist. Schönau ist später wieder zu uns gestoßen, das Mädchen habe ich nicht mehr gesehen. Und das war mit Sicherheit nicht seine Tochter, denn so, wie er sie angefaßt hat, faßt man keine Tochter an. Mehr kann ich über ihn nicht sagen.«
»Wie kamen Sie auf diesen Empfang?«
»Hans. Es waren einige Geschäftskunden eingeladen, die meisten davon sind ohne Begleitung gekommen, es wurde viel getrunken und … na ja, auch das ist Vergangenheit.«
»Und die
Kirche des Elohim
sagt Ihnen bestimmt nichts?«
»Nur der Name. Aber daß Hans Mitglied dieser Kirche gewesen sein soll, ist mir völlig neu. Er hat
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