Letzte Ausfahrt Oxford
gut aus, Fiona. Sie haben deutlich mehr Bücher erfasst als sonst.«
»Wirklich?« Verblüfft blickte sie ihn an. »Eigentlich habe ich nicht den Eindruck, aber Statistiken irren sich ja bekanntlich nie.«
Das nicht, dachte Kate, aber sie können durchaus kleine Schwindeleien aufdecken. Vielleicht hat jemand dein Passwort benutzt und Einträge unter deinem Namen verändert. Natürlich würde das deine Quote verbessern. Sie erhaschte einen Seitenblick von Graham Kieler. Zweifellos war ihm der gleiche Gedanke gekommen, und vermutlich würde er Fionas Einträge prüfen.
Kate und Chris Johnston kehrten zurück in Angela Rugbys Büro. Während der vergangenen Stunde waren noch mehr Bücherpakete angekommen, doch Angela wirkte ebenso gefasst wie zuvor. Ehe der Direktor die beiden Damen allein ließ und an seinen eigenen Arbeitsplatz zurückging, fragte Kate ihn nach Victor.
»Ach, Victor Southam. Er arbeitet inzwischen nur noch Teilzeit. Sie werden ihn beim Mittagessen kennen lernen. Er kommt nachmittags und ist seit Bestehen des Instituts, also seit den siebziger Jahren, bei uns. Er katalogisiert ein wenig, und soweit ich weiß, erstellt er gerade eine Art Bibliographie.«
»Haben Sie überhaupt schon unsere Bücher zu Gesicht bekommen?«, fragte Angela, nachdem der Direktor gegangen war. »Nicht? Dann zeige ich Ihnen jetzt unseren Lesesaal und die Buchaufbewahrung.«
Beides war wirklich hübsch, mit gut ausgeleuchteten Schreibtischen, Regalen aus Eichenholz und einem dicken Teppichboden, der jeden Trittlaut schluckte. Meine Güte, welch ein Unterschied zu unserer guten alten Bodleian, fuhr es Kate treulos durch den Kopf. Die Buchaufbewahrung erstreckte sich über mehrere Stockwerke unter dem Lesesaal und verfügte sowohl über bewegliche Regalsysteme als auch einen Aufzug zu den oberen Etagen.
»Wir sind in der Lage, unsere Leser innerhalb einer Viertelstunde mit den gewünschten Büchern zu versorgen«, sagte Angela. »Auch schneller, wenn es unbedingt sein muss.«
»Dürfen Ihre Kunden die Bücher mit nach Hause nehmen?«
»Nein. Wir besitzen nur eine Ausgabe von jedem Werk, genau wie die Bodleian, und die muss natürlich jederzeit verfügbar sein. Im Lesesaal liegt ein Verzeichnis, aus dem jederzeit ersichtlich ist, welches Buch gerade ausgegeben ist.«
»Damit hat also jedes Buch, das nicht im Regal steht, eine zugehörige Karte im Lesesaal?«
»Genau. Sollte das einmal nicht der Fall sein, ist es entweder falsch eingeordnet worden oder jemand hat es gemopst.«
Sie durchquerten den Lesesaal und gingen über einen kleinen Innenhof, in dem ein von Bänken und Grünpflanzen umstandener Springbrunnen plätscherte. Ganz anders als der übliche Oxford-Rasen, dachte Kate. Dann betraten sie ein kleines, modern gestaltetes Gebäude.
»Hier haben wir die Jugendliteratur untergebracht, die uns von einem verstorbenen Spender vermacht worden ist.« Das Geschenk schien sie nicht sonderlich zu begeistern.
Der kleine Anbau war ebenfalls sehr hübsch und obendrein menschenleer. »Wir planen, demnächst noch andere Sammlungen hier unterzubringen, und halten es für sinnvoll, die Bücher im Computer nachzuerfassen, während wir sie umstellen. Es wäre mir lieb, wenn Sie diese Kinderbücher hier durchgehen könnten. Ich wüsste gern, wie viel Zeit wir für die Nacherfassung veranschlagen müssen, denn natürlich soll nicht zu viel von unserer Arbeitszeit dafür draufgehen.«
»Hat sich nicht Victor Southam bereits um die Katalogisierung gekümmert?«
»Ich glaube kaum, dass er sehr weit gekommen ist. Wenn Sie im Titelverzeichnis nachsehen, können Sie feststellen, welche Bücher er bereits in den Computer eingegeben hat.«
»Wenn Sie möchten, kann ich direkt hier anfangen«, schlug Kate vor. »Innerhalb von drei bis vier Stunden könnte ich Ihnen sicher schon eine Einschätzung geben.«
»Prima. Dort im Büro steht ein PC. Ich weiß nicht, ob es Ihnen etwas ausmacht, ganz allein zu arbeiten. Aber es ist sicher angenehmer, als die Bücher jedes Mal in unser Hauptbüro zu transportieren.«
»Ich bin gern allein«, sagte Kate. Vor allem mit diesem Blick auf einen Rasen und Blumenbeete, und mit Bäumen, die mich vor Blicken von der Straße und Verkehrslärm schützen, fügte sie im Geist hinzu.
In Kennedy House aß die Belegschaft gemeinsam zu Mittag. Es gab einen eigenen Speiseraum, wo die Mahlzeiten an einem Schalter ausgegeben wurden und man an einem langen Tisch zusammensaß.
Wenn Andrew und Charles Recht
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