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Letzte Bootsfahrt

Titel: Letzte Bootsfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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Frau Breitwieser doch noch Informationen herausholen, die für den Mordfall relevant waren. Die aber sprang auf, lief zum Fensterbrett und holte von dort eine Karaffe mit, so dachte Gasperlmaier, sicherlich lauwarmem Wasser. Darin schwappten einige Steine. „Sie müssen energetisiertes Wasser trinken!“ Mit dem Finger zeigte sie zuerst auf Gasperlmaier, dann auf die Frau Doktor. „Damit sich die Schwingungen des Wassers auf Ihr Zellwasser übertragen!“ Diesen Vortrag hatten sie beide schon einmal gehört. Die Frau Doktor stand auf und strich ihren Rock glatt, wohl zum Zeichen, dass sie aufgegeben hatte, mit der Frau ein vernünftiges Gespräch zu führen.
    „Eigentlich sollte die Frau gar nicht allein bleiben“, sagte die Frau Doktor im Auto. „Und wo die dreihunderttausend versteckt sind, habe ich natürlich auch nicht erfahren. Aber sie müssen irgendwo im Haus sein, sie ist nicht schlau genug, ein Bankkonto zu plündern, auf dem ihr Mann das Geld deponiert hat. Eine andere Möglichkeit ist natürlich, dass der Mörder das Geld mitgenommen hat.“ Gasperlmaier kam plötzlich das Klo im Haus Breitwieser in den Sinn. Das hatte noch einen altmodischen Spülkasten, dessen Deckel man einfach abnehmen konnte. „Wenn nun der Mörder das Geld im Spülkasten der Toilette gefunden hat? Wenn er wegen dem Geld hineinwollte und den Herrn Breitwieser dort angetroffen hat?“, sprudelte er aufgeregt hervor. Die Frau Doktor nickte. „Es fällt eins ins andere, Gasperlmaier. Das ist eine hervorragende Theorie. Alle Fäden laufen auf dem Klo beim Breitwieser zusammen!“ Sie schenkte Gasperlmaier ein Lächeln. Der war glücklich darüber, dass die Frau Doktor anscheinend nicht mehr böse wegen der Fettflecken war. „Sollen wir noch einmal zurückfahren und im Klo nachschauen?“, fragte Gasperlmaier. Die Frau Doktor schüttelte den Kopf. „Das ist mir ohne einen Durchsuchungsbefehl zu heikel. Und die Frau Breitwieser hätte sicher was dagegen. Außerdem, wenn das Geld wirklich da drinnen ist, dann bleibt es auch da drin. Weil sie es für ein hervorragendes Versteck hält. Und wenn es der Mörder mitgenommen hat, ist es ohnehin weg.“ Gasperlmaier war ein wenig enttäuscht. Er hatte sich der Lösung des Falls, zumindest, was den Verbleib des Geldes anbetraf, schon so nahe gefühlt. Und nun zeigte die Frau Doktor plötzlich kein Interesse.
    „So!“, sagte die Frau Doktor. „Und jetzt fahren wir noch zu den Schnabels. Nein, anders: Wir suchen jetzt den Herrn Schnabel einmal an seinem Arbeitsplatz im Supermarkt auf. Erstens bekommen wir ihn da alleine, und zweitens können wir die Angestellten ein bisschen ausquetschen, was für ein Typ der eigentlich ist.“ Schon waren sie wieder auf dem Rückweg nach Bad Aussee, zu der Supermarktfiliale, in der der Herr Schnabel sein Geld verdiente.
    „Können wir den Filialleiter sprechen?“ Die Frau Doktor hielt der Kassierin die Dienstmarke unter die Nase. Gasperlmaier fragte sich, ob es wirklich notwendig gewesen war, die Angestellte an der Kassa gleich damit zu konfrontieren, dass die Kriminalpolizei ihren Chef sprechen wollte. Bis er sich daran erinnerte, dass er selbst ja in der Polizeiuniform steckte und ein Inkognito daher von vornherein ausgeschlossen war. „Den Herrn Schnabel?“ Die Frau Doktor nickte. „Ganz genau den!“ „Ganz hinten finden Sie eine Tür, da steht ‚Personal‘ drauf. Gehen Sie einfach rein. Wenn er nicht gerade was Wichtiges zu tun hat, ist er sicher drinnen.“ Die junge Angestellte hatte kohlrabenschwarzes Haar, das auf der rechten Seite, die sie Gasperlmaier zuwandte, bis über die Ohren ganz kurz geschoren war, auf der anderen Seite aber bis auf ihre Schultern hinabfiel. Auf den Hals hatte sie ein Spinnennetz tätowiert. Gasperlmaier fragte sich, was ein an sich sehr hübsches Mädchen dazu brachte, sich derart zu verunstalten. Manchmal fiel es ihm schwer, die jungen Menschen von heute zu verstehen.
    „Haben Sie das gehört?“, fragte die Frau Doktor ihn und hielt kurz vor dem Regal mit den gekühlten Getränken an. „Wie die das Wort ‚Wichtiges‘ betont hat?“ Gasperlmaier war nichts aufgefallen, weil er sich viel zu sehr in die Betrachtung des Spinnennetzes vertieft hatte. „Wenn man so betont, meint man, dass derjenige wichtige Geschäfte vortäuscht, während er in Wahrheit faulenzt.“ Die Frau Doktor, so dachte Gasperlmaier bei sich, verfügte offenbar über eine akademisch geschulte psychologische Beobachtungsgabe, sonst wäre

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