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Letzte Ausfahrt Neckartal

Letzte Ausfahrt Neckartal

Titel: Letzte Ausfahrt Neckartal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Scheurer
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den zerschlissenen Polstern und verdreckten Kunststoffteilen auch die Rücksitzbank, die offenbar als Müllhalde für leere Bierdosen und aufgerissene Verpackungen diente.
    »Sieht aus wie in Ihrem Mercedes.« Melchior verzog den Mund zu einem kurzen Grinsen.
    »Sehr witzig«, gab Treidler zurück. »Ich denke, da hat jemand was gesucht. Das Handschuhfach ist ausgeräumt, und die Reisetasche auf dem Rücksitz wurde ausgeleert. Der blaue Beutel daneben ebenfalls. Die Frage ist: Auf was hatte er es abgesehen? Wertsachen?« Er ging in die Knie, um den Toten besser betrachten zu können. Sofort drang ihm der penetrante Vanillegeruch des gelben Duftbaumes am Spiegel in die Nase.
    Der Körper hing leicht nach links geneigt im Fahrersitz. Sein Hinterkopf lehnte am Türrahmen und schaute nach rechts oben. Die langen blonden Rastalocken klebten wirr am Schädel wie nasse Holzwolle. Dazwischen, mitten auf der Stirn, prangte ein kleines, schmutziges Loch, das jede Frage nach der Todesursache überflüssig machte. Die Kugel musste aus nächster Nähe eingedrungen sein und hatte außer dem verkrusteten Rand keine sichtbare Blutung verursacht. Der Mund der Leiche stand offen, und die Zunge hing schlaff heraus. Die weit aufgerissenen Augen zeugten von der Angst, die der Mann vor seinem Tod ausgestanden haben musste. Trotz des entstellten Gesichts konnte Treidler die jugendlichen Gesichtszüge erkennen. Vermutlich war er nicht älter als Mitte zwanzig gewesen.
    »Nur ein Schuss?«, fragte er.
    »Soweit wir bisher sehen können«, antwortete einer der beiden Kriminaltechniker, die inzwischen auch die andere Hand des Toten eingetütet hatten. »Und keine Austrittswunde – die Kugel steckt bestimmt noch im Kopf.«
    Treidler schaute auf. »Kleinkaliber?«
    »Das wird sich zeigen.« Trotz seines auffälligen Schnauzbartes erkannte Treidler Josef »Sepp« Dorfler in der Kapuze erst auf den zweiten Blick. Der gemütliche Mittfünfziger hatte erst kürzlich die Leitung der Kriminaltechnik Rottweil übernommen.
    »Seid ihr mit allem durch?«
    »So gut wie.« Dorfler nickte. »Die Tatortfotos sind fertig, und die Faserspuren an seiner Kleidung haben wir gesichert. Bei den Fingerspuren außen am Fahrzeug macht uns allerdings der Regen einen Strich durch die Rechnung. Und die im Innenraum sichern wir erst bei uns in der Werkstatt.«
    »Todeszeitpunkt?«
    »Aufgrund der Körperkerntemperatur schätze ich so etwa um Mitternacht herum.«
    »Gibt es sonst noch was?«
    »Seine Taschen sind leer. Auch im Auto – keine Wertsachen. Wir haben das hier.« Er deutete mit dem Kinn auf das Armaturenbrett.
    Treidler folgte seinem Blick und entdeckte ein kleines durchsichtiges Papiertütchen mit schmalen dunkelgrünen bis bräunlichen Blättern. »Ist es das, nach was es aussieht?«
    »Wenn es für Sie wie Marihuana aussieht – ja. Jemand hatte es hinter den Aschenbecher gestopft. Und gerade eben hab ich das noch gefunden …« Dorfler wedelte mit einem rosafarbenen EU -Führerschein. »Der hat unter der Sonnenblende gesteckt.«
    Treidler wollte danach greifen, doch Dorfler zog blitzschnell den Arm zurück.
    »Erst Handschuhe anziehen«, forderte er mit erhobenem Zeigefinger. Er kramte in einer Tasche seines Overalls und warf Treidler einen Gummihandschuh zu.
    »Marek Kowalski, Katowice«, las Treidler, als er den Führerschein in latexverhüllten Händen hielt. »Geboren am 6.   Februar 1992. Verdammt jung – was für eine verfluchte Scheiße.« Er gab den Führerschein an Dorfler zurück und kam ächzend aus der Hocke hoch.
    »Kattowitz ist die Hauptstadt von Schlesien. Die Stadt liegt im Süden Polens«, sagte Melchior. »Ein ziemlich weiter Weg, um zu sterben.«
    Treidler hörte nicht richtig zu. Trotz der vielen Dienstjahre nahm ihn der Anblick eines derart jungen Mordopfers immer noch mit.
    »Lassen Sie uns hören, was der Tankwart zu sagen hat.« Melchior setzte sich in Bewegung.
    Treidler folgte ihr zu dem Grauhaarigen im blauen Overall. Je näher sie kamen, desto älter und kleiner wirkte der Mann. Schon von Weitem roch er nach Dieselöl und Wagenschmiere. Durch den Nieselregen klebten seine wenigen Haare an Stirn und Schläfe.
    »Mein Name ist Carina Melchior, Kriminalpolizei Rottweil«, stellte sie sich vor. »Das ist mein Kollege Wolfgang Treidler. Einer der Beamten hat uns gesagt, dass Sie den Toten gefunden haben. Ist das richtig?«
    Das aschfahle Gesicht des Tankwarts zeigte keine Regung. Erst ein paar Herzschläge später nickte er stumm

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