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Letzte Bootsfahrt

Titel: Letzte Bootsfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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„Auch nicht der Gesprächigste, Ihr Kollege, nicht wahr?“ Gasperlmaier spürte leise Kritik an sich selbst mitschwingen und zuckte nur mit den Schultern, da ihm keine geeignete Antwort einfallen wollte.
    Oben bewegten sich die üblichen, in halbtransparente Overalls gehüllten Gestalten. „Grüß dich, Renate“, empfing sie ein deutlich übergewichtiger Beamter. „Magst den Tatort sehen?“ „Was glaubst du, wozu ich hergekommen bin?“ Der Mann im Overall ging voraus und bedeutete ihnen zu folgen. Die Tür zu seiner Linken führte in ein kleines, dunkles Zimmer. Es war als Wohnzimmer eingerichtet. Dunkel, so stellte Gasperlmaier fest, war es deshalb, weil ein gewaltiger Baum vor dem Fenster kaum Licht he­reinließ, obwohl er noch nicht einmal Blätter hatte. Im Zimmer herrschte Chaos. Umgestürzte Stühle, zwischen denen eine Stehlampe lag, deren Glühbirne zerbrochen sein musste, denn neben dem Schirm breiteten sich Glasscherben aus, die soeben von einer Overallträgerin eingesammelt und in Plastiksäckchen verpackt wurden. Auch neben dem Tisch lagen Glasscherben, dort allerdings in einer Pfütze, die von heller Flüssigkeit gebildet wurde. Anscheinend, so dachte Gasperlmaier, hatten der Doktor Schwaiger und der Täter im Verlauf ihrer Auseinandersetzung auch die Gläser vom Tisch geschleudert. Direkt vor ihm aber, auf dem Teppich und darüber hi­naus auf dem etwas abgewetzten Parkettboden, breitete sich ein großer Blutfleck aus. Hier also war der Doktor Schwaiger verstorben.
    „Das Opfer“, erklärte der Mann im Overall mit einer weit ausladenden Geste, die das ganze Zimmer zu umfassen schien, „hat sich also nicht freiwillig erschlagen lassen. Es muss eine Mordsrauferei gegeben haben. Wir sind zuversichtlich, dass wir auch DNA -Spuren des Täters finden, besonders natürlich auf den Scherben der Gläser. Oder auf dem Hammerstiel. Wir haben die Tatwaffe nämlich schon gefunden.“ Wieder deutete der Spurensicherer mit gekrümmtem Zeigefinger, um sie aufzufordern, ihm zu folgen. Sie durchquerten das enge Vorhaus und betraten die Küche. Der Mann im Overall deutete auf die Abwasch, in der ein über und über mit Blut bespritzter Fleischklopfer lag.
    Als der Friedrich als Letzter die Küche betrat, wurde es eng. Sehr eng. Gasperlmaier fühlte sich eingeschlossen, zudem fand er die Luft im Raum überaus stickig. Er meinte förmlich, das Blut riechen zu können, und zog sich so rasch ins Vorhaus zurück, wie es eben möglich war, wenn man sich um den Friedrich herumzwängen musste. Im Vorhaus gab es zum Glück ein Fenster, das er öffnete, um begierig die frische Luft aufzusaugen, die hereinströmte. Wenn einer im Freien ermordet wurde, so dachte er bei sich, dann konnte man sich wenigstens abwenden, frische Luft war im Übermaß vorhanden, aber hier fühlte er sich eingesperrt. Obwohl doch nicht einmal eine Leiche in einem der Zimmer lag. Die Blutflecken und der Geruch allein hatten genügt, um ihm Übelkeit zu verursachen. Hoffentlich war die Tatortbesichtigung bald zu Ende. Ein Fleischklopfer also. Auch diesmal hatte der Täter offenbar kein Tatwerkzeug bei sich gehabt. Genau wie im Fall des Ferdinand Breitwieser. Er hatte auf etwas zurückgegriffen, was er in der Wohnung des Opfers gefunden hatte. Aber wie kam man im Verlauf eines Streits in einer Wohnung, die man nicht kannte, so schnell an einen Fleischklopfer? Darauf, so fand er, gab es nur eine mögliche Antwort: Der Doktor Schwaiger musste selbst nach dem Werkzeug gegriffen haben, um sich gegen den Angreifer zu verteidigen. Wieder einmal ein schönes Beispiel dafür, dass sich private Bewaffnung gegen einen selbst wenden konnte.
    Gasperlmaier wartete, bis die Frau Doktor aus der Küche kam. „Frau Doktor!“, beeilte er sich, seine Er­kenntnisse loszuwerden, als sie ins Vorhaus trat. „Ich bin mir sicher, der Doktor Schwaiger wollte sich mit dem Fleischklopfer verteidigen!“ „Wie kommen Sie denn darauf?“ Sie legte eine Hand unters Kinn, den Zeigefinger an die Schläfe. Gasperlmaier erläuterte etwas umständlich seine Theorie. „Gut gedacht, Gasperlmaier. So wird’s gewesen sein!“ Gasperlmaier fühlte den Zeitpunkt näher rücken, an dem er der Frau Doktor gestehen konnte, dass die beiden Leichen – außer, dass der Täter keine Tatwaffe mitgehabt hatte – noch etwas gemeinsam hatten.
    „Andererseits – wer sagt Ihnen denn, dass der Täter den Fleischklopfer nicht mitgebracht hat?“ Gasperlmaier erblasste. Daran hatte er

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