Letzte Ausfahrt Oxford
Bildschirm. »Martin L. Preston stammt aus den Vereinigten Staaten und arbeitet hier im Austauschverfahren. Er registriert unsere offiziellen Papiere.«
»Nennen Sie mich ruhig Marty«, sagte der junge Mann, und Kate lächelte ihn an, denn Marty war hochgewachsen, breitschultrig, schwarz und wunderschön. Warum wurden nicht endlich auch einmal gut aussehende Engländer Bibliothekarsassistenten?
»Das hier ist unser Hauptbüro und gleichzeitig der Erfassungsraum«, sagte der Direktor im Weitergehen und öffnete die nächste Tür. »Wir waren der Meinung, es sei freundlicher und heller, beides in einem großen Raum unterzubringen, anstatt zwei kleine Kabüffchen daraus zu machen.«
Recht hat er, dachte Kate. Sie wurde der Sekretärin, dem Rechnungsführer und dem Hausmeister vorgestellt.
»Haben Sie Graham Kieler schon kennen gelernt? Er arbeitet für das Sicherheitsteam der Bibliotheken. Graham ist hier, um unsere Sicherheitsvorkehrungen für die Computer zu überprüfen.«
»Guten Tag.« Er war noch nicht sehr alt, befleißigte sich aber höflichster Umgangsformen und trug einen dunkelgrauen Anzug zu weißem Hemd und blauer Krawatte.
»Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass irgendwer unsere Computer ausspionieren will«, meinte der Hausmeister. »Bei uns ist doch wirklich nichts Interessantes oder Wertvolles zu holen.«
Graham verzog das Gesicht. »Genau gegen diese Haltung gehen wir vor, Miss Ivory. Niemand nimmt die Sicherheitsvorkehrungen ernst, bis sich eines Tages doch jemand einloggt, Einträge vernichtet oder unbrauchbar macht und uns einen viele tausend Pfund teuren Schaden zufügt.«
»Ich verstehe«, gab Kate zurück. Sie hatte schnell bemerkt, dass sie es mit einem Enthusiasten zu tun hatte.
»Wenn ein Hacker einen Schwachpunkt findet, kann er leicht in das System eindringen, alles Wissenswerte herausfinden und die Namen der Verantwortlichen kennen lernen. Er würde in die Lage versetzt, bis ins Zentrum vorzustoßen, und kann die schlimmsten Verwüstungen anrichten, wenn er will. Stellen Sie also sicher, dass Ihr Passwort die vorgeschriebene Länge von acht Zeichen hat und nicht in einem Wörterbuch zu finden ist.«
Kate ahnte, wie viel hundert Mal er diese Anweisung schon gegeben haben mochte.
»Ich habe meinen Vornamen genommen«, warf die Sekretärin ein. »Den vergesse ich wenigstens nicht.«
»Aber jeder Hacker würde es als Erstes genau damit probieren, um sich mit Ihrer Identifikation ins System einzuloggen«, gab Kieler zurück.
Wie konnte man Menschen davon abhalten, das System für ihre Zwecke zu missbrauchen, wenn man sich so benahm? Kate und Chris Johnston überließen Kieler seiner undankbaren Aufgabe und begaben sich auf die andere Seite des großen, sonnendurchfluteten Büros, wo sie die hauptamtliche Erfasserin des Kennedy Centers, Fiona Bliss, trafen.
Fiona war jung, groß und schlank. Ihr kleiner, von einer Wolke dunklen Haares umgebener Kopf saß hoch auf einem langen Hals. Sie trug eine große, runde Brille, die ihr einen intellektuellen Touch verlieh, der sich allerdings verflüchtigte, sobald sie den Mund aufmachte.
»Sie katalogisieren also in der Bodleian«, sagte sie und zeigte dabei ausgesprochen große Zähne. »Dann wissen Sie ja bestimmt, wie es richtig gemacht wird.« Kate nuschelte etwas wie »Tja, vermutlich«, was Fiona geflissentlich überhörte. »Wir haben uns angewöhnt, den Kram auf unsere eigene Weise zu erledigen. Muss man wohl, oder? Victor ist schon Ewigkeiten hier, und er ist sicher nicht bereit, seine Arbeitsweise zu ändern, bloß weil die Bodleian-Leute es so wollen.«
Kate hatte nicht die Absicht, sich mit Fiona auf eine Auseinandersetzung über die Regeln des Katalogisierens einzulassen, und lächelte sie nur zuckersüß an. Auf Fionas Bildschirm klebte ein gelber Zettel mit der Aufschrift »Doglead«.
»Mein Passwort«, erklärte Fiona.
Kieler musste es gehört haben, denn er stand mit einem Mal neben ihnen.
»Auf gar keinen Fall dürfen Sie Ihr Passwort am Bildschirm lassen«, knurrte er.
»Aber niemand weiß, was der Aufkleber zu bedeuten hat!«
»Geben Sie sich keinen Illusionen hin. Wenn jemand es darauf anlegt, kann er es sich denken.«
»Machen Sie sich doch nicht lächerlich. Niemand interessiert sich dafür, in meinen Computer einzubrechen. Warum hacken hier bloß alle auf mir herum?«
Doch ehe sich ein echter Streit anbahnen konnte, ging Chris Johnston dazwischen. »Ihre Statistik sieht diesen Monat wirklich
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