Letzte Ausfahrt Neckartal
Werbegeschenk, wie es sich vermutlich zu Tausenden in Umlauf befand. Sogar der obligatorische Werbeaufdruck fehlte nicht. Er kniff die Augen zusammen und las: POLAND – UKRAINE UEFA EURO 2012 , stand dort in kleinen roten Lettern.
»Kann ich mir das mal näher anschauen?«, fragte Melchior, die dicht neben ihm stand.
Dorfler nickte. »Ja, ist alles schon freigegeben.«
Mit nur zwei Fingern ergriff Melchior den Schlüssel am Ring und zog ihn langsam aus der Box. Sie betrachtete kurz den Aufdruck und drehte den Plastikfußball ein paarmal in ihrer Hand. Zuerst vorsichtig, dann stärker klopfte sie mit dem Anhänger auf die Tischplatte. Es bildete sich ein winziger Spalt, der den Ball genau in der Hälfte teilte. Sie zog auf einer Seite und hielt plötzlich zwei Teile in den Händen, wobei eines davon eine Art Stecker, das andere die zugehörige Steckdose darzustellen schien.
»Was ist das?«, fragte Treidler und musterte die beiden Teile in Melchiors Händen.
»Ein USB -Stick.«
»Ein USB -Stick?«
Melchior hob die Augenbrauen und grinste. »Sie entstammen tatsächlich dem prädigitalen Zeitalter, oder? Das ist ein Datenträger ähnlich einer Speicherkarte.«
»Ich weiß, was ein USB -Stick ist.« Diese verdammten Dinger wurden immer kleiner.
»Sicher«, entgegnete sie schnell. »Und ich will wissen, was sich darauf befindet.«
»Lassen Sie sich nicht aufhalten.«
Melchior wandte sich an Dorfler. »Haben Sie ein Notebook, das wir benutzen können? Eines, mit dem wir uns das hier anschauen können, ohne dass wir dabei die gesamte Polizeidirektion mit einem Virus anstecken?«
Wortlos holte Dorfler ein Notebook vom Tisch nebenan herbei und drückte den Einschaltknopf. »Der Computer ist völlig autark und genau für solche Zwecke gedacht. Damit verschaffen wir uns immer einen ersten Überblick vom Inhalt der CD s und Festplatten, die wir beschlagnahmen.«
Das Gerät startete mit einem lauten Surren und zeigte nach einer gefühlten Ewigkeit den Startbildschirm an. Dorfler meldete sich an. »Jetzt bin ich aber gespannt«, sagte er, als er Melchior das Gerät hinschob.
Melchior steckte den USB -Stick ein und wartete, bis das System den neuen Datenträger erkannt hatte. Sekunden später poppte ein Bildschirmfenster mit dem nichtssagenden Namen » USB -Drive« auf. Gleichzeitig erschienen drei Symbole, die den Inhalt des Datenträgers darstellten. Jeweils darunter standen die Dateinamen: »zork.zip«, »zork.exe« und »config.xml«.
»Das ist ein Archiv, das weitere Dateien enthält.« Melchior klickte auf das Symbol namens »zork.zip«. Es öffnete sich ein neues Fenster mit einer Handvoll Dateinamen. Sie versuchte, nacheinander die Dateien zu öffnen. Als Ergebnis erhielt sie jedes Mal eine Meldung, die zur Eingabe eines Passwortes aufforderte.
»Verschlüsselt«, stellte Melchior fest und verzog das Gesicht. »Mit diesen Dateien können wir nichts anfangen.«
»Dann klicken Sie doch mal dadrauf.« Treidler deutete auf die Datei mit dem Namen »zork.exe«.
»Den Teufel werde ich tun. Ein unbekanntes Programm zu öffnen ist wie russisches Roulette: Man weiß nie, was passiert, wenn man abdrückt.«
»Und diese hier?«
Melchior öffnete die Datei namens »config.xml«. Ein wirr anmutender Haufen von Zahlen und Buchstaben, getrennt durch Winkel oder Schrägstriche, füllte den Bildschirm. Erst auf den zweiten Blick erschien eine zeilenartige Struktur, und Treidler erkannte eine Liste mit Dutzenden von mehrstelligen Zahlen, die jeweils mit Punkten in vier Blöcke aufgeteilt waren.
»Was ist das?«, fragte er.
»Eine Konfigurationsdatei. Und die Nummernblöcke hier sind IP -Adressen«, antwortete Melchior.
» IP -Adressen?« Treidler runzelte die Stirn.
Melchior nickte. Jeder Computer, jedes Smartphone, jeder Router, jeder DVD -Spieler, sogar jeder Fernseher hat eine eindeutige IP -Adresse, sobald er mit dem Internet verbunden ist.«
»Logisch.« Fernseher hatten auch IP -Adressen? Man lernte nie aus. Treidler deutete auf den Bildschirm. »Aber was ist mit den beiden anderen Dateien?«
»Ich habe keine Ahnung.« Melchior zuckte mit den Achseln. »Ich denke, das eine ist ein Programm.«
»Ein Programm für welchen Zweck?«
»Wenn ich das wüsste, wären wir schon ein Stück weiter.« Sie wandte sich an Dorfler. »Haben Sie einen HEX -Editor auf dem Rechner?«
Dorfler deutete auf ein Symbol am linken Bildschirmrand, das einen hellblauen Schreibblock darstellte. »Hier.«
Melchior zog mit der Maus die
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