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Letzte Ausfahrt Oxford

Letzte Ausfahrt Oxford

Titel: Letzte Ausfahrt Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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war. »OULBCST. Besucher bitte klingeln und warten.« Er schellte. Sie warteten. Die Tür war schwarz und benötigte dringend einen neuen Anstrich. Kate murmelte vor sich hin: »Oulbezest«, aber Andrew meinte nur knapp: »Sag einfach Team. Die Leute, auf die es ankommt, wissen, wer gemeint ist.«
    Die Fassade des Gebäudes war grau und wirkte ziemlich baufällig; sie sah aus, als ob sich jeden Augenblick der eine oder andere Stein lösen und auf ihre Köpfe stürzen könnte. Kate trat einen Schritt zurück. Im gleichen Moment bellte eine blecherne Stimme »Wer ist da?« durch ein rechts an der Tür angebrachtes Gitter.
    »Grove und Ivory«, antwortete Andrew. »Wir werden erwartet.«
    »Musst du kein Passwort sagen?«, flüsterte Kate kichernd.
    »Jetzt noch nicht«, gab Andrew leise zurück.
    Die Tür summte ihnen entgegen, Andrew stieß sie auf, und sie traten ein.
    Der Flur roch nach Moder, Verfall und feuchten, verrottenden Holzbohlen. Grüne und beige Hochglanzfarbe blätterte blasig von alten Wänden. Durch geöffnete Türen erhaschte Kate Blicke auf windschiefe Schränke und ganze Räume voller vor sich hin schimmelnder, veralteter, unerwünschter und vergessener Aktenordner und ebensolcher Möbel. Sie folgte Andrew eine Treppe hinauf in ein großes Zimmer, das von einem grauen Marmorkamin dominiert wurde. Hinter grün gestrichenen Gittern reihten sich Bücherregale aneinander. Der Pilzgeruch machte sich auch noch bemerkbar, als Andrew die Tür längst geschlossen hatte.
    »Das ist Kate Ivory. Die Frau, von der ich Ihnen erzählt habe«, stellte Andrew vor. »Kate, das ist Charles.«
    Hatte der Mann etwa keinen Nachnamen? Für sie anscheinend nicht. Sie trat einen Schritt nach vorn und hielt ihm ihre Hand hin. Er nahm sie mit so schlaffen Fingern, als lehne er zwischenmenschlichen Kontakt grundsätzlich ab.
    Er war etwa Anfang vierzig und ziemlich dünn. Sein mausgraues Haar wich bereits deutlich zurück, und die weiche, papierene Haut deutete auf wenig sexuelle Aktivität hin.
    »Du darfst dich setzen, Kate«, sagte Andrew, aber sein Blick sagte ihr, sie dürfe jetzt auch ruhig aufhören, Charles anzustarren. Vermutlich wusste er, dass sie sich im Geiste Notizen machte und den unglückseligen Charles in ihren nächsten Roman einbauen würde – vielleicht als Frau.
    Charles blickte sie mit gerunzelten Brauen an. Er hatte überraschend braune Augen unter gelblichen, aufgedunsenen Lidern. »Sind Sie sicher, dass Kate versteht, welcher Diskretion es bei diesem Job bedarf?«, wandte er sich an Andrew, als ob sie gar nicht anwesend wäre.
    »Ich glaube, Sie können ihr trauen.«
    »Ich weiß durchaus zu schweigen«, sagte Kate. »Und normalerweise laufe ich weder mit einem Vergrößerungsglas durch die Gegend, noch stelle ich aufdringliche Fragen, wenn Sie das mit Diskretion meinen.«
    Charles seufzte und ging zu seinem Stuhl zurück. Er war so dürr, dass sich die beigen Cordhosen um seine Beine bauschten. Außerdem waren die Hosenbeine deutlich zu kurz; der erhebliche Abstand zwischen Umschlag und Schuhen wurde durch graue Wollsocken ausgefüllt. »Wenn Sie für uns arbeiten wollen, müssen Sie schon etwas raffinierter vorgehen«, sagte er mit seinem dünnen Stimmchen und setzte sich an seinen Schreibtisch.
    »Ehrlich gesagt dachte ich, Sie wollten es mir überlassen, wie ich die Wahrheit herausfinde«, stichelte Kate, ohne auf Andrews finsteren Gesichtsausdruck zu achten.
    »Wenn die Leute Verdacht schöpfen, werden Sie ihnen natürlich erzählen müssen, dass Sie Schriftstellerin und auf der Suche nach neuem Material für Ihre Bücher sind. Wir wünschen auf keinen Fall, dass jemand von Ihrer Arbeit für uns erfährt«, erklärte Charles.
    »Ich glaube kaum, dass ich unter solchen Bedingungen arbeiten möchte«, sagte Kate,
    »Wirklich nicht? Wie viel ist denn von deinem Vorschuss noch übrig?«, wollte Andrew wissen.
    »Hör auf mit deinen Beeinflussungsversuchen, Andrew«, zischte Kate. »Ich hatte mich entschieden, den Job anzunehmen, weil er mich interessiert und weil ich glaube, ich könnte ihn gut machen. Aber auf keinen Fall lasse ich mich von dir und deinem Freund einfach so überfahren. Wenn mir die Bedingungen nicht passen, mache ich es eben nicht.«
    »Dann gehst du also lieber nach Hause zu deinem Saxophonspieler und deinem angehenden Ringo Starr, oder?«
    »Zu wem? Oh, manchmal vergesse ich, wie alt du schon bist, Andrew.«
    »Könnten wir vielleicht weitermachen?«, fragte Charles und blickte

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