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Letzte Ausfahrt Neckartal

Letzte Ausfahrt Neckartal

Titel: Letzte Ausfahrt Neckartal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Scheurer
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die Pistole in Treidlers Hand und kniff die Augen zusammen.
    Es war vorbei. Hinter sich hörte Treidler Brenners Stimme, das laute Getrampel von Stiefeln auf dem Asphalt. Für einen winzigen Moment meinte er, im Dunkel hinter dem Opel ein Licht aufblitzen zu sehen. Noch bevor er hinschauen konnte, zerriss ein Schuss die Nacht. Dem lauten Knall folgte ein erstickter Schrei.
    Markovics weit aufgerissene Augen starrten Treidler an. Sein Mund war zu einem stummen Schrei geöffnet, der nicht enden wollte. Irgendwann senkte er den Kopf und schaute dem Blut nach, das aus seiner Brust drang. Mit beiden Händen drückte er dagegen, um es zurückzuhalten. Dann sackte Markovic zusammen, landete auf den Knien und versuchte, sich für einen Moment zu halten. Doch wie ein Sack kippte er vornüber, und sein Kopf schlug hart auf den Asphalt. Markovic lebte nicht mehr.
    Innerhalb von Sekunden umringten ihn SEK -Beamte, die Waffen auf den Toten am Boden gerichtet. Aufgeregte Schreie erklangen, Befehle wurden gebrüllt. Treidler hielt seine Pistole hoch, um den Männern zu signalisieren, dass keine Gefahr bestand.
    »Sie haben ihn erschossen«, sagte Melchior in dem Durcheinander. Sie stand neben Brenner und trat nach vorne. Ihr Blick wanderte zwischen Markovics Leiche und Treidler hin und her.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht geschossen. Der Schuss kam von da.« Treidler deutete in die Dunkelheit vor dem Opel Kadett. »Er muss irgendwo dort sein.«
    Brenner schickte seine Männer in das Waldstück, um nachzuschauen. Je zwei Beamte tasteten sich mit der Waffe im Anschlag beiderseits des Autos in das Halbdunkel vor.
    »Nichts«, erklang es nach einer Weile aus der Finsternis. »Da ist niemand.«

25
    Karfreitag, 21.   April
    In Unterwäsche saß Treidler am Küchentisch und rührte in seinem Kaffee. Der Morgen lag trüb über den Dächern der Stadt, und auf den Straßen herrschte Feiertagsruhe. Nach der langen Nacht auf der Rastanlage hatte er sich eigentlich vorgenommen, auszuschlafen. Doch kaum drei Stunden, nachdem er in den frühen Morgenstunden todmüde ins Bett gefallen war, hatten ihn Schüsse laut wie Kanonenschläge aus dem Schlaf gerissen. Ein irrer Alptraum: Markovic stand im Kampfanzug vor einem Erdloch und feuerte mit einer langläufigen Pistole immer wieder auf vier tote Körper, die bei jedem Treffer zuckten.
    Markovic war tot. Erschossen vor seinen Augen. Der Täter flüchtig. Er schüttelte den Kopf. Wie zum Teufel konnte das im Beisein eines Spezialeinsatzkommandos passieren? Spätestens nach Ostern würde auch für ihn das Geschehen der letzten Nacht ein Nachspiel haben. Schließlich hatte er den Einsatz koordiniert. Glücklicherweise verpisste sich Paschl heute noch nach Wiesbaden. Und so blieb ihm wenigstens seine Schadenfreude erspart.
    Er nahm die Tageszeitung vom Vortag zur Hand. Noch immer dominierten die Abhöraffären der Geheimdienste die Schlagzeilen. Er blätterte weiter. Der Bericht über einen weiteren Bürgerkrieg in einem afrikanischen Land nahm fast die Hälfte der Seite ein. Dazwischen ein unscharfes Bild, das eine Gruppe Uniformierter zeigte, die mit ihren Waffen vor einem ausgebrannten Jeep postierten. In deren Mitte ein unbewaffneter Mann in hellem Hemd und grauem Anzug. Er hatte die Arme verschränkt und reckte stolz sein Kinn in die Höhe. Bürgerkrieg eben. Somalia, Irak, Mali, Jugoslawien. Nur die Namen der Länder änderten sich.
    Treidler kam ein Foto aus Markovics Akte in den Sinn. Wie bei dem Zeitungsbild waren auf der Schwarz-Weiß-Kopie die Gesichter der Personen nur schlecht zu erkennen gewesen. Aber zwischen den Soldaten hatte auch ein Mann ohne Uniform gestanden, daran erinnerte er sich genau.
    Er sprang auf und kramte im Wohnzimmer nach Markovics Akte. Erst Minuten später entdeckte Treidler sie zwischen einem Stapel alter Tageszeitungen. Wie wild blätterte er die einzelnen Seiten durch und fand, wonach er suchte: Das Bild zeigte einige Männer in Kampfanzügen, die martialisch ihre Waffen in die Kamera hielten. Vorne links der schmächtige Markovic, dann vier weitere Männer in Uniform. Und tatsächlich, ganz hinten, halb verdeckt von einem weiteren Milizionär, stand ein Zivilist.
    Er kniff die Lider zusammen, hielt das Bild näher vor die Augen. Fast wie bei dem Zeitungsbild war das Gesicht nur schemenhaft zu erkennen. Der Kopf hatte gerade mal die Abmessungen eines Reißnagels. Ohne Vergrößerung war nicht viel zu machen.
    Wo war die Lupe! Treidler klapperte das

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