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Letzte Bootsfahrt

Titel: Letzte Bootsfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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hat auch der Breitwieser seine Finger im Spiel gehabt, dass da eine Baugenehmigung erteilt worden ist. Für irgend so einen Industriellen, wer weiß, was da Schmiergeld geflossen ist, dass der dort bauen hat dürfen.“ „Na ja“, meinte Gasperlmaier, „so eine kleine Jagdhütte im Wald …“ Die Christine fauchte verächtlich durch die Zähne. „Hätte es sein sollen! Aber du kannst sie dir ja jederzeit anschauen, die Villa, die daraus geworden ist. Man sieht sie ja sogar schon vom Ort aus, so großzügig ist da hinten abgeholzt worden!“
    Gasperlmaier nahm sich vor, der Frau Doktor von dieser Immobiliengeschichte zu erzählen. Möglicherweise steckte da ein Mordmotiv drinnen. Wenn es um viel Geld ging, war Gewalt oft ein zuverlässig auftauchender Begleitumstand.

5
    Gasperlmaier kam allerdings gar nicht dazu, von seinem Verdacht zu berichten, zumindest nicht am nächsten Morgen. Die Frau Doktor hatte ihn gleich in der Früh abgeholt. „Gasperlmaier, wir müssen ins Salzburgische. Näheres erfahren Sie im Auto.“ Und während einer recht sportlichen Fahrt über Ischl und den Wolfgangsee hinaus hatte sie ihn dann ins Bild gesetzt. „Ich habe gestern noch einmal mit der Frau Schnabel telefoniert, als ich nach Hause gekommen bin. Wegen ihrer Mutter. Solche Menschen wie sie gehören ja meistens zu irgendeinem Kreis von Gleichgesinnten, sind möglicherweise sogar in einer Art Sekte organisiert oder haben einen Lehrmeister, einen Guru. Dazu hat mir die Frau Schnabel ein paar interessante Informationen geben können. Und jetzt fahren wir zu dieser Organisation hin, wo die Frau Breitwieser öfters war. Nennt sich ‚Erleuchteter Kreis Avalon‘. Es liegt ja auf der Hand, dass eine solche Organisation großes Interesse daran haben könnte, dass ein Mitglied eine größere Erbschaft macht, oder?“
    Gasperlmaier war nicht recht wohl bei dem Gedanken, an einen Ort fahren zu müssen, wo am Ende lauter so erleuchtete Gestalten wie die Frau Breitwieser herumlaufen würden, noch dazu, wenn sie, um an ein Erbe zu gelangen, nicht einmal vor Mord zurückschreckten. Außerdem befürchtete er, womöglich diesmal nicht widerstehen zu können, wenn man ihm alle möglichen heilsamen Kleinodien für ein wenig Energieausgleich in Form von ein paar Euroscheinen ans Herz legen würde.
    Der Bauernhof, ein wenig oberhalb und außerhalb von Salzburg gelegen, sah von außen nicht weiter ungewöhnlich aus. Die Frau Doktor parkte den Audi auf einem schmalen Streifen Gras, der sich an der Hauptfront des langgestreckten Hauses entlangzog. Gasperlmaier stellte fest, dass dort schon einige Autos abgestellt waren, die nicht gerade darauf schließen ließen, dass ihre Besitzer am Hungertuch nagten. Rechts und links des schweren Holztores knatterten ein paar weiße Fahnen im Wind, das war aber auch schon das Auffälligste an dem Gebäude. Gasperlmaier folgte der Frau Doktor zum Eingang. Zu seinem Leidwesen hatte sie heute bloß ganz gewöhnliche Jeans und Turnschuhe an, das übliche Kostüm und die Stöckelschuhe waren zu Hause geblieben. Lediglich eine verspielte, rosarote Bluse stellte eine Konzession an ihren üblichen Geschmack dar.
    Einige seltsame Töne erklangen. Die Frau Doktor deutete auf Bambusstäbe, die im Wind neben den beiden Fahnen baumelten und offensichtlich die exotischen Klänge verursachten. „Windspiele“, sagte sie. „Werden in Asien als Glücksbringer verwendet. Bei uns werden sie häufig in Zusammenhang mit Feng Shui gebracht.“ Gasperlmaier wurde etwas unwohl. Er trat näher und nahm eines der Windspiele etwas genauer in Augenschein, während die Frau Doktor die Türklingel drückte. Gegen elektrische Klingeln schien man hier also nichts zu haben, dachte Gasperlmaier, obwohl sie, was ihn betraf, zu den allerunangenehmsten Begleiterscheinungen moderner Haushalte gehörten. Seine Türklingel zu Hause war so schrill, dass sie ihn fast vom Sofa riss, wenn sie anschlug. Natürlich hatte er der Christine schon vor Jahren versprochen, für angenehmeren Klang zu sorgen, aber wie es halt so lief, zu manchen Sachen kam man einfach nicht, auch wenn man schon zehnmal am Baumarkt vorbeigefahren war, wo wohltönende Türklingeln feilgeboten wurden. Gasperlmaier fiel bei dieser Gelegenheit ein, dass bei ihnen zu Hause auf dem Klo immer noch eine nackte Glühbirne in einer Fassung hing, weil sich er und die Christine nicht hatten einig werden können, welche Art von Beleuchtungskörper denn dort stilistisch am besten passte.

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