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Letzte Bootsfahrt

Titel: Letzte Bootsfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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ihr das nie und nimmer aufgefallen.
    Nach einem Slalom zwischen Regalwänden fanden sie endlich die besagte Tür neben der Wursttheke. „Polizei. Wir möchten mit dem Herrn Schnabel sprechen“, informierte die Frau Doktor im Vorbeigehen noch die Wurstverkäuferin. Die aber schenkte ihr keine Aufmerksamkeit, da sie gerade mit einer schwierigen Kundin beschäftigt war. „Ganz dünn, bitte, Fräulein, aber dass Sie mir die Scheiben nicht zerfleddern, da sollen nämlich Frischkäseröllchen draus gemacht werden.“ Gasperlmaier warf der Kundin einen kurzen Blick zu. Die Frau trug ein Ausseer Dirndl, aber Sprache und Verhalten ließen nur den Schluss zu, dass es sich um eine Zweitwohnungsbesitzerin aus dem Osten handelte. Womit Gasperlmaier nicht den slawischen Raum meinte.
    Mittlerweile hatte die Frau Doktor die Tür aufgestoßen und Gasperlmaier folgte ihr. In einem karg ausgestatteten Raum saß der Herr Schnabel mit vollem Mund kauend an einem Tisch. Vor sich hatte er eine Literflasche Cola und ein paar Dosen mit Salaten und Brotaufstrichen stehen. Als er sie erblickte, stellte er überrascht das Kauen ein und versuchte, einen Gruß hervorzuwürgen, was ihm aber nicht gelang. Stattdessen lief sein Kopf rot an. Mit einer Geste bat er Gasperlmaier und die Frau Doktor, auf zweien der Stühle Platz zu nehmen, die um den Tisch herum gruppiert waren. „Entschuldigung!“, brachte er schließlich doch hervor, bevor es ihm endgültig gelang, den offenbar sehr großen Bissen hinunterzuschlingen. Gasperlmaier entdeckte nun auch noch ein Stück Schweinsstelze, einen halben Laib Brot und ein großes Messer auf dem Tisch. Der Herr Schnabel stand auf, wusch sich an einem Waschbecken hinten im Raum die Hände und kam wieder auf sie zu. „Was verschafft mir die Ehre? Sie werden entschuldigen, ich habe gerade eine kleine Pause …“ „Ja“, sagte die Frau Doktor, „wir haben es bemerkt.“ Der Herr Schnabel setzte sich wieder auf seinen Sessel. Er hatte, stellte Gasperlmaier fest, noch ein wenig Schweinefett auf der Backe kleben. Gott sei Dank hatte er selbst schon eine Jause bekommen, denn sonst hätte er die Lebensmittel auf dem Tisch nicht ohne eine gewisse innere Unruhe betrachten können. So aber lagen ihm die Debreziner aus Ischl noch im Magen, nicht zuletzt wegen der Fettspritzer auf dem Kostüm der Frau Doktor.
    „Sagen Sie, Herr Schnabel, wie war denn eigentlich Ihr Verhältnis zum verstorbenen Herrn Breitwieser?“, fragte die Frau Doktor. „Bestens!“, antwortete der. „Wir haben überhaupt keine Probleme miteinander gehabt.“ Dabei vollführte der Herr Schnabel vor seinem Bauch mit dem rechten Arm eine Geste, die jeden Zweifel zerstreuen und irgendwie endgültig wirken sollte. So, als ob er sich keinesfalls vorstellen könne, auch nur ein Wort mehr über dieses Verhältnis zu sagen. „Ich möchte es einmal ganz klar aussprechen“, holte die Frau Doktor aus. „Ihre Frau ist Akademikerin, und noch dazu äußerst wohlhabend. Den Herrn Breitwieser schätze ich einmal als konservativ ein. Ein solcher Vater wünscht sich für seine Tochter einen Mann, sagen wir es einmal vorsichtig, aus den eigenen Kreisen. Das sind Sie nicht. Trotzdem keinerlei Konflikte?“ Der Herr Schnabel schaute arrogant über die Köpfe von Gasperlmaier und der Frau Doktor hinweg, so wie einer, der sich für recht gescheit hält, aber blitzdumm ist. „Sehen Sie“, sagte er schließlich, „ich bin in meinem Beruf durchaus erfolgreich. Filialleiter, immerhin. Ich sehe nicht, warum …“
    Die Frau Doktor unterbrach sein Geschwafel. „Dreihunderttausend Euro? Sie haben sicherlich schon davon gehört?“ Der Herr Schnabel machte große Augen und streckte ihnen, zum Zeichen der Unschuld, die Hände mit nach vorne gerichteten Handflächen entgegen. „Ja, ich weiß aber da nichts davon! Nie gesehen, nie gehört!“ „Na, gehört haben Sie ja wohl schon davon!“, antwortete die Frau Doktor. „Ihre Frau ist ja vom Herrn Holzig regelrecht bedrängt worden wegen des Geldes. Haben Sie es vielleicht aus dem Haus Ihres Schwiegervaters gestohlen?“
    Der Herr Schnabel sprang auf, so schnell es bei seiner Leibesfülle eben möglich war, und warf dabei seinen Sessel um, der mit lautem Krachen auf dem Boden landete. Gasperlmaier erschrak, denn er hatte gerade die Schweinsstelze betrachtet und sich gefragt, ob die Kruste wohl noch knusprig war. Im Supermarkt bekam man ja selten wirklich knusprige Schweinsstelzen. Einmal war Gasperlmaier in Wien

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