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Letzte Bootsfahrt

Titel: Letzte Bootsfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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angeschnauzt. „Wir haben jetzt Wichtigeres zu tun. Zuerst geben wir der Frau Breitwieser das Geld zurück und klopfen bei ihr ein wenig auf den Busch, wen sie noch alles kennt bei diesem Avalon-Kreis. Und dann fahren wir zur Frau Schnabel und reden mit ihr wegen der dreihunderttausend Euro. Die zwanzigtausend für den Avalon-Kreis, vermute ich, hat die Frau Breitwieser wohl davon abgezweigt. Und schließlich holen wir uns jemanden von der Gemeinde, wie das mit der Baugenehmigung für diese sogenannte Jagdhütte da aussieht.“ Das mit der neuen Lebensweise, mit mehr Entspannung und so, dachte Gasperlmaier bei sich, das hatte bei der Frau Doktor nicht lange angehalten. Einen Tag, wenn man’s genau nahm. Er selbst war sich sicher, dass er weitere Vernehmungen, vor allem mit der verrückten Frau Breitwieser, nicht ohne vorherige Nahrungsaufnahme durchstehen würde.
    Als sie sich dem Fahrzeugmuseum näherten, das zwischen Bad Ischl und Bad Goisern lag, fiel Gasperlmaier ein, dass sich daneben ein Würstelstand befand. Er beschloss nach einigem inneren Ringen, es einfach mit der Wahrheit zu versuchen. „Ich glaub nicht“, begann er, „dass ich ohne was zu essen noch weiterarbeiten kann, Frau Doktor.“ Unbeabsichtigt hatte sich ein flehentlicher Ton in seine Bitte eingeschlichen. Die Frau Doktor widmete ihm einen erstaunten Seitenblick. „Na, wenn es so schlimm ist, Gasperlmaier! Aber dann was, das schnell geht, ja?“ Genau in diese Richtung hatte Gasperlmaier das Gespräch lenken wollen. „Es gibt da gleich links einen Würstelstand. Gleich!“, fügte er hinzu, denn sie waren schon fast am Museum vorbei. Die Frau Doktor aber zeigte gute Nerven und bremste heftig ab, um den Wagen nach links auf den Parkplatz zu manövrieren. Der Fahrer hinter ihnen hupte, und als Gasperlmaier sich umdrehte, sah er noch, wie er sich heftig an die Stirn tippte.
    „Na, das war jetzt notwendig!“ Das hatte Gasperlmaier nicht gewollt. Das Debreziner Würstel, in das er gerade genüsslich hineingebissen hatte, hatte ein paar Fettspritzer von sich gegeben, die noch dazu durch den Paprika rot eingefärbt waren. Einige davon hatten die Bluse der Frau Doktor erreicht. Die schrie zunächst auf, schnappte sich dann ein paar Servietten von der Theke des Würstelstands und versuchte mit heftigem Tupfen, die Flecken wieder loszuwerden. Mit vollem Mund stammelte Gasperlmaier eine Entschuldigung, einerseits peinlich berührt, andererseits aber auch fasziniert davon, wie die Frau Doktor da auf ihrem Busen herumdrückte. „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“, brachte er schließlich hervor, als es ihm endlich gelungen war, das Wurststück hinunterzuwürgen. Die Frau Doktor sah kurz zu ihm auf. „Das meinen Sie jetzt aber nicht ernst!“, entfuhr es ihr. „Wollen Sie mir etwa an den …“ Sie ließ es unausgesprochen, was nichts daran änderte, dass Gasperlmaier das Gefühl hatte, beidbeinig in einen ausgewachsenen Fettnapf getrampelt zu sein. „Nein, nein!“, beeilte er sich, der Angelegenheit die Spitze zu nehmen, „ich wollte nur …“ Er musste den Satz abbrechen, weil er nicht genau wusste, was er eigentlich gewollt hatte. Schweigsam verdrückte er den letzten Rest seiner Würstel, die ihm aber nicht mehr so recht schmecken wollten. Die Frau Doktor warf die Servietten in den Mistkübel, und ihre eigenen Frankfurter, von denen sie bloß zweimal abgebissen hatte, flogen gleich hinterher. „Was soll’s, muss ich es eben in die Reinigung bringen. Aber für den Rest des Tages, Gasperlmaier, muss ich wegen Ihnen so herumrennen! Sehen Sie her!“ Sie zog den betroffenen Teil ihrer Bluse mit beiden Händen von ihrem Körper weg, Gasperlmaier entgegen. Die zwei orangeroten Flecken, dachte der bei sich, hätte er auch so gesehen. Und außerdem hatte ihn die Frau Doktor jetzt praktisch aufgefordert, ihr auf den Busen zu schauen. Er kannte sich mit den Frauen einfach nicht aus. Obwohl er sich schon einmal entschuldigt und sogar Hilfe angeboten hatte, murmelte er nochmals: „Es tut mir ja eh leid!“ Zum Zeichen, dass auch er fertig war, warf er seinen Papp­teller in den Mistkübel und wischte sich die Hände an seiner Serviette ab.
    Der Rest der Fahrt nach Altaussee verlief etwas schweigsamer als sonst. Kurz bevor sie ankamen, läutete Gasperlmaiers Handy. „Ja, ich fahr dann jetzt nach Salzburg. Ihr kommt eh zurecht?“ Ein bisschen schuldbewusst klang die Stimme der Christine schon, fand Gasperlmaier. Das geschah ihr nur recht. Sollte sie

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