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Letzte Ausfahrt Oxford

Letzte Ausfahrt Oxford

Titel: Letzte Ausfahrt Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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Dein Gehalt übernehmen nämlich wir. Die kleinen Büchereien werden lediglich gebeten, eine kleine Pauschalzahlung zu leisten.«
    »Du wirst ihnen hoffentlich von meinen Kaffeepausen und den Schokoladenplätzchen erzählen, die ich gerne zum Tee esse.«
    »Ich stelle sicher, dass du in den Job, den du tun sollst, eingearbeitet wirst. Du solltest dich zurechtfinden, ohne alle fünf Minuten um Hilfe bitten zu müssen, denn sonst wirst du einen schweren Stand haben. Ich nehme an, die Grundzüge des Katalogisierens sind dir noch geläufig, aber morgen Früh gebe ich dir vorsichtshalber einen Auffrischkurs. Nachmittags nehme ich dich mit in die Erfassungsabteilung der Bodleian. Dort bekommst du einen Crashkurs in Nacherfassung.«
    »Du hast eine Liste von dreizehn Leuten erwähnt, die eine Vollmacht zum Löschen von Einträgen haben. Hast du die zufällig hier?«
    Andrew begann, zwischen den Ordnern und Papieren auf seinem Schreibtisch herumzukramen. Kate studierte inzwischen die langweiligen Bücher auf seinen Regalen. Wie man Angestellte zu mehr Leistung motiviert lautete einer der Titel, der ihre Aufmerksamkeit fesselte. Sie hoffte, Andrew würde nicht ausgerechnet an ihr üben. In diesem Augenblick zog er eine Schublade heraus und entnahm ihr ein Blatt Papier.
    »Die Liste darf diesen Raum nicht verlassen. Also schau sie dir an und versuche, die Namen zu behalten.«
    Sie nahm die maschinengeschriebene Aufstellung und las sie durch. Die ersten drei Namen waren leicht zu behalten: Charles Trim (aha, dann war sein Name wohl Trim), Andrew Grove, Graham Kieler. Es folgten die Namen der Bibliothekare einiger Fachbibliotheken, des Chefs von Kennedy House, dem Zentrum für Nordamerikanische Studien, und ein paar weitere Namen, die Kate nicht geläufig waren.
    »Diese drei hier arbeiten in der Bodleian«, sagte Andrew und wies auf die betreffenden Namen. »Dann sind da die paar Leute, die für Fakultätsbüchereien zuständig sind, und die beiden letzten gehören zu Dependancen der Bodleian.«
    Er ließ sie die Liste eine Zeit lang studieren, und sie versuchte, die Namen auswendig zu lernen.
    »Wie soll ich es eigentlich schaffen, in vier oder fünf Bibliotheken jeweils dreißigtausend Bücher nachzuerfassen und überdies noch die wichtigen Leute zu befragen? Da brauche ich ja mindestens zehn Jahre!«
    »Daran habe ich auch schon gedacht. Du wirst in jeder Bibliothek nur eine relativ kurze Zeitspanne verbringen. Deine Aufgabe ist es, abzuschätzen, wie viele Bücher erfasst werden müssen, wie schwierig das Prozedere sein wird und wie viele Arbeitsstunden und Rechnerkapazität benötigt werden. Du bleibst überall ein paar Tage, katalogisierst ein paar hundert typische Bücher und schreibst anschließend einen Bericht, damit sie ungefähr wissen, wie lange sie für die gesamte Nacherfassung brauchen, und sie ihre Ausgaben planen und ihren vorgesetzten Stellen ein paar Zahlen und Fakten präsentieren können.«
    »Und dann? Erobern wir die Welt?«
    »Nicht vor nächsten Montag, wenn ich dich bei deiner ersten Bibliothek abliefere.«
     
    Schon am folgenden Morgen stand Kate wieder in Andrews Büro.
    »Muss ich noch einmal schwören, in der Bodleian Bibliothek kein Feuer zu legen?«
    »Nein«, antwortete Andrew, »einmal reicht. Aber du brauchst einen Zugangsausweis für Angestellte. Ich begleite dich nach oben ins Studio.«
    Zwar hörte sich »Studio« nach Kunst und Professionalität an, aber auf dem Foto für den Ausweis sah Kate wie eine Kriminelle aus, mit weißem Gesicht, starren, runden, schwarzen Augen und blässlichem Haar, das über ihrer Stirn abstand, als hätte man sie gerade mit Elektroschocks behandelt. RETROCON stand auf der Karte. Das Wort klang drohend und unverständlich. Kate kam sich vor wie eine Verurteilte. Wenn sie allerdings die Karte vor der Nase der blau befrackten Türsteher schwenkte, dann lächelten sie und erlaubten ihr den Zutritt zu den erlauchten Hallen der Bodleian Bibliothek.
    Als Erstes fiel Kate der Unterschied zwischen dem offiziellen und dem privaten Gesicht der Bodleian auf. Der Universitätshof zog das ganze Jahr hindurch Massen von Touristen in seinen Bann. Meist verschafften ihnen Führer einen mehr oder weniger genauen Überblick über die Geschichte der Gebäude. Auch Kate hatte schon vor der fünfhundert Jahre alten Pracht der Divinity School den Atem angehalten und den Duft von Bienenwachspolitur in der Duke Humfrey’s Library erschnüffelt; in dieser Bibliothek standen die

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