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Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Titel: Letzte Ausfahrt Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Tod?
    Nababik erschien, blickte in die Kabine. Ich bat ihn zu uns. Ich räumte ihm den Platz neben Inga ein.
    »Wir machen gute Fahrt. Die Stimmung an Bord ist hervorragend. Die Männer halten dich für einen glänzenden Kapitän«, sagte er und nahm Ingas Hände in die seinen. Meine Tochter erhob sich.
    »Vater, tschüss«, sagte sie und küsste mich auf die Stirn. Nababik blinzelte mir zu und sagte: »Kopf hoch, Klaus!«
    Sie verließen die Kabine.
    Kaya saß wie eine Prinzessin aus Tausendundeiner Nacht auf der Koje, und ich wusste nicht, ob uns das Schicksal tausend oder nur vierzehn Nächte bescherte, doch keine wollte ich auslassen.
    Ich löschte das Licht, verschloss die Kabine und legte mich zu ihr, als wäre ich Sindbad der Seefahrer.
     
    Es war schon dunkel, als ich Kaya zu ihrer Kabine brachte und danach die Brücke aufsuchte.
    Beppo hielt das Ruder, während Nababik schweigend über den Bug in die Nacht blickte.
    Das Meer lag ruhig vor uns, und ich hörte, wie die Sea Ghost das Wasser schnitt. Ein herrliches Bild bot sich meinen Augen. Der südliche Sternenhimmel setzte Lichter, denen ich meine Hoffnungen entgegenschickte. Auch ich schwieg, um den Frieden, der uns umgab, nicht zu stören.
    Noch am Nachmittag hatte ich mich um die Mannschaft gekümmert, ihnen mein Interesse an ihrer Arbeit gezeigt und bemerkt, dass sich selbst der verräterische Liebenau auf dem Kurs einer beruhigenden Annäherung befand.
    Sorgen bereitete mir der angeschossene Seemann, dessen Wunde wir mit Jod und Penizillintabletten nicht in den Griff bekommen konnten. Sicher zählte in den Kreisen, in denen ich mich zurzeit bewegte, ein Menschenleben wenig, aber Maru Malky gehörte immer noch zum Team der Sea Ghost.
    Ich wartete lange, bevor ich Nababik fragte: »Wo befinden wir uns?«
    Er drehte sich um und sagte: »Du denkst an Malky, das ehrt dich.«
    »Ja«, antwortete ich.
    »Klaus, auch ich suche nach einer Möglichkeit, Inga, Kaya und dem Seemann das Leben zu retten«, sagte er und trat an meine Seite.
    Auf der Brücke war es dunkel, nur die Lichter der Armaturen leuchteten und über den Radarschirm huschte der Suchstrahl. Dankbar legte ich Nababik meine Hand auf die Schulter und wartete auf seine Ausführungen.
    Mit fahrigen Händen zog er eine Zigarettenschachtel hervor, entnahm ihr eine Zigarette und hielt mir die Packung hin. Ich bediente mich, und wir rauchten, ohne zu sprechen.
    Ich beobachtete Beppo, der eine grünliche Drillichjacke trug und dessen Offiziersmütze wie eine verrutschte Krone auf seinem schwarzen Lockenhaar saß.
    Erst nach einer Weile holte Nababik den Aschenbecher, drückte die Kippe aus und hielt ihn mir hin.
    Ich folgte seinem Beispiel. Er stellte den Aschenbecher ab, durchsuchte die Seekarten, zog eine aus dem Stapel und sagte: »Komm mit. Wir gehen zu dir.«
    Beppo rief uns nach: »Hier oben geht alles klar!«
    Ich wusste, dass er zuverlässig war, mehr noch, in Nababik nicht nur seinen Chef, sondern auch seinen Freund sah.
    Es war gegen die Vorschriften, ihn allein auf der Brücke mit der Schiffslenkung zu betrauen.
    Meine Kabine wirkte friedlich und heimisch. Ich holte Beck’s-Bier aus dem Kühlschrank, den Achmed Ben Dota mir aufgefüllt hatte, und stellte die Flaschen auf den Tisch, während Nababik die Seekarte ausbreitete und den Knopf der Tischlampe drückte.
    Wir tranken das Bier ohne Gläser. Mein Körper war wie ausgetrocknet, und ich trank, bis die Flasche leer war.
    »Wie dir bekannt ist, haben wir im spanischen Hafen Sant Feliu de Guixols Obstkonserven an Bord zu nehmen. Vielleicht eine Finte. Es können Waffen sein, oder wir fahren ohne Fracht weiter«, sagte er.
    Sein Gesicht wirkte ernst, und ich hatte den Eindruck, dass er mit irgendwelchen Entscheidungen rang.
    Sicher benötigte er von mir keine Zustimmung oder Hilfen, denn keiner wusste besser als er, dass ich an Bord nur eine Marionette war.
    Er trug die Verantwortung für die heiße Ware und den Kurs des Schiffes. Nur für den Fall eines Scheiterns seiner Mission konnte er sich darauf berufen, dass er im Libanon nicht an Bord gewesen war, als die Sea Ghost die Fracht übernommen hatte, und er in der Praxis auf See das ausführte, was der Kapitän anordnete. Dann war ich dran als Kapitän Harms, und niemand würde mir meine Geschichte abkaufen.
    Mein Blick folgte seinem Finger, den er auf die Karte setzte. Der Ort, vor dem der Finger zum Stehen kam, halbierte die Strecke von der spanisch-französischen Grenze bis nach

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