Letzte Ausfahrt Neckartal
überlassen. Ich irre mich in solchen Dingen nicht.«
Treidler stieß einen Laut der Belustigung aus. »Einmal ist immer das erste Mal.«
Paschl schnaufte schwer. Nur langsam wurde sein Atem ruhiger. »Und was sollte ich Ihrer Meinung nach jetzt tun? Die Ermittlungen einstellen? Nur weil Ihr kleiner Türke behauptet, er hätte dieses Gespräch mit einer geklauten SIM -Karte geführt.«
»Ja.«
»Warum ist er dann verschwunden?«
»Angst, Feigheit, Hämorriden – suchen Sie sich was aus.« Allmählich schob sich Paschl noch vor Winkler auf den ersten Platz von Treidlers gut gefüllter Arschlochliste. »Mehmet Bayrams Aussage ist absolut glaubhaft.«
»Ist absolut glaubhaft.« Paschl zog eine Augenbraue hoch und musterte Treidler unverhohlen. »Wenn Sie wüssten, was dem BKA bereits alles als ›absolut glaubhaft‹ verkauft wurde. Falls wirklich was dran ist, mache ich mir schon selbst ein Bild davon.«
»Mehmet Bayram ist zur Fahndung ausgeschrieben. Es kann nicht lange dauern, bis er aufgegriffen wird.«
Nochmals atmete Paschl durch. »Wie gesagt, wenn Sie mir den Mann bringen, höre ich Ihnen zu. Und bis dahin bleibt alles so, wie heute Morgen beschlossen.«
»Das heißt?«
» KHK Winkler wird die Ermittlungen leiten, sobald er am Montag von seinem Lehrgang zurück ist.«
Treidler blickte zu Winkler und erntete von ihm ein abfälliges Grinsen, während Borchert immer noch damit beschäftigt war, seinen finsteren Gesichtsausdruck mit zusammengekniffenen Augen zu perfektionieren.
»Gut – dann sind wir hier fertig.« Paschl klatschte in die Hände. »An die Arbeit.« Mit einem Lächeln schaute er in die Runde und verließ den Besprechungsraum. Er wirkte nicht mehr ganz so entschlossen, wie er eingetreten war.
Treidler trat zu den beiden Schlipsträgern. Winkler schob die Hände in die Hosentaschen, streckte den Bauch heraus und sah stur an ihm vorbei zum Fenster.
»Kannst du dich daran erinnern, was ich noch am Montag zu dir gesagt habe?«, fragte Treidler.
Winkler reagierte nicht.
»Ich helfe mal nach: Deine Ermittlungen waren oberflächlich und dilettantisch. Du lagst mit allem daneben.«
Winkler verzog noch immer keine Miene.
»Du bist auf dem besten Weg, den gleichen Fehler erneut zu begehen. Ob das deine Karriere vorwärtsbringt, musst du selbst entscheiden.«
Winkler mied Treidlers Blick und schaute nach wie vor hinüber zur Fensterfront.
7
Treidler starrte auf den dunkelblauen Plastikköcher auf seinem Schreibtisch, der als Aufbewahrungsort für Stifte diente. Seine Laune war auf dem Tiefpunkt angelangt. Die Lust, Paschls Spinnereien nachzulaufen und Winkler als Ermittlungsleiter zu akzeptieren, lag bei null. Er griff nach dem Mercedes-Stern, der immer noch auf der Schreibtischunterlage lag, drehte ihn hin und her und betrachtete das stumpfe Metall, während es durch seine Hände glitt. Vielleicht sollte er den Mercedes gleich in die Werkstatt bringen. Obwohl, der Wagen hatte schon so viele Jahre auf dem Buckel, da lohnte sich eine Reparatur nicht mehr.
Erneut fiel sein Blick auf den Plastikköcher. Er kippte den Inhalt in den Papierkorb und steckte den Mercedes-Stern in die längste Röhre. Da dieser auch nach mehreren Versuchen nicht stecken bleiben wollte, pappte er ihn mit einer dicken Schicht Klebestreifen fest. Zufrieden betrachtete er sein Werk und versuchte, den Köcher auf seinem Computermonitor abzustellen. Doch erst als er dort ebenfalls mit einigen Klebestreifen nachgeholfen hatte, hielt seine Konstruktion.
»Das rechtsmedizinische Gutachten ist fertig«, rief Melchior beim Eintreten und winkte mit einem dünnen Stapel Blätter. Im Gegensatz zu ihm schien ihr Paschls grenzenlose Ignoranz nichts auszumachen.
»Und? Irgendwas Interessantes?« Treidler fragte mehr aus Höflichkeit. Der Mercedes-Stern im Plastikköcher hatte sich zur Seite geneigt.
»Das weiß ich noch nicht. Ich hab’s nur überflogen.« Sie setzte sich an ihren Schreibtisch und blätterte im Bericht. »Geringe Mengen aktives THC «, sagte sie, »und null Komma sechs Promille Blutalkohol.«
»Er hat also kurz vor seinem Tod von dem Marihuana geraucht und ein paar Bier getrunken.« Gleichgültig richtete Treidler den Mercedes-Stern im Köcher auf. »Das lag auf der Hand. Aber was hat die Obduktion ergeben?«
»Warten Sie, ich bin gleich so weit.« Melchior blätterte ein paarmal hin und her. Wieder dauerte es eine Weile, bis sie schließlich mit einiger Überraschung in der Stimme sagte: »Aus naher
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