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Letzte Ausfahrt Oxford

Letzte Ausfahrt Oxford

Titel: Letzte Ausfahrt Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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als Amateurdetektivin betätige, muss ich meine Ausrüstung unbedingt aufstocken. Das sehe ich ein.«
    »Wenn die Montegos alle geknackt sind, machen die Jungs erst mal mit Sierras weiter«, sagte Harley. »Ihr Peugeot ist noch ein paar Wochen sicher.«
    »Ich könnte Ihnen ein paar Videos besorgen«, schlug Dossa vor. »Besonderes Material, besonderer Preis.« Er blickte Kate hoffnungsvoll an, aber sie konnte sich vorstellen, um welche Art Video es sich handelte, und schüttelte den Kopf.
    Das Letzte, was sie von ihrer Haustür aus von den Jungen sah, waren drei Gestalten, die auf ihren Skateboards um die Ecke sausten.

VIII
Praktische Übung; Ausfahrt Oxford
    S chaut sie mir zu? Kann sie mich sehen? Blickt sie mir über die Schulter und liest mit, was ich schreibe? Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass ein Publikum – vor allem natürlich eines, das sich ein Urteil über das bilden kann, was man geschrieben hat – die eigene Arbeit verändert und redigiert? Noch ehe die Feder das Papier berührt und ihre Spur hinterlässt, hat der Geist einen Schleier ausgebreitet, der die schnellen, hellen Gedanken erstickt und den Schreibfluss zum Erliegen bringt. Wie soll ich damit umgehen? Die Antwort darauf, Mrs. Dolby, lautet: Ich verhalte mich in Ihrem Kurs ganz still, ich beichte, dass ich keine wöchentliche Übung zu Papier gebracht habe, aber im Geheimen schreibe ich weiter.
    Sehen Sie, ich habe das Licht gedimmt, die Vorhänge geschlossen und den Telefonstecker aus der Dose gezogen. Niemand soll mich unterbrechen. Und jetzt kann ich anfangen.
     
    Das Signal einer Trompete weckte mich. Kurze Zeit später fuhren Saiteninstrumente durch meinen Körper, bis ich erzitterte. Ein leiser Trommelwirbel rief mir ins Gedächtnis, wo ich war und was ich tun würde.
    Wir tanzen im Mondschein auf der Terrasse einen seltsam langsamen Walzer. Ihr Haar ist rotbraun und fällt ihr in weichen Wellen bis zu den Schultern. Je nach Licht schimmert es wie pures Kupfer. Ihre Schultern sind matter, weißer Satin, ihre Augen Obsidian und ihre Lippen dunkelroter Lack. Sie trägt ein Kleid aus schwarzer Seide, das sich im Rhythmus der Musik an ihren Körper schmiegt. Am Rand der Terrasse stehen Tontöpfe mit blühenden Stauden. Es muss Frühsommer sein. Das Mondlicht lässt die Blüten grau, silbern und schwarz erscheinen. In der warmen Luft duften sie nach Zimt und Gewürzen. Sie sind schwer wie tote Tauben und sehen mich mit blinden Augen und leeren Herzen an.
    Die Füße der Frau schleifen zum leisen Klang eines Blasinstruments. Mit einer letzten Drehung kommen wir zum Stehen. Ich blicke ihr tief in die schwarzen Augen. Ihre klaren Pupillen verraten, dass sie mich nicht liebt und mir niemals zu Willen sein wird. Es ist ihre eigene Schuld, dass ich sie töten muss. Meine Hände legen sich um ihren Hals, bis sie ganz und gar unterwürfig gegen das Geländer der Terrasse lehnt. Vorsichtig lasse ich sie auf den weißen Marmorboden gleiten. Dort liegt sie nun, weißer noch als der Marmor. Graue Blütenblätter tropfen auf ihr lebloses Gesicht.
     
    Ich wünschte, so wäre es gewesen.
    Vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, sie in Oxford zu töten. Zum Beispiel bei einem kleinen Überfall auf der Abkürzung über den Friedhof von St. Giles. Aber danach hätte ich nie wieder dort entlanggehen können, ohne mich an den Vorfall an dieser Stelle zu erinnern. Die Stadt wäre mir für immer verdorben gewesen. Ich hätte Arbeit und Wohnung wechseln müssen, und wenn ich das hätte tun wollen, hätte ich ebenso gut Jenna nachgeben und am Montagmorgen mit ihr zum Direktor gehen können.
    Der Frühling war bereits fortgeschritten, und die Abende wurden allmählich länger. Am Donnerstagabend fuhr ich in den Ort, wo sich Jennas Gruppe treffen wollte.
    Ich nahm die Straße aus Oxford hinaus, die sich durch eine ganze Serie von Kreisverkehren aus der Stadt windet; vorüber an Blenheim, durch Woodstock hindurch und weiter in Richtung der flachen, gepflügten Ebenen. Nur wenige Meilen später wurde die Landschaft wieder hügeliger. Die Straße tauchte in verwunschene kleine Täler ein und arbeitete sich auf rundliche Hügelkuppen empor. Eine verschwiegene Gegend; genau darauf hatte ich gehofft. Die Jugendherberge hatte keine direkten Nachbarn. Sie lag in einem großen Garten, dessen hohe Büsche einen guten Schutz vor neugierigen Blicken boten. Das Dach war steil und hoch, und große Fenster mit dunklen Fensterläden blickten wie wache, weit offene Augen aus

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