Letzte Bootsfahrt
Gasperlmaier noch. Der nickte betreten. „Sie müssen das verstehen!“, versuchte er sich zu rechtfertigen. „Er war am Klo, und da habe ich mir bei der Hose ja gar nichts gedacht. Und dann die Verwandten, die Frau und die Tochter, ich wollte ihnen den Anblick ganz einfach ersparen!“ „Na ja“, fügte der Friedrich hinzu, der schon dabei war, sich auf den Beifahrersitz zu wuchten, „das möchte ich dem Herrn Breitwieser aber schon gewunschen haben, dass es seine Frau gewohnt war, seinen nackten Arsch und seinen …“ „Aus!“, befahl die Frau Doktor und unterbrach damit die Ausführungen des Friedrich. „Das ist jetzt wirklich weit daneben. Sie sollten sich lieber überlegen, was als Nächstes ansteht!“
Gasperlmaier schnallte sich an und versuchte dem Blick der Frau Doktor auszuweichen, die ihn über den Rückspiegel ins Visier nahm. „Jetzt muss ich natürlich die Gerichtsmedizin noch einmal über die tatsächliche Auffindungssituation des Ferdinand Breitwieser unterrichten. Vielleicht finden sich da zusätzliche Hinweise, Spuren. Unter der Hose haben sie wahrscheinlich in Graz nicht nach fremder DNA gesucht, warum hätten sie auch sollen.“ Gasperlmaier hoffte, dass sich dieses Thema bald von selbst erledigt haben würde.
„Und was machen wir jetzt?“, fragte Gasperlmaier. Die Frau Doktor startete ihr Auto und schob schwungvoll zurück. „Jetzt fahren wir Alibis einsammeln, oder was meinen Sie, meine Herren?“
10
Gasperlmaier sperrte die Tür auf und rief nach seinen Kindern. Niemand antwortete. Wenn die Katze fort ist, dachte er bei sich, feiern die Mäuse Kirtag. Wahrscheinlich hatten seine beiden Sprösslinge auch nicht daran gedacht, irgendetwas einzukaufen, womit sich der Vater eine Mahlzeit zubereiten konnte.
Er ließ sich aufs Sofa fallen und streckte die Füße unter den Tisch. Das Abklappern ihrer Verdächtigen wegen der Alibis für den Mord am Doktor Schwaiger hatte überhaupt nichts gebracht. Die Frau Schnabel war zur Tatzeit im Bett gewesen. Da sie getrennt von ihrem Mann schlief, hatte sie dafür weder einen Zeugen, noch hatte sie etwas darüber sagen können, ob ihr Mann auch zu Hause gewesen war. Der hatte geschwitzt und gestottert, als er behauptete, er sei ebenfalls im Bett gewesen, und hatte dafür giftige Blicke von seiner Frau geerntet. Die Frau Breitwieser hatte ebenfalls ausgesagt, geschlafen zu haben, und Gasperlmaier dabei so durchdringend gemustert, dass er schon wieder Schuldgefühle bekommen hatte. Ähnlich war es ihnen beim Herrn Holzig gegangen, der diesmal auf anzügliche Äußerungen der Frau Doktor gegenüber verzichtet, ihnen aber eine Zeugin dafür angeboten hatte, dass er die Nacht in seinem Hotelzimmer verbracht hatte. Eine gewisse Dora Iliescu, die in seinem Klub in Bad Ischl als Kellnerin engagiert war, wie er behauptet hatte. Die Frau Doktor hatte auf eine nähere Überprüfung verzichtet, obwohl Gasperlmaier gegen eine Einvernahme der Dame im Nachtklub nichts einzuwenden gehabt hätte, zumal die Alternative darin bestand, den Rest des Samstagnachmittags einsam zu Hause zu vertrödeln.
Gasperlmaier zog seine Schuhe aus und holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank. Missmutig betrachtete er die Flasche. Es war nur mehr Weißbier da, das Märzenbier hatte sich anscheinend der Christoph genommen. Gasperlmaiers Laune wurde dadurch nicht gerade beflügelt. Er legte die Füße auf den Tisch, nahm einen tiefen Schluck und holte sein Handy hervor. Zumindest nachfragen würde er ja wohl dürfen, wo sich seine Kinder aufhielten.
Zuerst wollte er es bei der Katharina probieren. „Was ist denn heute mit Essen?“, fragte er sie, als sie sich nach dem fünften oder sechsten Läuten meldete. „Was soll sein?“, fragte sie zurück. „Habt’s ihr irgendwas eingekauft, oder wollt’s ihr vielleicht mit mir ins Gasthaus gehen?“ „Nein, nein!“, kam es gedehnt zurück. „Weißt, Papa, wir haben heute keinen Hunger gehabt. Und ich bin bei der Sabrina. Ist ja Samstag, wir gehen fort.“ Gasperlmaier kam es so vor, als hörte er im Hintergrund Stimmen und Gelächter. Auch das Gegeneinanderschlagen von Bierflaschen konnte er unter den Hintergrundgeräuschen eindeutig identifizieren. „Trinkt’s ihr jetzt schon?“, fragte er nach. „Papa, du bist so peinlich, wirklich. Tau dir halt was auf, ist ja genug eingefroren!“ Ohne eine Antwort abzuwarten, legte die Katharina auf.
Er hatte das Gefühl, als habe er vollkommen die Kontrolle über seine Tochter verloren,
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