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Letzte Bootsfahrt

Titel: Letzte Bootsfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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gewandt. Er rang nach sinnvollen Gedanken und Worten, brachte aber nicht mehr zustande als ein unentschlossenes Schulterzucken. „Ich selbst bin vielfach wiedergeboren worden. Die Beweise für Wiedergeburt sind völlig überzeugend, man muss mit Blindheit geschlagen sein, um nicht zu erkennen, dass wir alle Reinkarnationen sind. Der siebzehnte Dalai Lama, zum Beispiel …“
    „Mama, bitte jetzt nicht!“ Die Stimme der Frau Schnabel war ein wenig schärfer geworden. „Die Herrschaften von der Polizei interessieren sich für …“ Sie hielt kurz inne, um der Frau Doktor einen Blick zuzuwerfen, „… mehr irdische Tatsachen. Und die hast du ja schon gesagt.“ Während sich der Herr Schnabel einen weiteren Whisky einschenkte, erhob sich die Frau Doktor. Der Friedrich brauchte einige Zeit, um es ihr gleichzutun, denn er war in seinem Sofa förmlich versunken. Die Frau Doktor reichte allen dreien eine Visitenkarte. „Wenn Ihnen noch irgendetwas Wesentliches einfällt, können Sie mich jederzeit anrufen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ich Sie noch einmal befragen muss.“
    Vor der Haustür holte die Frau Doktor einmal kräftig Luft. „Die ist ja tatsächlich ganz schön durch den Wind. Was glaubt ihr, kann es einer der drei gewesen sein?“ „Die einzige, die ein gutes Alibi hat, ist die Frau Schnabel.“ Nach einer kurzen Pause korrigierte sie sich: „Und vielleicht auch ihr Mann! Der müsste ja von seinen Angestellten gesehen worden sein!“ Der Friedrich öffnete die Beifahrertür. „Aber die Frau Breitwieser“, überlegte Gasperlmaier, „die scheint mir erstens nicht kräftig genug. Und wenn sie an Wiedergeburt glaubt, was hat sie dann davon, ihren Mann umzubringen? Dann kommt er ja wieder!“ „Gasperlmaier, stellen Sie sich doch nicht blöd!“ Mittlerweile saßen sie alle drei wieder im Auto, und die Frau Doktor startete. „Wenn er wiedergeboren wird, dann schließlich als Baby. Er kommt ja nach einer Reinkarnation nicht als Pensionist wieder zu ihr zurück.“ Das leuchtete Gasperlmaier ein. „Wenn er sich recht aufgeführt hat, im Diesseits“, fügte der Friedrich hinzu, „dann kann es sein, dass er als Hund wiedergeboren wird, zum Beispiel. Oder als Goldfisch. Dann würde er die ganze Zeit im Glasl herumschwimmen und könnte der Frau Breitwieser gar nicht mehr widersprechen. Und rauchen und trinken würde er auch nicht mehr, und die Frau Breitwieser könnte ihm ein paar Steine in sein Aquarium schmeißen, damit er ein bisschen belebtes Wasser um sich hat. Das ist schon ein Motiv, glaube ich.“
    Die Frau Doktor musste lachen, und Gasperlmaier fühlte sich wieder einmal als der Blöde. Er beschloss, für den Rest der Fahrt zu schweigen. Das fiel der Frau Doktor aber gar nicht auf, denn die hielt bis fast nach Altaussee hinein ohnehin einen Monolog, in dem sie alles, was zu dem Fall bisher bekannt war, zusammenfasste. Zum Schluss fügte sie noch ihre Einschätzung des Herrn Schnabel hinzu. „Der schaut zwar so drein, als würde er die Alte hassen. Aber warum sollte er ihren Mann umbringen? Erben tut er nichts, weil die Witwe erbt. Und die wird das Geld vielleicht eher ihrem Guru überschreiben als den Schnabels. Die Firma gehört ohnehin schon der Tochter, also braucht er niemanden umzubringen, um an Geld zu kommen. Wenn er ein Motiv hat, dann kennen wir es noch nicht. Gelegenheit? Vielleicht. Er war zwar im Supermarkt, aber möglicherweise fällt es den Angestellten nicht gleich auf, wenn der Chef einmal für eine halbe Stunde verschwindet.“
    Der Friedrich nahm seine Kappe ab und kratzte sich am Kopf. „Ich weiß nicht“, brummte er gegen die Windschutzscheibe hin, auf der der Scheibenwischer regelmäßig die Regentropfen wegpolierte, „mir war so, als hätte ich den Namen Breitwieser schon einmal gehört. In irgendeiner politischen Angelegenheit, da war einmal was.“ Er hatte das Kopfkratzen beendet und seine Mütze wieder aufgesetzt. Die Frau Doktor gähnte hinter vorgehaltener Hand. „Das wird bis morgen warten müssen, meine Herren. Heute werden wir nicht mehr viel ausrichten.“ Sie hielt den Wagen vor dem Posten an, worauf sich Gasperlmaier und der Friedrich verabschiedeten. Gasperlmaier musste einige Zeit warten, bis der Friedrich seine gesamte Masse aus dem Autositz befreit und nach draußen gewuchtet hatte. Kaum hatte er die Tür zugeschlagen, ließ die Frau Doktor den Motor aufheulen und schoss davon.
    „Kannst dich nicht erinnern, Gasperlmaier?“, fragte der Friedrich,

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