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Letzte Ausfahrt Neckartal

Letzte Ausfahrt Neckartal

Titel: Letzte Ausfahrt Neckartal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Scheurer
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Wohnzimmer ab, riss die Schubladen, alle Schränke auf und verlagerte schließlich seine Suche zurück in die Küche. Endlich entdeckte er das Vergrößerungsglas in der Besteckschublade und hielt es über das Foto. Er schaute weg, dann wieder durch das Glas, und allmählich machte sich das Gefühl des Triumphes in ihm breit. Sein Gespür hatte ihn nicht im Stich gelassen: Das musste er sein. Er war jünger, die Haarfarbe war nicht zu erkennen, aber er war es. Er musste es sein.
    Treidler legte die Lupe beiseite. Er hatte eine Vermutung, aber deswegen noch lange keinen Beweis in Händen. Das Foto belegte lediglich, dass sich die beiden kannten. Und es war eine lausige Schwarz-Weiß-Kopie. Ohne das Original fehlte die letzte Gewissheit. Und das befand sich in unerreichbarer Ferne.
    Er griff nach dem Handy und wählte die Nummer von Melchior. Noch während das Rufzeichen ertönte, suchte er seine Kleidung zusammen und begann sich anzuziehen.
    Ein leises Knacken drang aus der Leitung. »Melchior?«
    »Ja …«, gab sie verschlafen zurück.
    »Sie müssen kommen.«
    »Sind Sie das, Treidler?«
    »Ja.«
    Ein Stöhnen drang an seine Ohren. »Ich bin erst vor ein paar Stunden ins Bett.«
    »Kommen Sie. Ich habe auch nicht länger geschlafen.«
    »Wo sind Sie?«
    »Auf dem Weg ins Büro.«
    Einige Sekunde herrschte Stille am anderen Ende der Leitung. »Das hat doch bestimmt Zeit bis nach Ostern.«
    »Nein, hat es nicht. Dann ist er weg.«
    »Wer ist weg?«
    »Paschl.«
    »Treidler, bitte, ich dachte, das hätten wir geklärt.«
    »Was geklärt?«
    »Dass es keinen Grund gibt, ihn zu verdächtigen.«
    »Das sagen Sie. Ich glaube, dass ich ihn auf einem Foto in Markovics Akte entdeckt habe.«
    »Paschl?«
    »Natürlich Paschl. Was ist los mit Ihnen? Warum muss ich alles zweimal sagen?« Wenn es um diesen Geißenpeter ging, stand Melchior wirklich immer auf der Leitung.
    Wieder blieb es ruhig am anderen Ende der Leitung. Nicht einmal ihre Atemzüge konnte Treidler hören.
    »Sind Sie noch da, Melchior?«
    »Ja, bin ich.«
    »Warum sagen Sie dann nichts?«
    »Ich denke nach, verdammt.«
    »Denken Sie nicht so lange, sondern kommen Sie ins Büro. Ich will Gewissheit. Und Sie kennen Paschl von früher.«
    Außer der Bereitschaft befanden sich nur wenige Beamten im Gebäude der Polizeidirektion. Ein Umstand, der Treidler nicht ungelegen kam. Wenn man Nachforschungen anstellte, die nicht jeder mitbekommen sollte, war es von Vorteil, wenn möglichst wenige Kollegen im Revier waren.
    Während Treidler auf Melchior wartete, durchkämmte er ein weiteres Mal die Akte und fand noch ein halbes Dutzend anderer Bilder mit Markovic im Kampfanzug. Auf keinem jedoch konnte er den Zivilisten entdecken.
    Melchior traf eine gute halbe Stunde später ein. »Morgen«, grüßte sie, als sie durch die Tür trat. »Wollen Sie auch was?«, begann sie sogleich und hielt eine Tupper-Dose in die Höhe. »Es reicht bestimmt für uns beide.«
    »Was ist das?« Treidler betrachtete wieder das Bild mit den Soldaten und dem Zivilisten in Markovics Akte.
    »Obstsalat aus meiner Pension. Nach Ihrem Anruf hatte ich ja keine Zeit mehr zu frühstücken. Und an Feiertagen gibt es immer diesen leckeren Obstsalat.«
    »Soso.« Paschl musste für das BKA während des Krieges im Kosovo gewesen sein.
    »Das ist mit wenig Fett und kalorienarm.«
    »Dann essen Sie meinen Teil besser mit«, brummte Treidler. »Vermutlich reichen die Kalorien, um ein Fliegengewicht wie Sie am Leben zu halten.«
    »Sie haben wieder richtig gute Laune.« Melchior spießte ein Stück Ananas auf.
    »Nur weil mich Ihr Obstsalat nicht interessiert?«
    Melchior seufzte. »Also zeigen Sie mal her.« Sie stellte die Tupper-Dose neben Treidlers Telefon ab.
    Er schob ihr die aufgeschlagene Aktenmappe zu und reichte ihr die Lupe. »Der Typ in Zivil hinten rechts – das ist Paschl. Auf dem Bild hat er noch keine Glatze.«
    Melchior setzte sich auf den Besucherstuhl, nahm die Lupe zur Hand und betrachtete das Foto.
    »Das Bild ist schon ziemlich alt«, sagte Treidler, als sie nach einer Weile immer noch nichts erwidert hatte. »Zehn, fünfzehn Jahre.«
    Melchior nahm die Lupe herunter und setzte einen kritischen Blick auf.
    »Was ist?«
    »Ich bin mir nicht sicher«, entgegnete sie. »Das ist nur die Schwarz-Weiß-Kopie eines Fotos. Es ist ziemlich schwer, überhaupt was zu erkennen.«
    »Schauen Sie genauer hin – seine Gesichtszüge.« Sie musste ihn doch erkennen. Das Kinn, die Augen. »Stellen Sie

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