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Letzte Ausfahrt Neckartal

Letzte Ausfahrt Neckartal

Titel: Letzte Ausfahrt Neckartal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Scheurer
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normalerweise die Eintrittswunde ebenfalls ziemlich klein. Manchmal wird die äußere Verletzung komplett von Haaren oder Hautfalten verdeckt. Das macht sie auch für Gerichtsmediziner so schwer auffindbar. Doch nicht in diesem Fall – das liegt an dem Schalldämpfer.« Er schob die Schutzbrille auf seinem Kopf noch weiter nach hinten. »Und Karchenberg hat das Geschoss ja gleich gefunden.«
    »Ja, wir kennen seinen Bericht.«
    Dorfler nickte. »Was ich damit sagen will, ist, dass die Waffe nicht nur ungewöhnlich, sondern eigentlich eine Pistole für Sportschützen ist. Nur mit dem längeren Lauf und dieser speziellen Munition ist sie als Mordwaffe zu gebrauchen. Außerdem verfügt sie nur über einen Single-Action-Abzug.«
    »Ein Single-Action-Abzug?«, fragte Melchior und schob sich eine Strähne hinter das Ohr.
    »Beim Abdrücken wird nur der bereits gespannte Schlagbolzen ausgelöst, ohne irgendwelche anderen mechanischen Teile zu bewegen. Vor jedem weiteren Schuss muss der Hahn erneut von Hand gespannt werden.«
    Treidler runzelte die Stirn. »Das ist in der Tat erstaunlich. Der Mörder muss sich ziemlich sicher gewesen sein, dass er mit dem ersten Schuss den tödlichen Treffer landet.«
    »Genau das meine ich mit ungewöhnlicher Waffe«, entgegnete Dorfler.
    »Passt gut zu einem Profikiller.«
    »Das müssen Sie selbst herausfinden.« Wieder zuckte Dorfler mit den Achseln. »Aber ich halte das für die wahrscheinlichste aller Theorien.«
    »Haben Sie das Paschl auch so erklärt?«
    Dorfler nickte.
    »Und wie hat er darauf reagiert?«
    »Eigentlich überhaupt nicht.«
    »Wie sieht es aus mit Fingerspuren?«, fragte Melchior.
    »Hunderte.« Dorfler seufzte und winkte ab. »Die neueren Fingerabdrücke stammen von drei verschiedenen Personen. Ein Satz gehört zu dem Toten, die anderen zwei sind bei uns nicht registriert.« Er zögerte einen Moment und schien abzuwägen, ob er weiterreden sollte. Schließlich erklärte er mit gesenkter Stimme: »Aber dazu habe ich was Interessantes. Etwas, dessen Tragweite wir erst vor ein paar Stunden erkannt haben.«
    »Und das wäre?« Treidler beugte sich nach vorne.
    »Talkspuren«, sagte Dorfler, als ob er einen verborgenen Schatz entdeckt hätte.
    »Talkspuren?« Treidler hob die Augenbrauen.
    »Ja – Talkspuren«, bekräftigte Dorfler. »Talkum – nicht zu verwechseln mit Talg. In pulverisierter Form ist es auch als Steatit oder unter der chemischen Bezeichnung Magnesiumsilikathydrat bekannt.«
    Treidlers Begeisterung hielt sich in Grenzen. Dann hatte der Tote eben Talkum an den Händen gehabt. Das würde sie kaum weiterbringen.
    »Gut. Aber was ist Magnesiumsili…?«
    »Magnesiumsilikathydrat – das ist ein sehr häufig vorkommendes Mineral aus der Klasse der Silikate und Germanate.«
    »Danke für den Chemieunterricht«, entgegnete Treidler. »Aber damit kann ich nichts anfangen.«
    Dorfler atmete tief durch. Für gewöhnlich bedeutete das, dass er weit ausholen musste, um seine Schlussfolgerungen verständlich zu machen.
    »Erst dachte ich, wir haben unser eigenes Talkum gesichert. Sie wissen schon, das für die Fingerspuren. Doch es ist eine andere Verbindung, eine viel gewöhnlichere.«
    »Eine viel gewöhnlichere?«, fragte Treidler.
    »Ja.« Dorfler nickte. »Dieses Magnesiumsilikathydrat, das wir am Tatort entdeckt haben, benutzen viele: Turner, Gewichtheber, Kletterer, Artisten – alle, die trockene und griffige Hände benötigen.«
    »Und das haben Sie im Fahrzeug gefunden?«
    »Nein, nicht einfach nur gefunden.« Dorfler sprach jetzt schneller und unterstrich seine Worte durch Handbewegungen. »Es war schlicht überall im Wagen – außer am Schlüsselanhänger. Und zwar in minimalen Spuren neben den Fingerabdrücken einer der beiden unregistrierten Personen. Wenn Sie mich fragen, hat der Typ Reste von Magnesiumsilikathydrat an den Händen gehabt, als er das Auto durchsucht hat.«
    »Welcher Schlüsselanhänger?«, fragte Melchior.
    »Der hier.« Dorfler bückte sich und zog unter dem Tisch eine blaue Plastikbox von der Größe eines Schuhkartons hervor. Er stellte sie ab. Treidler und Melchior steckten die Köpfe zusammen und starrten hinein.
    In der Box befanden sich die persönlichen Dinge des Toten – der Führerschein, eine Geldbörse, ein einfaches Kunststofffeuerzeug und eben der Autoschlüssel, der an einem Miniaturfußball befestigt war. Treidler betrachtete den Anhänger genauer. Auf den ersten Blick handelte es sich um ein billiges

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