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Letzte Bootsfahrt

Titel: Letzte Bootsfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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eine.
    Die Antwort der Frau Breitwieser war vorhersehbar. „Ich habe ja schon alles gesagt, was ich weiß. Den beiden Polzisten da.“ Sie zeigte auf Gasperlmaier und den Friedrich, die beide unwillkürlich nickten. „Ich möchte es aber lieber aus erster Hand erfahren, was Sie wahrgenommen haben. Das ist mir wichtig.“ Die Frau Doktor blieb geduldig. Wahrscheinlich war es doch wichtig gewesen, dass sie sie vor ihrem Besuch hier über die Denkweise der Frau Breitwieser ein wenig ins Bild gesetzt hatten, denn sonst ging sie immer direkter vor.
    Gasperlmaier fiel auf, dass sich der Herr Schnabel unter den missbilligenden Blicken seiner Frau einen Whisky aus einer auf dem Tisch stehenden Flasche einschenkte. Sie selbst hatte eine Teetasse vor sich stehen, während vor der Frau Breitwieser ein leeres Glas und eine Karaffe mit Wasser standen, auf deren Grund ein paar bunte Steine lagen. Wahrscheinlich, so überlegte Gasperlmaier, handelte es sich dabei um das ihm bereits bekannte energetisierte Wasser. Was ihn betraf, sah es aber genauso tot aus wie das Wasser bei ihm daheim.
    Gasperlmaier vertiefte sich in die Aussicht aus dem Riesenfenster, während die Frau Breitwieser das wiederholte, was er ohnehin schon wusste. Langsam wurde es immer dunkler, und er konnte nur noch Umrisse der Landschaft erkennen, weil das Fenster die Szene im Raum zu spiegeln begann. Gasperlmaier fühlte sich müde. Er hätte gern ein Bier gehabt.
    „Und wo waren Sie genau zwischen zwei und vier?“, fragte die Frau Doktor die Frau Schnabel jetzt noch einmal. „Verdächtigen Sie etwa mich?“, fuhr die Angesprochene auf, „das ist ja wohl der Gipfelpunkt der Frechheit!“ „Von Verdacht“, beruhigte die Frau Doktor, „kann keine Rede sein. Es gehört sowohl zur Routine als auch zu meinen Vorschriften, dass mein Bericht genaue Angaben über den Aufenthaltsort aller Personen enthält, die eine Beziehung zum Getöteten hatten, also natürlich auch seiner Familie. Ich bin sogar verpflichtet, diesen Aufenthaltsort durch Zeugen belegen zu lassen. Ich hoffe, Sie bringen dafür ein wenig Verständnis auf.“ Im Fernsehkrimi, erinnerte sich Gasperl­maier, gab es diese Szene auch oft. Da hieß allerdings die kurz angebundene Antwort der Kommissare meist nur: „Reine Routine“. Wahrscheinlich, weil man ja schließlich in eineinhalb Stunden mit dem ganzen Fall fertig werden musste. Die Frau Doktor hingegen nahm sich alle Zeit, die nötig war.
    Immer noch etwas indigniert, streckte die Frau Schnabel ihren Finger in die Höhe. „Da oben. In meinem Büro. Meine Mitarbeiterin kann das bestätigen. Ich habe auch zahlreiche Telefonate geführt. Ich hoffe, Sie rufen jetzt nicht alle meine Kunden an. Das wäre nämlich geschäftsschädigend.“ Die Frau Doktor schüttelte den Kopf. „Ihre Mitarbeiterin genügt uns völlig.“ Die Frau Breitwieser schenkte sich von ihrem Wasser nach, trank einen Schluck und schloss die Augen, ohne das Glas wieder abzustellen. Im Gegensatz zu ihrer Tochter trug sie lediglich einen grauen, geschliffenen Stein um den Hals, bemerkte Gasperlmaier. Wahrscheinlich war es irgend so ein Energiestein, der ein Chakra positiv beeinflusste.
    „Und Sie?“, wandte sich die Frau Doktor nun an den Herrn Schnabel, der, wie Gasperlmaier fand, eine ebenso arrogante wie säuerliche Miene zur Schau stellte. „In meinem Markt natürlich!“, kam es auch etwas giftig aus ihm heraus. Was die Frau Schnabel an diesem Fettwanst fand, konnte sich Gasperlmaier nicht vorstellen. Wenn er Qualitäten hatte, dann jedenfalls solche, die er gut zu verbergen verstand. „Kann das auch jemand bezeugen?“ „Sieben Angestellte!“, kam es bissig zurück.
    Die Frau Doktor schien zu überlegen, ob noch weitere Fragen nötig waren, als die Frau Breitwieser aufstand und sich neben Gasperlmaier ans Fenster stellte. Sie breitete die Arme weit aus, öffnete die Hand­flächen nach oben und legte den Kopf in den Nacken. Gasperl­maier sah ihr sprachlos und überrascht zu, ebenso wie die anderen Anwesenden, nur der Herr Schnabel zischte verächtlich. „Wie wird er wiedergeboren werden?“, fragte die Frau Breitwieser, die Augen zur Decke gewandt. „Ich frage mich, ob ich mit ihm Kontakt werde aufnehmen können. Oder er mit mir.“ „Mama, nicht gerade jetzt, bitte!“ Die Frau Schnabel versuchte ihre Mutter so sanft wie möglich in die hiesige Welt zurückzuholen. „Glauben Sie etwa nicht an Wiedergeburt?“, fragte die Frau Breitwieser nun zu Gasperlmaier

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