Letzte Ausfahrt Oxford
Ihre Haare waren über den Ohren sehr kurz geschnitten, lang im Nacken und am Scheitel weißblond getönt.
»Ihr Wagen?«, fragte der Junge, der sich als Dossa vorgestellt hatte. Einer seiner Nasenflügel war mit Stahlstiften gepierct.
Kate sah keinen Grund, sich für ihren cremefarbenen Peugeot zu entschuldigen, obwohl er dringend eine Wäsche samt Politur benötigte.
»Ganz nettes Teil«, erklärte Dossa. »Wenn Sie je in einen reinkommen wollen, machen Sie es so. Passen Sie auf.«
Er kramte in einem blauen Nylonbeutel und brachte ein handbetriebenes Bohrgerät mit einem dicken Bohrer zum Vorschein.
»Hier ist es«, sagte er und zeigte auf einen Punkt ein Stückchen links neben dem Schloss der Fahrertür. »Da bohren Sie rein …«
»Stopp!«, rief Kate. »Ich verstehe schon, was du meinst. Ich habe ein ganz gutes Vorstellungsvermögen. Du brauchst es mir nicht zu zeigen, ganz bestimmt nicht.«
Dossa blickte enttäuscht drein. »Na gut«, brummelte er. »Und wenn Sie Ihr Loch gemacht haben, gehen Sie mit so einem Schraubenzieher«, er hielt Kate das entsprechende Werkzeug entgegen, »in das Schloss. Dann sind Sie drin. Wenn Sie gut sind, in höchstens dreißig Sekunden. Okay?«
Das schien schon alles zu sein. Diese Lektion sollte sie also zehn Pfund kosten, und vor ihren ehrbaren Freunden würde sie sie verschweigen müssen. Kate hatte eigentlich etwas Pfiffigeres erwartet; zumindest die Verwendung von Haarnadeln. Insgeheim aber hatte sie gehofft, dass der Junge sie in die Verwendung eines ganzen Dietrich-Sortiments einweihen würde. Sie stellte sich ein Dietrich-Sortiment als hübsche kleine Sammlung stählerner Haken vor, ähnlich wie sehr dünne Häkelnadeln, die in einem mit Samt ausgeschlagenen Edelholzkästchen ruhten. In Kriminalromanen klang es zumindest immer so, und sie fühlte sich durch Dossas simples Löcherbohren in gewisser Weise betrogen. Immerhin, Geschäft war Geschäft. Sie zog zwei Fünf-Pfund-Noten aus der Tasche, händigte sie dem Jungen aber nicht sofort aus.
»Ich fürchte, diese Methode würde ich nicht allzu gern an meinem eigenen Auto anwenden«, sagte sie. »Wollte Darren mir nicht noch eine Alternative zeigen?« Sie hatte einmal gelesen, Oxford gelte als Hochburg der Kriminalität in Europa. Jetzt hoffte sie, wenigstens etwas über die Tricks der gerissensten Gauner zu erfahren.
»Sicher?«, fragte Harley zweifelnd. »Hey, Darren, zeig der Lady doch mal, wie du es immer machst.«
Darren zeichnete sich durch ein verkniffenes Altmännergesicht mit dunklen Augenringen aus. Offenbar war er weniger redselig als sein Bruder. »Brauch ’n Abfallcontainer«, nuschelte er.
Ein Stück die Straße hinunter wurde er fündig. Im Container befand sich Bauschutt und eine alte Matratze. Irgendwie stand immer in jeder Straße von Fridesley ein Abfallcontainer. Kate führte die Tatsache auf den Renovierungswahn zurück, unter dem alle Einwohner außer ihr selbst zu leiden schienen.
»Sie können Darren ruhig vertrauen«, versicherte Dossa.
»Container iss wiftif«, bestätigte Darren. Er hob eine Ecke der triefenden Matratze hoch und kramte darunter herum. Schließlich tauchte er mit einem kapitalen Stein auf, der bestimmt ein paar Pfund auf die Waage brachte, und schleppte ihn zu Kates Wagen.
»Was willst du denn damit?«, fragte Kate, die kaum ihren Augen traute.
»Durf die Windfutzfeibe werfen«, erklärte Darren und sah Kate hoffnungsvoll an.
»Danke Darren«, sagte Kate. »Aber lieber nicht. Ich glaube dir, dass die Methode funktioniert. Elegant, einfach und effektiv.« Darren starrte sie verständnislos an. »Leg den Stein weg, Darren«, redete Kate freundlich auf den Jungen ein. »Und danke, dass du dir die Zeit genommen und so viel Mühe gemacht hast.« Sie fand noch ein paar Pfundnoten in ihrer Geldbörse und gab sie Darren, der offensichtlich seinen Wortschatz für diesen Tag endgültig aufgebraucht hatte.
»Was muss ich denn tun, damit niemand in mein Auto einbricht?«, wandte sie sich an Dossa, um für ihre zehn Pfund wenigstens noch ein bisschen Information zu bekommen.
»Machen Sie sich keine Sorgen«, erklärte der Junge. »Mit dem Ding da sind Sie im Augenblick sicher. Die Jungs stehen zurzeit mehr auf Montegos. Man braucht ein Stemmeisen, um bei denen das Lenkradschloss zu knacken«, fügte er hilfreich hinzu. »Haben Sie eins im Kofferraum?«
»Noch nicht«, räumte Kate ein. »Bis jetzt bin ich in meinem Leben ganz gut ohne klargekommen. Aber wenn ich mich weiter
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